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       # taz.de -- Streit um Israels Minister Arie Deri: Justiz gegen die Regierung
       
       > Israels neuer Innenminister wurde schon zweimal verurteilt. Das Oberste
       > Gericht hat recht, wenn es ihn als Minister für ungeeignet hält.
       
   IMG Bild: Innenminister Deri und Premierminister Netanjahu
       
       Dass ein Ministerpräsident Arie Deri noch einmal zum Minister gemacht hat,
       ist schon ein ziemlicher Skandal.
       
       Zweimal wurde Arie Deri – jeweils in seiner Zeit als Minister – verurteilt.
       Einmal saß er zwischen 2000 und 2002 für 22 Monate hinter Gittern, weil er
       als Innenminister Bestechungsgelder angenommen haben soll. Er kehrte zurück
       in die Politik und wurde Anfang 2022 auch wegen Steuerhinterziehung
       schuldig gesprochen. Er hätte deshalb eigentlich nicht Minister werden
       dürfen.
       
       Das Oberste Gericht Israels pocht auf diesen Grundsatz. Der Chef der
       ultraorthodoxen Schas-Partei sei für ein Ministeramt ungeeignet, urteilte
       das Gericht am Mittwoch und verlangt von Netanjahu, Deri aus seinem Amt zu
       entlassen.
       
       Der noch größere Skandal aber ist die skrupellose Reaktion von Deri auf den
       Richterspruch. Reue? Pustekuchen. Wenn das Gericht ihm die Tür verschließe,
       komme er durchs Fenster, erklärt Deri mit unverblümter Klarheit: Das Gesetz
       gelte nicht für ihn.
       
       ## Furcht vor autoritären Zuständen
       
       Der Fall Deri veranschaulicht dabei sehr genau, was auf das Land zukommt.
       Deri sitzt in der neuen Regierung in recht guter Gesellschaft.
       Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht in drei Korruptionsfällen vor
       Gericht – und kann übrigens nur wegen einer Gesetzeslücke noch
       Ministerpräsident sein.
       
       Die von ihm geplante Justizreform könnte so noch einige Kabinettsmitglieder
       vor dem Aus bewahren – und, nicht ganz nebenbei, Israel in einen
       autoritären Staat à la Ungarn oder Polen verwandeln, in dem die
       Rechtsstaatlichkeit ausgehebelt ist und stattdessen – ohne gesetzlichen
       Schutz für Minderheiten – das ungebremste Recht der Mehrheit regiert.
       
       Das Oberste Gericht hat das einzig Richtige getan und sich nicht von der
       neuen rechtsextremen Regierung, die Richtung Autoritarismus strebt,
       einschüchtern lassen. Es muss weiter standhalten, genauso wie die
       Kritiker*innen auf der Straße, die hoffentlich am kommenden Samstag
       noch zahlreicher zu den Protesten ziehen als in der vergangenen Woche.
       
       19 Jan 2023
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Judith Poppe
       
       ## TAGS
       
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