# taz.de -- Warnungen vor russischem Angriff: In Moldau geht die Angst um
> Der Geheimdienstchef Moldaus warnt vor einem Angriff Russlands. Doch kurz
> darauf rudert er etwas zurück.
IMG Bild: Cherson in der Ukraine hat schon erlebt, was Moldau befürchtet
Berlin taz | Geht es nach dem Geheimdienst der [1][Republik Moldau] (SIS),
sollten sich die rund drei Millionen Einwohner*innen der
Ex-Sowjetrepublik besser kein gutes neues Jahr wünschen. Der Chef des SIS,
Alexandru Musteata, beschwor in einem Interview mit dem Fernsehsender TVR
Moldova ein düsteres Szenario herauf. „Die Frage ist nicht, ob die
Russische Föderation eine neue Offensive gegen das Territorium der Republik
Moldau durchführen wird, sondern wann“, sagte er am Montag und nannte den
Zeitraum zwischen Januar und April 2023 für eine mögliche Invasion.
Aufgrund von dem SIS vorliegenden Informationen könne Russland weitergehen
und einen Korridor zu Transnistrien schaffen, das ein Territorium von
Moldau sei. „Ja, wir können mit Klarheit sagen, dass sie hierher kommen, um
sich zu verbinden. Was später folgen wird, ihre Absichten in Bezug auf
Chişinău aussehen, können wir diskutieren, aber das ist ein echtes und sehr
hohes Risiko“, so Musteata.
Es ist nicht das erste Mal, dass in der Republik Moldau die Angst umgeht,
nach der Ukraine Opfer eines weiteren Angriffskrieges Russlands zu werden.
Derlei Befürchtungen sind begründet. Die Region Transnistrien mit heute
rund 465.000 Einwohner*innen – davon ein Drittel Russ*innen – hatte
sich Anfang der 90er Jahre im Zuge eines Bürgerkrieges mit Hunderten von
Toten von der Republik Moldau abgespalten. Sie ist, obwohl völkerrechtlich
nicht anerkannt, faktisch der Kontrolle durch die moldauische Regierung
entzogen. Russland ist hier mit einer sogenannten Friedenstruppe präsent,
die 1.500 Soldaten umfasst.
Bei einem international nicht anerkannten Referendum stimmten am 17.
September 2006 offiziellen Angaben zufolge 97 Prozent der Wähler*innen
für die Unabhängigkeit der Region und einen späteren Beitritt zur
Russischen Föderation. Im vergangenen April wurde Transnistrien von
mehreren Explosionen erschüttert. Wer dafür verantwortlich war, ist bis
heute unklar. Im Oktober wurden an der Grenze zur Ukraine Raketenteile
gefunden. Ende des Monats ging in dem moldauischen Dorf Naslavcea ebenfalls
an der Grenze zur Ukraine eine russische Rakete nieder, die die ukrainische
Luftverteidigung abgeschossen hatte.
## Moldau leidet besonders unter der aktuellen Energiekrise
Doch ob ein Schlag Russlands gegen die Republik Moldau in den kommenden
Monaten ein realistisches Szenario darstellt, ist schwer zu sagen. Dagegen
spricht die Zurückeroberung der südukrainischen Stadt Cherson durch
ukrainische Truppen vor wenigen Wochen, der einzigen Gebietshauptstadt, die
Russland hatte erobern können. Cherson war eine Station zwecks Durchmarsch
zur Halbinsel Krim und hätte als Brückenkopf für einen Angriff auf die
Republik Moldau dienen können.
Dass die Nerven in Chişinău blank liegen, hat aber nicht nur mit der
aktuellen Bedrohungslage zu tun. So leidet die Republik Moldau, die im Juni
mit der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten hatte,
unter einer Energiekrise. Diese ist vor allem einer totalen Abhängigkeit
von Lieferungen aus Russland geschuldet. Hinzu kommen hohe Inflation sowie
der Umstand, dass das Land, gemessen an der Größe der Bevölkerung mit rund
95.000 Menschen, die meisten Geflüchteten aus der Ukraine aufgenommen hat.
Um einer möglichen Panik zuvor zu kommen ruderte Musteata übrigens kurze
Zeit später wieder etwas zurück. Die Region Transnistrien, sagte er, sei
derzeit immer noch ein ziemlich ruhiger Punkt.
20 Dec 2022
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DIR Barbara Oertel
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