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       # taz.de -- Energiesperren in Berlin: Zwischen Silvester und Lützerath
       
       > Im Abgeordnetenhaus geht es vordergründig um den neuen Härtefallfonds, im
       > Hintergrund ums Punktesammeln für die Wiederholungswahl am 12. Februar.
       
   IMG Bild: Sozialsenatorin Katja Kipping (Linkspartei) verteidigte Im Abgeordnetenhaus den Härtefallsfonds
       
       Berlin taz | Es ist eine besondere Gemengelage, in der das Abgeordnetenhaus
       am Donnerstag über den Härtefallfonds diskutiert, der vor Energiesperren
       schützen soll. Zum einen, weil der längst beschlossen, wenig strittig und
       schon am Montag gestartet ist. Zum anderen, weil das Ganze in der
       „Aktuellen Stunde“ der Parlamentssitzung geschieht – und aktuell ist in
       Berlin gerade eine ganz andere Debatte, nämlich die über die
       [1][Ausschreitungen der Silvesternacht]. „Während ganz Deutschland über die
       Silvesternacht spricht, verhindern SPD, Grüne und Linke diese wichtige
       Debatte im Parlament“, hat CDU-Landeschef Kai Wegner schon am Mittwoch
       kritisiert.
       
       Die Debatte ist aber auch deshalb besonders, weil sie in einen Wahlkampf
       fällt, den Großthemen einerseits befeuern, andererseits schier überdecken.
       Das gilt nicht bloß für die Silvesternacht, sondern auch für den Streit um
       die [2][Lützerath-Räumung] und die Frage, ob das Bundesverfassungsgericht
       die für den 12. Februar geplante [3][Wahlwiederholung nicht noch kippt].
       Umso mehr, als es unter anderem acht Mitglieder des Landesparlaments sind,
       von SPD, Linkspartei und FDP, die mit einer Beschwerde auf einen solchen
       Stopp drängen.
       
       Da ist es gut, dass für die Linkspartei Sandra Brunner die Rederunde zum
       Härtefallfonds beginnt, die ruhig argumentierende vormalige
       Sozialrichterin. Für sie ist die Möglichkeit, schnelle Hilfe bei einer
       drohenden Energiesperre zu beantragen, auch eine Form, Teilhabe zu
       ermöglichen und aufrechtzuerhalten – „das ist die DNA unseres politischen
       Handelns“.
       
       Gegen den Ansatz, Menschen in keinem Fall in kalten und dunklen Wohnungen
       sitzen zu lassen, wendet sich auch die CDU nicht. Ihr Sozialpolitik-Experte
       Björn Wohlert erinnert vielmehr daran, dass seine Fraktion schon vor allen
       anderen einen Härtefallfonds beantragt habe. Der kommt nun – aus seiner
       Sicht – viel zu spät. Erwartungsgemäß hält auch Wohlert der rot-grün-roten
       Koalition vor, sich vor einer Debatte über die Silvesternacht wegzuducken.
       „Wir handeln, Sie quatschen, das ist der Unterschied“, kontert die
       Linkspartei-Vorsitzende Katina Schubert das mit einem Zwischenruf.
       
       Wie sehr Wahlkampf ist, ist kurz darauf bei einem SPD-Redner zu hören, der
       die Verwaltung lobt, die von CDU, FDP „und auch von den Grünen“ als unfähig
       beschrieben werde. Es wird nicht das einzige Mal bleiben, dass sich SPD und
       Grüne in der Sitzung befehden. In der folgenden Fragestunde versuchen erst
       die Grünen, SPD-Schulsenatorin Astrid Busse vorzuführen, bevor sich die SPD
       an der grünen Gesundheitssenatorin Ulrike Gothe abarbeitet.
       
       Vorerst aber gehört die Bühne Sozialsenatorin Katja Kipping (Linkspartei).
       Die wehrt sich am Redepult gegen den CDU-Vorwurf, der Fonds komme zu spät –
       das liege an späten Entscheidungen auf Bundesebene, die Berlin habe
       abwarten müssen. Was auch Kipping nicht erklären kann: wie die für den
       Härtefallfonds bereit gestellten 20 Millionen Euro ausreichen sollen, alle
       Antragsberechtigten – 85 Prozent der Einwohnerschaft – vor einer
       Energiesperre zu bewahren. Aber sie hat einen Tipp, wie auch ältere und
       nicht computerversierte Mitbürger Anträge stellen können, die nur noch
       online möglich sind: „Enkel, Nichten und Nachbarn können Oma und Opa
       beiseitestehen.“
       
       12 Jan 2023
       
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