URI: 
       # taz.de -- Britisch-iranischer Doppelstaatler: Empörung über Hinrichtung im Iran
       
       > Der Iran hat den britischen Staatsbürger Aliresa Akbari exekutiert. Der
       > britische Premier Sunak spricht von einem „barbarischen Regime“.
       
   IMG Bild: Früher Vize-Minister im Iran, heute tot: Aliresa Akbari, hier in einer Aufnahme von 2008
       
       Berlin taz | Mit scharfer Kritik haben europäische Regierungen auf die
       Hinrichtung des iranisch-britischen Doppelstaatlers Aliresa Akbari im Iran
       reagiert. Der britische Premierminister Rishi Sunak sprach von einem
       „gefühllosen und feigen Akt, ausgeführt von einem barbarischen Regime“. Die
       Regierung zog ihren Botschafter aus Teheran vorübergehend ab. Frankreich
       und Deutschland bestellten die jeweiligen Top-Diplomaten ein. Der iranische
       Botschafter in Berlin wurde für Montagmorgen ins Auswärtige Amt zitiert.
       
       Die Tötung Akbaris war am Samstag bekanntgegeben worden, kurz nachdem er
       wegen Spionagevorwürfen für den britischen Geheimdienst MI6 zum Tode
       verurteilt wurde. Dem iranischen Justizportal Misan zufolge hat Akbari für
       seine Spionagetätigkeiten Gelder in Millionenhöhe erhalten.
       
       Das Urteil hatte letzte Woche für Schlagzeilen gesorgt – nicht nur weil
       Akbari auch die britische Staatsangehörigkeit besaß, sondern auch weil es
       sich um einen ehemaligen Spitzenpolitiker handelte. Akbari diente als
       Vize-Verteidigungsminister im Iran und soll bis zu seinem Tod ein
       Verbündeter des jetzigen Sekretärs im Nationalen Sicherheitsrat, Ali
       Chamchani, gewesen sein. Schamchani war von 1997 bis 2005
       Verteidigungsminister.
       
       Der gute Draht zu Schamchani gibt Anlass zu Spekulation. Die BBC zitierte
       Akbaris Neffen am Samstag mit den Worten: „Ich kann nur spekulieren, dass
       es einen Machtkampf auf höchster Ebene der Regierung gegeben hat und sie
       beschlossen haben, diesen Komplott gegen meinen Onkel zu schmieden.“
       
       Schon zuvor hatte es geheißen, Akbari habe gute Kontakte zu Politikern
       gepflegt, die die aktuelle Gewalt gegen Protestierende kritisch sehen. Das
       Regime geht seit vier Monaten brutal gegen Demonstrierende vor. Mehr als
       500 Menschen sind Menschenrechtsorganisationen zufolge getötet worden.
       [1][Vier Männer wurden im Zusammenhang mit den Protesten exekutiert.] Knapp
       20.000 Menschen sollen festgenommen worden sein. Berichten [2][zufolge]
       geht es im Fall Akbari in Wirklichkeit um eine Diskreditierung Schamchanis,
       der sich kritisch über das Vorgehen der Regimekräfte geäußert haben soll.
       
       Unklar blieb derweil, wie Akbari als iranischer Spitzenpolitiker die
       britische Staatsangehörigkeit erhalten konnte. Wie die Deutsche
       Presseagentur berichtete, dürfen Doppelstaatler in dem Land keine
       politischen Spitzenämter übernehmen.
       
       ## Petition an Baerbock
       
       In einem anders gelagerten Fall droht indes auch einem Deutsch-Iraner ein
       hartes Urteil. Gazelle Sharmahd, Tochter von Jamshid Sharmahd, fürchtet,
       dass ein Todesurteil gegen ihren Vater unmittelbar bevorsteht. Sharmahd war
       als Kind nach Deutschland gekommen, lebte aber seit 2003 in den USA. 2020
       wurde er aus Dubai entführt und in Teheran inhaftiert. Die iranische Justiz
       beschuldigt ihn, 2008 einen Bombenanschlag geplant zu haben, was er
       zurückweist.
       
