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       # taz.de -- Neuer Ort für Kulturzentrum „Zukunft“: Zukunft statt Autobahn
       
       > Die Betreiber des Kulturstandorts Zukunft am Ostkreuz haben einen neuen
       > Standort gemietet. Das Gelände ist eine Vorratsfläche für die A100.
       
   IMG Bild: Schon bald durch Büros „aufgewertet“: Freifläche neben der Zukunft (links)
       
       Berlin taz | Zuletzt gehörte es fast zum Standardangebot eines jeden
       Wochenendplans: eine Abschiedsparty in der [1][Zukunft am Ostkreuz]. Der
       alternative Kulturstandort mit Kino, Biergarten, Räumen für Theater und
       Konzerte in der Laskerstraße nahe dem Ostkreuz, so viel war klar, ging
       seinem Ende entgegen. Schon Ende März vergangenen Jahres war der 2021
       gekündigte Mietvertrag ausgelaufen; mehrmals gab es erst kurz vor dem
       Stichtag eine kurzzeitige Verlängerung des Vertrags durch den
       Grundstückseigentümer.
       
       Dass die Zukunft aber weichen müsste, war besiegelt. Das
       Vermarktungsinteresse der neuen Investoren im Laskerkiez mit Plänen für
       Büro- und Start-up-Neubauten oder überteuerte Studenten-Appartements ließ
       keinen Platz mehr für das selbstgezimmerte, antikommerzielle Projekt. Was
       auf dem Gelände der Zukunft passieren soll, ist bis heute nicht bekannt;
       dagegen startet der Bau zweier Bürokomplexe zu beiden Seiten des
       Kulturstandorts durch den Investor Trockland in den nächsten Wochen. Das
       Gebiet entlang des Markgrafendamms ist trotz [2][zahlreicher Proteste von
       Anwohner:innen und Nutzer:innen] der Verödung preisgegeben.
       
       Für die Zukunft ist nun aber eingetreten, womit kaum jemand rechnen konnte:
       Sie hat eine Zukunft. Nicht an ihrem jetzigen Standort, dafür in
       unmittelbarer Nähe, in Alt-Stralau, zwischen dem Club Wilde Renate und den
       S-Bahn-Gleisen. Am Freitag ging die Zukunft, die zum Betreiber der Tilsiter
       Lichtspiele und des Intimes gehört, mit der Nachricht an die
       Öffentlichkeit, ein „neues Zuhause“ gefunden zu haben.
       
       Zugleich starteten sie ein [3][Crowdfunding-Projekt], über das mindestens
       50.000 Euro für Baumaßnahmen eingetrieben werden sollen. Bereits etwa
       13.000 Euro sind am ersten Wochenende zusammengekommen. „Wir hoffen, dass
       wir spätestens im Sommer den Biergarten eröffnen können“, sagt Andi Sommer
       vom Kollektiv der Zukunft-Beschäftigten der taz.
       
       ## Im Weg der A100
       
       Die Verhandlungen über das neue Gelände liefen mehr als ein Jahr, intensiv
       begleitet durch die Bezirks- und Landespolitik, und seien erst im Dezember
       zum Abschluss gekommen, sagt Sommer. Der Vermieter ist wieder der alte, die
       Groß-Berliner-Damm GmbH, die das Grundstück ihrerseits von der Deutschen
       Bahn AG, der eigentlichen Eigentümerin, gepachtet hat. Die Zukunft erhält
       einen mehrjährigen, aber zeitlich befristeten Mietvertrag. Das ist üblich
       für Gewerbemieter, aber zugleich auch damit begründet, dass das Grundstück
       eine Vorhaltefläche für den geplanten 17. Bauabschnitt der A100 ist (siehe
       Kasten).
       
       Sollte die Autobahn, wie etwa von Bundesverkehrsminister Volker Wissing
       (FDP) beabsichtigt, irgendwann vom Treptower Park bis zur Storkower Straße
       verlängert werden, wird sie eine Spur der Verwüstung durch Friedrichshain
       schlagen, der dann neben der Zukunft auch weitere Clubs und Gewerbe zum
       Opfer fallen würden.
       
       Doch noch ist es längst nicht so weit. Julian Schwarze, Grünen-Abgeordneter
       aus Friedrichshain und Sprecher für Stadtentwicklung und Clubkultur,
       spricht gegenüber der taz gar von einem „Anfang für eine neue Kulturnutzung
       auf den A100- Vorhalteflächen“ – und Grundstücke im Besitz der Bahn gäbe es
       noch einige mehr. Die Zukunft zeige auf, „was man mit Flächen der Autobahn
       machen kann“. Schwarze spricht von „Kultur, Freiräumen und bezahlbarem
       Wohnraum“.
       
       Symbolisch klingt es gut, diese Abkehr von einer Stadtentwicklungs-,
       Verkehrs- und Klimapolitik, die stets zu lasten der Menschen geht: Zukunft
       statt Autobahn. Für das Kollektiv aber ist die Lage auch ein
       Wermutstropfen. Sommer sagt: „Wir können uns jetzt kurz ausruhen, aber dann
       könnte das gleiche Spiel von vorne beginnen und wir müssen uns wieder dafür
       einsetzen, dass wir bleiben können.“ Erst mal aber steht die Freude im
       Vordergrund: „Es ist absoluter Wahnsinn, dass wie in dieser Zeit noch ein
       Gelände innerhalb des Rings, nur ein paar hundert Meter die Straße runter,
       gefunden haben.“
       
       ## Comeback der Alternativkultur
       
       Die Baumaßnahmen an den zwei Baracken auf der großen Fläche haben bereits
       begonnen. Beteiligt sind die etwa 20 Beschäftigten des Zukunft-Kollektivs,
       aber auch der anderen Kinos des Betreibers. Der Aufwand sei groß, sagt
       Sommer, denn getan werden müsste alles: Wasser, Gas, Strom, Dächer
       instandsetzen, Räume herrichten.
       
       „Zuversichtlich“ ist er, den Charme des alten Ortes, den unfertigen
       DIY-Style auch an den neuen überführen zu können. Und die Bedingungen,
       möglichst viel parallel laufen zu lassen, etwa Kino und Theater oder
       Konzerte, dazu Barbetrieb mit selbst gebrautem Bier, seien auf dem neuen
       sogar noch besser.
       
       Für Berlins [4][Alternativkultur] ist die Rettung der Zukunft die dritte
       gute Nachricht in kurzer Zeit. Ende des Jahres hatte die Neuköllner Bar
       Tristeza mit neuem Kollektiv wiedereröffnet; zuletzt kündigte die vor zwei
       Jahren geräumte Kneipe [5][Syndikat] an, neue Räumlichkeiten gefunden zu
       haben.
       
       8 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Friedrichshainer-Kulturort-gekuendigt/!5791385
   DIR [2] /Bedrohtes-Kulturzentrum-Zukunft/!5820380
   DIR [3] https://www.startnext.com/die-neue-zukunft-am-ostkreuz
   DIR [4] /Linke-Hausprojekte-in-Berlin/!5894992
   DIR [5] /Kundgebung-1-Jahr-nach-Syndikat-Raeumung/!5789366
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
       ## TAGS
       
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