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       # taz.de -- Podcast über Wohnungspolitik: Warum ist Wohnen so teuer?
       
       > Der Podcast „Teurer Wohnen“ stellt kritische Fragen zum Thema Wohnraum.
       > Die Antworten sind komplex, aber gut nachvollziehbar aufbereitet.
       
   IMG Bild: Denn der Haifisch, der hat Zähne
       
       Wer durch Berlin spaziert, begegnet ihnen immer wieder: großen Gruppen
       Menschen, die sichtlich unruhig und genervt vor einem Hauseingang stehen.
       Mal sind es ein paar Dutzende, mal hunderte Menschen, die darauf warten,
       für wenige Minuten durch eine Wohnung geschubst zu werden – in der
       Hoffnung, ein neues Zuhause zu finden.
       
       Wer gerade [1][nicht auf Wohnungssuche] ist, kann erleichtert an diesen
       Gruppen vorbeiziehen. Doch selbst wer einmal eine Mietwohnung gefunden hat
       in Berlin, darf sich nicht sicher fühlen.
       
       Das bekommt auch Heiko zu spüren. Heiko wohnt seit Jahren gemeinsam mit
       seinem Ehemann Olli in einem Haus an der Ecke Wieland-/Pestalozzistraße in
       Berlin-Charlottenburg. Es ist ihre erste gemeinsame Wohnung. Den beiden
       gefällt es dort, sie fühlen sich zu Hause.
       
       Doch dann kauft der Projektentwickler Diamona & Harnisch das Haus. Er
       beschließt, den Nachkriegsbau abzureißen und Luxuswohnungen zu errichten.
       Eigentlich sollte so etwas in Berlin, einer Stadt mit einem eklatanten
       Mangel [2][an bezahlbarem Wohnraum], gar nicht möglich sein.
       
       Mit diesem „eigentlich“ beschäftigt sich der Podcast „Teurer Wohnen“, ein
       gemeinsames Projekt von Radioeins und Detektor.fm. In sieben Folgen will
       die Reporterin und Podcast-Host Charlotte Thielmann den Hörer*innen
       [3][am Beispiel Berlin] erklären, wie bundesweite Wohnungspolitik
       funktioniert. Das Thema Wohnen ist in Deutschland mittlerweile zum
       Dauerkrisenthema geworden.
       
       ## Wer zieht ein, wenn andere ausziehen?
       
       Seit Jahren steigen die Angebotsmieten – deutlich schneller als die Löhne.
       Viele Menschen können es sich nicht mehr leisten, in der Hauptstadt zu
       wohnen. Aber wieso eigentlich? Die Geschichte von Heiko ist ein gutes
       Beispiel. Seine Mietwohnung war in keinem desolaten Zustand – im Gegenteil.
       Kurz vor seinem Einzug 2013 wurde sie saniert.
       
       Trotzdem beschloss Diamona & Harnisch zwei Häuser in der Wielandstraße und
       der Pestalozzistraße durch ein neues zu ersetzen – das ist eigentlich
       verboten. Doch durch den Neubau in Charlottenburg sind 11 neue Wohnungen
       entstanden, und wer Wohnraum schafft, für den gelten andere Regeln. Heiko
       hat von dieser Sache nichts, er und alle vorherigen Mieter*innen haben
       ihre Wohnungen verloren.
       
       Statt gut 8 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter, die Heiko gezahlt hat, haben
       die Wohnungen nun teilweise einen Kaufpreis um die 5 Millionen Euro. Klar
       ist: An der Ecke Wieland-/Pestalozzistraße wird künftig eine andere
       Klientel wohnen. „Teurer Wohnen“ bleibt nicht bei Betroffenen-Geschichten
       stehen. In der zweiten Episode geht Thielmann der Frage nach, wer
       eigentlich einzieht, wenn Menschen aus ihren Wohnungen verdrängt werden.
       
       Der ehemalige „Tatort“-Kommissar Boris Aljinovic gibt sich als
       interessierter Käufer aus und lässt sich in einem Showroom von Diamona &
       Harnisch Luxuswohnungen zeigen. „Das Teil sieht aus wie ein Hotelzimmer, 5
       Sterne“ schildert er später Thielmann. Aljinovic wird nicht in einer der
       Wohnungen einziehen.
       
       Aber wer sind die künftigen Bewohner*innen? Wer kann es sich eigentlich
       leisten, ein Penthouse mit drei Balkonen in Berlin-Charlottenburg zu
       kaufen? Woher haben die Menschen ihr Geld? Wieso sind die Wohnungen
       überhaupt so teuer? Und wo landen eigentlich die Steuereinnahmen aus den
       Wohnungsverkäufen?
       
       ## Viele Fakten und Zahlen
       
       Die Antworten sind teilweise komplizierter als erwartet. Die Fülle an
       Fakten und Zahlen, die im Podcast erklärt werden, erfordern von den
       Hörer*innen Konzentration. Ein Nebenbeihören ist kaum möglich. Doch
       abwechslungsreiche Soundscapes, verschiedene Perspektiven und ein
       angenehmer Soundtrack lockern den Siebenteiler auf, sodass man am Ball
       bleibt.
       
       Auch wenn sich viel Geschildertes auf andere Großstädte übertragen lässt,
       ist „Teurer Wohnen“ vor allem ein Podcast für Berlin und Umgebung. In den
       ersten zwei Episoden, die der taz vorab zum Hören geschickt wurden, kommt
       die politische Verantwortung hinter dem desolaten Wohnungsmarkt noch
       relativ kurz.
       
       Doch die fünf weiteren Folgen versprechen, tiefer einzusteigen und zu
       erklären, wie diese ganzen „Eigentlichs“ in Berlin zustande kommen. Gerade
       in den aktuellen Wahlkampfzeiten, in denen das Mietenthema mal wieder eher
       eine Randnotiz ist, dürfte das Hörer*innen interessieren.
       
       18 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Carolina Schwarz
       
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       der Stadt.