       Der heute 67-Jährige war bei Tondar aktiv, einer oppositionellen
       Gruppierung, die eine Wiederherstellung der Schah-Monarchie im Iran
       anstrebt. Der Prozess gegen ihn steht nicht in direktem Zusammenhang mit
       den aktuellen Protesten, doch Monarchist*innen teilen mit anderen
       Richtungen der iranischen Oppositionsbewegung die Forderung nach einem Ende
       der schiitischen Theokratie im Land.
       
       In einer [3][Online-Petion] wird Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne)
       aufgefordert, sich mit Nachdruck für Sharmahd einzusetzen, um sein Leben zu
       retten. „Eine allgemeine Verurteilung der Todesstrafe sowie ein Aufruf, die
       Menschenrechte einzuhalten, reichen nicht aus“, heißt es in dem Schreiben,
       das rund 85.000 Personen unterschrieben haben.
       
       15 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Weitere-Todesurteile-im-Iran/!5905034
   DIR [2] https://amwaj.media/article/inside-story-trial-of-senior-ex-official-points-to-power-play-in-tehran
   DIR [3] https://www.change.org/p/save-jamshid-sharmahd-jamshid-sharmahd-darf-nicht-hingerichtet-werden-abaerbock-auswaertigesamt-miro-spd-freejamshidsharmahd
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Todesstrafe
   DIR Geheimdienst
   DIR Spionage
   DIR Großbritannien
   DIR Schah
   DIR Proteste in Iran
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Proteste in Iran
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Islamisten in Iran: Unterschiedliche Ziele
       
       Beim Protest gegen den Schah hatten nicht alle dieselbe Alternative vor
       Augen. Jetzt gilt es, sämtliche Gesellschaftsschichten zu berücksichtigen.
       
   DIR Iran-Revolution in Berlin: Druck machen mit Briefeschreiben
       
       Politische Patenschaften können Gefangenen in Iran helfen, sagt die
       Aktivistin Daniela Sepheri. In Berlin machen 29 Abgeordnetenhaus-Mitglieder
       mit.
       
   DIR Deutsch-Iraner droht Todesstrafe: „Das Ganze ist ein Schauprozess“
       
       Dem Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd droht im Iran die Todesstrafe. Seine
       Tochter wirft der Bundesregierung vor, nichts für ihn erreicht zu haben.
       
   DIR Iraner*innen im Exil: Das Ringen um Einheit
       
       Der Wunsch nach einem Ende der Islamischen Republik in Iran ist auch unter
       Oppositionellen im Exil groß. Doch ein Bündnis gibt es bislang nicht.
       
   DIR Sanktionen gegen Iran: EU will härter durchgreifen
       
       Die EU plant weitere Sanktionen gegen Iran. Das Parlament fordert zudem,
       die Revolutionsgarden auf die Terrorliste zu setzen. Tausende demonstrieren
       in Straßburg.
       
   DIR Internes Lagebild des Auswärtiges Amts: Iranische Abgründe
       
       Das Auswärtige Amt warnt in einem internen Lagebild vor einer dramatischen
       Menschenrechtslage. Das Regime gehe „unerbittlich“ gegen Gegner vor.
       
   DIR Inhaftierte Demonstranten in Iran: Zwei Todesurteile vollstreckt
       
       Im Dezember sorgte der Iran mit Hinrichtungen von Demonstranten für
       Entsetzen. Nun wurden nach offiziellen Angaben erneut zwei
       Protestteilnehmer gehängt.
       
   DIR Karikaturen von Irans Staatsoberhaupt: „Charlie Hebdo“ ärgert die Mullahs
       
       Urinduschen und andere Derbheiten: Auf die jüngsten Karikaturen vom
       iranischen Religionsführer Ali Chamenei reagiert Teheran empört.