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       # taz.de -- Rücktritte im Verteidigungsministerium: Von Pools und Plagiaten
       
       > Viele Politiker*innen haben ihre Chefposten im
       > Verteidigungsministerium nicht lange halten können. Die Reihe an
       > Rücktritten ist lang.
       
   IMG Bild: Hier gab's noch was zu lachen: Karl-Theodor zu Guttenberg bei einer USA-Reise 2009
       
       Berlin taz | Stöckelschuhe in Mali, ein Hubschrauberausflug mit dem Sohn
       und ein skurriles Silvestervideo: Wenn sich der Rücktritt der
       Verteidigungsministerin bewahrheitet, kann sich Christine Lambrecht (SPD)
       zumindest noch zugute halten, dass sie nicht die Erste in diesem Amt ist,
       die vorzeitig gehen musste. Seit der Gründung des Verteidigungsministeriums
       1955 betrug die durchschnittliche Amtszeit der Minister*innen nur etwas
       mehr als dreieinhalb Jahre.
       
       CSU-Politiker Franz Josef Strauß musste etwa 1962 zurücktreten, weil nach
       einem unliebsamen Artikel im Spiegel Redaktionsräume durchsucht und
       zahlreiche Redakteure inhaftiert wurden. Die sogenannte [1][Spiegel-Affäre]
       war ein politischer Skandal und ein Angriff auf die Pressefreiheit – da
       wirkt ein verunglücktes Böllervideo oder das Festhalten der
       Verteidigungsministerin Lambrecht [2][am Pannenpanzer Puma] auf der
       Skandalskala ziemlich mickrig.
       
       Die bislang kürzeste Amtszeit als Verteidigungsminister hatte mit elf
       Monaten CDU-Politiker Rupert Scholz (1988/1989) inne. Hintergrund war vor
       allem die zivile Katastrophe in Ramstein am 28. August 1988: Bei einer
       Flugschau kollidierten drei Militärflugzeuge, etwa 70 Menschen starben,
       viele Hunderte wurden verletzt. Nach dem Unglück diskutierte das Land über
       Tiefflugverbote, Scholz wurde Führungsschwäche vorgeworfen. Als 1989 das
       Kabinett umgebildet wurde, war er seinen Posten los.
       
       In die Amtszeit (1998 bis 2002) von Rudolf Scharping (SPD) fielen
       verschiedene umstrittene Auslandseinsätze der Bundeswehr – etwa 1999 der
       Einsatz im Kosovokrieg oder ab 2001 in Afghanistan.
       
       ## Als zu Guttenberg fiel
       
       Der Grund für seinen Rücktritt waren aber eher eine Reihe von persönlichen
       Fauxpas: So wurden von Scharping etwa Fotos aus einem Sommerurlaub auf
       Mallorca zum Politikum. 2001, kurz vor dem Einsatz der Bundeswehr in
       Mazedonien, ließ sich Scharping für die Bunte mit seiner damaligen Freundin
       im Pool ablichten – ein ungünstiger Zeitpunkt. Zudem soll er Honorare von
       einem Unternehmensberater angenommen haben. Auf Wunsch des damaligen
       Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) musste Scharping 2002 zurücktreten.
       
       Unvergessen bleibt auch der Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg, der
       von 2009 bis 2011 Verteidigungsminister war. Um den beliebten CSU-Politiker
       wurde es einsam, als bekannt wurde, dass er bei seiner Doktorarbeit
       geschummelt hatte. Nach 16 Monaten auf dem Posten war wegen der
       Plagiatsaffäre Schluss für ihn. In seiner Amtszeit hatte zu Guttenberg die
       Verkleinerung der Streitkräfte vorangetrieben und die Wehrpflicht
       ausgesetzt. (mit afp)
       
       15 Jan 2023
       
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   DIR Jasmin Kalarickal
       
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