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       # taz.de -- Ein Jahr Bildungssenatorin Busse: Das darf nicht Schule machen
       
       > Rekord beim Lehrkräftemangel, einstürzende Schulbauten: Berlins
       > Bildungssenatorin Busse (SPD) hat ein schwieriges erstes Jahr hinter
       > sich.
       
   IMG Bild: Astrid-Sabine Busse beim Festakt anlässlich der Verbeamtung der ersten Berliner Lehrkräfte im Sommer
       
       Als am 21. Dezember 2021 der neue Berliner Senat vereidigt wurde und die
       SPD das Bildungsressort behielt, war die Ansage der Regierenden an die von
       ihre ausgewählte Senatorin [1][Astrid-Sabine Busse]: „Keine großen Reformen
       in den nächsten Jahren.“ Die [2][Schulen bräuchten Ruhe,] das war Franziska
       Giffeys Diagnose. Es sei viel auf den Weg gebracht worden in der
       Bildungspolitik, Stichwort Schulbauoffensive. Nun müsse man „umsetzen,
       anpassen, managen“. Mit anderen Worten sagte sie zu Busse: Bringe den Laden
       zum Laufen.
       
       Nun ist ein Jahr Rot-Grün-Rot vorbei, und dieses Jahr hat bisher eher
       offensichtlich gemacht, was alles nicht läuft. Beispiel Schulbau: Da bleibt
       nach den Sommerferien die Hals-über-Kopf-Auslagerung der [3][verschimmelten
       Anna-Lindh-Schule im Wedding] in Erinnerung. Der Schimmelbefall war zwar
       seit Jahren bekannt, doch eine Kernsanierung scheiterte auch immer wieder
       am Denkmalschutz.
       
       Beim [4][Gymnasium am Europasportpark in Pankow] musste am Ende die
       Regierende ein Machtwort sprechen und dem Finanzsenator 40 Millionen aus
       den Rippen leiern für eine verschleppte Komplettsanierung des abrissreifen
       Plattenbaus. Busse konnte zwar nichts für vertrödelte Bauplanungen des
       Bezirks vor ihrer Amtszeit. Aber sie machte neben Giffey eine recht blasse
       Figur in dieser Geschichte.
       
       Dann das zweite Großthema der Schulen, der Lehrkräftemangel. In Berlin
       blieben zum neuen Schuljahr im August rekordverdächtige 900 Stellen
       unbesetzt. Busse sagte im taz-Interview, sie rechne damit, dass diese
       Misere sich auch noch eine Weile fortschreiben werde.
       
       Kurz darauf landeten die Berliner Viertklässler*innen in einem der
       wichtigsten Ländervergleiche, [5][der IQB-Studie], bei den Grundkompetenzen
       Lesen-Schreiben-Rechnen auf den letzten Plätzen. Die Schulen müssen also
       dringend besser werden, aber leider fehlt auf lange Sicht das Personal
       dafür. Eine schwierige Bilanz.
       
       ## Missbilligung der CDU
       
       Doch erstaunlicherweise ist es unglaublich ruhig um Busse geblieben,
       niemand arbeitet sich an der Bildungssenatorin ab. Nur die [6][CDU
       versuchte im Juni mit einem Missbilligungsantrag im Parlament] gegen Busses
       Amtsführung ein bisschen Unfrieden zu stiften: Die Senatorin sei ideenlos,
       überfordert, lasse den Fachkräftemangel und den Sanierungsstau bei den
       Schulgebäuden einfach laufen.
       
       Es ist ja auch müßig, darauf einzusteigen – den Job der Bildungssenatorin
       will eh niemand machen. Die Grünen haben sich 2021 bei der
       Koalitionsbildung erfolgreich weggeduckt. Busse hat nämlich Recht: Einige
       Probleme, wie etwa der Lehrkräftemangel, werden noch eine ganze Weile lang
       da sein, egal ob man nun, wie Berlin jetzt wieder, verbeamtet oder nicht.
       
       Das hat etwas mit Demographie zu tun. Die Babyboomer gehen allmählich in
       Rente und Pension, zu wenige junge Lehrkräfte kommen nach für steigende
       Kinderzahlen. Und es hat auch etwas mit dem Fachkräftemangel an den Unis zu
       tun. Die schaffen zwar fleißig Studienplätze, aber die Lehrqualität nimmt
       ab und immer weniger Studierende halten in der Folge ihr Lehramtsstudium
       überhaupt durch.
       
       ## Keine Leute für Schulbau
       
       Bei den bröckelnden Schulen ist es ähnlich. Die Bezirke finden keine Leute
       für die Bauplanung, wie Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) kürzlich
       nochmal betonte, und die Handwerksfirmen finden keine Handwerker.
       
       Die Wahrheit ist aber auch, dass eine Regierende Giffey überhaupt niemanden
       gebrauchen kann, der große revolutionäre Ideen anzettelt. Giffey hat andere
       Schwerpunkte und Probleme für ihre Legislatur ausgemacht, so sie denn am
       12. Februar wiedergewählt wird: Bauen, Mietenpolitik, eine modernisierte
       Verwaltung. Da kann sie keine Unruhe im Bildungsressort gebrauchen.
       
       Für die Schulen ist das keine gute Nachricht. Wenn der Laden schon nicht
       richtig rund läuft, muss man wenigstens Ideen haben, wie man das ändern
       kann. „Umsetzen, anpassen, managen“ reicht da nicht.
       
       25 Dec 2022
       
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   DIR Anna Klöpper
       
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