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       # taz.de -- Nach der Bustragödie: Senegal steht unter Schock
       
       > Bei einem Zusammenstoß zweier Busse im Senegal starben 39 Menschen. Der
       > Unfall löst Verkehrssicherheitsfragen aus, die in ganz Afrika virulent
       > sind.
       
   IMG Bild: Senegals Präsident Macky Sall (Mitte) am Unfallort in Kaffrine
       
       Berlin taz | Die Regierung hat drei Tage Staatstrauer ausgerufen, im
       Staatsfernsehen laufen stundenlange Sondersendungen. Senegal steht unter
       Schock seit der Nacht zu Sonntag. Nahe der Kleinstadt Kaffrine platzte
       einem Reisebus ein Reifen, der Fahrer verlor die Kontrolle und stieß
       frontal mit einem anderen Bus zusammen, der in der Gegenrichtung fuhr.
       Bilder vom Sonntag zeigen ausgebrannte Buswracks, von den 139 Passagieren
       in den beiden Bussen sind nach offiziellen Angaben 39 tot und 95 verletzt.
       
       Der Unfall ereignete sich um 3 Uhr nachts auf Senegals Nationalstraße 1,
       die von der Hauptstadt Dakar quer durch das Land nach Mali führt. Die N 1
       ist nicht nur Senegals wichtigste Fernstraße, sondern auch eine der
       tödlichsten. Nach einer Unfallhäufung auf der N 1 bilanzierte Ende
       September 2022 die Polizei von Kaolack unweit von Kaffrine, seit
       Jahresanfang habe es 231 Unfälle gegeben – fast einer pro Tag, mit 70
       Toten. An den meisten seien Motorräder beteiligt gewesen. „Überhöhte
       Geschwindigkeit, Nichteinhaltung der Verkehrsregeln und Disziplinlosigkeit
       der Fahrer“ seien schuld, schrieb [1][die Zeitung Sud Quotidien].
       
       Aus dem Führerschein sei eine „Lizenz zum Töten“ geworden, erregt sich das
       Blatt jetzt. Der Unfall von Kaffrine schlägt ungewöhnlich hohe Wellen. Denn
       wenn schlafende Busreisende zum Ende der Weihnachtsferien in den Tod
       gerissen werden, ist das etwas ganz anderes, als wenn Raser durch das
       eigene Verschulden ihr Leben verlieren.
       
       Es werden kritische Fragen gestellt: Wieso gibt es keine gesonderte
       Ausbildung für Busfahrer? Wieso ist es immer noch möglich, sich für
       umgerechnet knapp 30 Euro den Führerschein zu kaufen? Warum importiert
       Senegal immer noch Gebrauchtwagen aus Europa? Wieso werden
       Verkehrspolizisten immer noch so schlecht bezahlt, dass sie lieber
       geschmiert werden, als ihre Arbeit zu machen? Warum wurden die zehn
       Maßnahmen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr, die [2][Präsident Macky
       Sall] im Jahr 2017 verkündete, nicht weiterverfolgt?
       
       Solche Fragen sind in ganz Afrika virulent, und zwar umso mehr, je besser
       die Straßen werden und je unvorsichtiger gerast und überholt wird. Senegal
       hat aber ein besonderes Verhältnis zur Verkehrssicherheit seit dem Sinken
       [3][der überladenen Fähre „Joola“] am 26. September 2001 – mit 1.853 Toten
       das verheerendste Passagierschiffsunglück der Welt und für Senegal nicht
       weniger traumatisch als der 11. September 2001 für die USA. Nie wurde das
       richtig aufgearbeitet, die Lehren für den Respekt menschlichen Lebens im
       Verkehr wurden nicht gezogen. Auch daran erinnert jetzt die Tragödie von
       Kaffrine.
       
       9 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.sudquotidien.sn/accident-a-kaffrine-serigne-mountakha-decrete-une-journee-de-priere-ce-lundi/
   DIR [2] /Parlamentswahl-im-Senegal/!5872616
   DIR [3] /Versagen-fuehrte-zur-Joola-Havarie/!1085793/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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