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       # taz.de -- Vor Landtagswahl in Hessen: Nancy Faeser macht es spannend
       
       > Die Parteien laufen sich warm für die Wahl im Herbst. Im Fokus steht die
       > Frage: Wechselt die Innenministerin nach Wiesbaden?
       
   IMG Bild: „Bundesinnenministerin auf Abruf“? Nancy Faeser ist gebürtige Hessin
       
       Wiesbaden taz | Anfang Februar ist [1][Nancy Faeser] als SPD-Landeschefin
       Gastgeberin im hessischen Friedewald. Doch vielleicht nimmt die
       Bundesinnenministerin dort noch eine weitere Rolle ein. Denn präsentiert
       werden soll „der oder die von den Gremien bestimmte Spitzenkandidat:in“ der
       SPD für die hessische Landtagswahl im Herbst. Kaum vorstellbar, dass die
       52-Jährige beim SPD-„Hessengipfel“ noch zurückzieht: Sie will als [2][erste
       Frau hessische Ministerpräsidentin] werden.
       
       Doch nach ihrer erwarteten Nominierung auf der Veranstaltung am 3. Februar
       wird sie wohl kaum länger den bohrenden Fragen ausweichen können, zu denen
       sie bislang schweigt: Bleibt sie als hessische Spitzenkandidatin
       Bundesinnenministerin? Kehrt sie auch noch nach einer Wahlniederlage nach
       knapp zwei Jahren auf der Berliner Bühne in den hessischen Landtag zurück?
       
       Eine „Bundesinnenministerin auf Abruf“ werde sie sein, schießt sich die
       Konkurrenz in Wiesbaden bereits auf die Kandidatin ein. „Macht sie den
       Röttgen?“, fragen ihre GegnerInnen und spielen auf den glücklosen
       CDU-Spitzenkandidaten Norbert Röttgen an, der sich als amtierender
       Bundesumweltminister nach seiner Wahlniederlage in NRW geweigert hatte, als
       Oppositionsführer nach Düsseldorf zu wechseln. Seine Partei- und
       Regierungschefin Angela Merkel setzte ihm prompt den Stuhl vor die Tür. Ein
       solches Szenario muss Faeser wohl nicht fürchten. Ihre Kandidatur dürfte
       mit ihrem Genossen, Bundeskanzler Olaf Scholz abgesprochen sein.
       
       ## Für Boris Rhein geht es um alles oder nichts
       
       Nach 24 Jahren in der Opposition will die SPD in ihrem einstigen Stammland
       die Regierungsverantwortung zurückerobern. Vor allem die derzeitigen
       Koalitionspartner CDU und Grüne werden alles tun, um das zu verhindern.
       Schon vor Monaten hat Grünen-Landtagsfraktionschef Mathias Wagner einen
       „Dreikampf“ um die hessische Staatskanzlei ausgerufen. Wirtschaftsminister
       Tarek Al-Wazir greift als Spitzenkandidat der Grünen erstmals nach dem Amt
       des Ministerpräsidenten.
       
       Für den [3][CDU-Landeschef Boris Rhein], der im August auf Routinier Volker
       Bouffier als Regierungschef folgte, geht es bei der Wahl um alles oder
       nichts. Die CDU muss stärkste Partei bleiben, sonst ist sein Weg in die
       Opposition vorgezeichnet. Weder als Juniorpartner eines Grünen noch einer
       SPD-Regierungschefin kann Rhein politisch überleben, allenfalls an der
       Spitze eines Jamaika-Bündnisses aus CDU, Grünen und FDP, sollte es für
       Schwarz-Grün nicht reichen.
       
       Die Ausgangslage ist unübersichtlich. In der jüngsten Meinungsumfrage führt
       die CDU mit 27 Prozent vor SPD und Grünen, die jeweils 22 Prozent
       erreichen. Die FDP hat demnach mit 6 Prozent wie auch die AfD mit 12
       Prozent gute Chancen auf einen Wiedereinzug in den Landtag, die Linke mit 3
       Prozent dagegen eher nicht. Doch die Umfrage bleibt eine Momentaufnahme vor
       Faesers Nominierung.
       
       „Schwarz-Grün zerfällt in Einzelteile“, stellte SPD-Landtagsfraktionschef
       Günter Rudolph zuletzt mit Genugtuung fest. Immerhin haben vier
       MinisterInnen aus Boris Rheins Kabinett ihren Rückzug aus der Landespolitik
       angekündigt: Von den Grünen Umweltministerin Priska Hinz und Sozialminister
       Kai Klose, von der CDU Lucia Puttrich, Ministerin für Bundes- und
       Europaangelegenheiten, sowie Peter Beuth – Innenminister und ein
       Schwergewicht der Hessen-CDU. Beuth wäre wohl gerne selbst zum
       Ministerpräsidenten aufgestiegen, war aber zuletzt durch den ungeschickten
       Umgang mit den rechten Umtrieben in der hessischen Polizei und der Affäre
       um die „NSU 2.0“-Drohschreiben zur Belastung für die schwarz-grüne
       Koalition geworden.
       
       ## Faeser rechnet sich Chancen auf einen Sieg aus
       
       SPD-Landeschefin Nancy Faeser rechnet sich offenbar Chancen auf einen Sieg
       aus, sonst würde sie nicht antreten. Nach dann zwei Jahren an der Spitze
       des Bundesinnenministeriums hätte sie auch in Berlin Spuren hinterlassen,
       vor allem beim Aufenthaltsrecht und im Kampf gegen Rassismus und
       Rechtsextremismus. Die Rückeroberung der Staatskanzlei in Hessen wäre für
       Bundeskanzler Olaf Scholz ein Traumstart in die zweite Hälfte seiner
       Amtszeit, auch wenn er spätestens dann eine neue Innenministerin finden
       müsste. Scheitert Faeser in Hessen, dürfte der Bundeskanzler in
       schwieriges Fahrwasser geraten.
       
       Zum „Hessengipfel“ in Friedewald haben die GenossInnen demonstrativ zwei
       Ministerpräsidentinnen eingeladen, die geliefert haben. Aus Rheinland-Pfalz
       kommt Malu Dreyer, die sich seit zehn Jahren als Chefin einer
       Ampelregierung behaupten kann, aus Saarbrücken reist Anke Rehlinger an; sie
       konnte im Saarland bei der ersten Landtagswahl nach dem wackeligen Start
       der Berliner Ampel sogar die absolute Mehrheit für ihre SPD einfahren.
       
       5 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
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