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       # taz.de -- Prozess gegen Angreifer von Dilan S.: Unschöne Szenen, Prozess vertagt
       
       > Der Prozess gegen die mutmaßlichen Angreifer*innen von Dilan S. wurde
       > vertagt, weil ein Angeklagter fehlte. Vor Gericht pöbelten die rechten
       > Angeklagten.
       
   IMG Bild: Die 17-jährige Dilan S. hielt nach dem rechten Angriff eine Rede auf einer antirassistischen Demo
       
       Berlin taz | Schon der Gang zur Anklagebank war wie ein kleiner
       Spießrutenlauf für die angeklagten Erwachsenen, die vor knapp einem Jahr
       gemeinschaftlich die damals 17-Jährige Dilan S. rassistisch bepöbelt,
       bedroht, angegriffen und verletzt haben sollen. Durch zahlreich gekommene
       Zuschauer*innen mussten sie sich ihren Weg in den Prozesssaal 501 am
       Amtsgericht Tiergarten bahnen, eine Person sagte ihnen ins Gesicht: „Scheiß
       Rassisten!“ Andere stellten fest: „Hier stinkt es nach Faschos.“
       
       Im Vorfeld hatte die antifaschistische „Schaut-nicht-weg!“-Kampagne dazu
       aufgerufen, solidarisch zu sein und den Prozess am Montagmorgen gegen die
       Angreifer*innen von Dilan S. zu verfolgen. Faschist*innen sollten
       keine Plätze überlassen werden, hieß es im Aufruf. So kamen dann auch nur
       die mutmaßlichen Täter*innen und soweit ersichtlich keine
       Unterstützer*innen der angeklagten Frauen und Männer zwischen 24 und
       55 Jahren in den Gerichtssaal. Der Zuschauerraum war gefüllt. Dort saßen
       neben Freund*innen und Familie von Dilan S. augenscheinlich Personen, sie
       sich mit S. solidarisierten.
       
       Der Prozess selbst wurde dann aber von der Richterin auf den 3. April
       verschoben, weil einer der Angeklagten, Heiko S., nicht erschienen war.
       Angeblich wegen Corona. Die Vorsitzende Richterin Marieluis Brinkmann
       wollte das prüfen und vertagte den Prozessauftakt, weil den Angeklagten
       gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt wird. Als
       Verteidiger der Angeklagten waren die Anwältin Britta Kempke sowie der
       Anwalt Frank Scherf vor Ort.
       
       ## Angeklagter bepöbelt Mutter des Opfers
       
       Unschöne Szenen gab es trotz der Vertagung: Die anwesenden Angeklagten, die
       nach [1][taz-Recherchen zumindest zum Teil der rechtsoffenen Kneipenszene]
       um BFC-Dynamo-Hooligans angehören, widersprachen erfolglos der Beiordnung
       von Dilan S. als Nebenklägerin. Sie hätte sich ja schon ausreichend in den
       Medien geäußert, so das fruchtlose Argument der Rechtsextremen.
       
       Beim Rausgehen bepöbelte einer der Angeklagten noch die Mutter des Opfers,
       die ebenso wie Dilan S. sichtlich angefasst war und im Gerichtssaal mit den
       Tränen kämpfte, nachdem der Prozess vertagt wurde.
       
       Im Anschluss lungerten die Angeklagten noch kurz vorm Gerichtsgebäude
       herum. Ein Unterstützer mit kurzgeschorenen Haaren und Basecap trank um
       halb elf ein großes Bier. Es handelte sich offenbar um [2][den rechten
       Gewalttäter Kevin P]. Mehrere der mutmaßlichen Täter*innen
       fotografierten noch das Opfer und ihre Begleiter*innen. Fotos machte auch
       die Hauptangeklagte Jennifer G., die auch Inhaberin der „Ariya Lounge“ in
       der Greifswalder Straße ist, in der sich die Gruppe offenbar häufiger
       trifft. Dilan S. und ihre Begleiter*innen wechselten sicherheitshalber
       die Straßenseite, bevor sich beide Grüppchen in verschiedene Richtungen
       entfernten.
       
       Als parlamentarische Beobachterin war auch die Linken-Abgeordnete Elif
       Eralp vor Ort. Sie sagte der taz: „Die Beschuldigten haben sich total
       daneben benommen, indem sie infrage gestellt haben, ob Dilan S. überhaupt
       im Verfahren eine Anwältin haben soll.“ Das sei persönlich sehr unschön für
       Dilan S. gewesen, ebenso wie die Vertagung des Prozesses, die rechtlich
       allerdings okay sei, weil die Tat gemeinschaftlich begangen worden sein
       soll, so die Volljuristin.
       
       Gut war laut Eralp, dass so viele Menschen zur Unterstützung gekommen seien
       und das öffentliche Interesse am Fall weiter hoch sei: „Das ist das
       Wichtigste, damit Menschen da draußen hören, was passiert ist und
       Zivilcourage zeigen.“ Das sei für sie eigentlich das Erschreckendste an dem
       Fall: „Einige Menschen waren während der Tat im Umfeld und haben nicht
       eingegriffen oder geholfen, während 6 Erwachsene eine 17-Jährige geschlagen
       haben“, so Eralp.
       
       Auch forderte die Linken-Abgeordnete eine offizielle Entschuldigung von der
       Polizei bei Dilan S. Denn in der Pressemitteilung der Behörde hieß es
       zunächst, dass die 17-Jährige angegriffen worden sei, weil sie keine Maske
       getragen habe. Dilan S. hatte selbst per Instagram-Video aus dem
       Krankenhaus auf die rassistische Dimension der Tat hingewiesen, woraufhin
       der Fall bundesweit Aufsehen erregt hatte.
       
       16 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Prozess-um-rechte-Gewalt-gegen-Dilan-S/!5905184
   DIR [2] https://twitter.com/jonas_fedders/status/1614922023427252225
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
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