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       # taz.de -- CO₂-Bilanz von veganem Essen: Veganuary lohnt sich
       
       > Den Januar nutzen viele, um vegane Ernährung auszuprobieren. Diese hat
       > nicht nur niedrigere Emissionen, sondern trägt auch zur CO₂-Bindung bei.
       
   IMG Bild: Sieht aus wie Fleisch, hat aber eine wesentlich bessere CO2-Bilanz: vegane Frikadelle
       
       Veganismus liegt im Trend: Das Meinungs- und Marktforschungsinstitut Civey
       zeigt, dass 20,5 Prozent der Befragten, also jeder Fünfte, sich mit einem
       veganen Lebensstil auseinandersetzt und sich zumindest gelegentlich vegan
       ernährt – 54,2 Prozent von ihnen aus Klimaschutz-Gründen. Was bringen
       Fleischalternativen tatsächlich für das Klima?
       
       Mit dieser Frage hat sich auch Hannah Ritchie auseinandergesetzt. Sie
       recherchiert für Our World in Data und in Oxford zur langfristigen
       Entwicklung der Nahrungsmittelversorgung, Landwirtschaft, Energie und
       Umwelt und deren Vereinbarkeit mit der globalen Entwicklung.
       
       Um die [1][tatsächlichen Emissionen von Fleisch und Fleischersatz] zu
       vergleichen, stützte sie sich auf die Zahlen von einzelnen Produkten.
       Manche stellten die Produkthersteller selbst zur Verfügung, andere wurden
       von unabhängigen Forschungen oder Unternehmen wie der
       Nachhaltigkeitsberatung Quantis ermittelt.
       
       ## Fleischersatz trotz Verarbeitung grundsätzlich besser
       
       Laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung lag der
       Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch 2021 mit 55 Kilogramm so niedrig wie nie seit
       Beginn der Berechnung im Jahr 1989. Gerade im Januar probieren viele als
       Teil des [2][sogenannten Veganuary] komplett vegane Ernährung aus. Auch die
       Nachfrage nach Fleischersatzprodukten stieg an: Von 2019 bis 2021 erhöhte
       sich ihre Produktion in Deutschland um 62,2 Prozent.
       
       Fleischalternativen sind allerdings oft stark verarbeitete Lebensmittel,
       brauchen also schon für die Herstellung Energie, enthalten Inhaltsstoffe
       aus der ganzen Welt und bringen Verpackungsmüll mit sich. Für den Vergleich
       muss also der komplette Verarbeitungszyklus der Produkte inklusive
       Rohmaterialien, Verpackung und Transport berechnet werden – auch
       Lebenszyklusanalyse genannt. Doch auch diese zeigt: Generell sind die
       Emissionen von Alternativprodukten immer noch sehr viel niedriger als die
       von Fleisch.
       
       Hannah Ritchie verglich die CO₂-Emissionen pro 100 Gramm Eiweiß, da
       Fleischalternativen häufig eine alternative Quelle von Eiweiß bieten
       sollen. Selbst Hühnerfleisch, das sehr viel geringere Emissionen aufweist
       als Rind- oder Schweinefleisch, hat dennoch höhere Emissionen pro 100 Gramm
       Eiweiß als die meisten veganen Alternativen.
       
       ## Landnutzung bietet großes Potenzial
       
       Laborfleisch gilt häufig als klimafreundliche Alternative zu Fleisch,
       allerdings schneidet es in der Recherche von Hannah Ritchie gar nicht so
       gut ab: Ohne Ökostrom produziert hat Laborfleisch zwar weniger
       CO₂-Emissionen als Rindfleisch, aber immer noch deutlich mehr als Schweine-
       und Hühnerfleisch. Das läge vor allem am hohen Energieverbrauch der
       Produktion, schreibt Ritchie. Sie hofft jedoch, dass sich die aufstrebende
       Technologie dieser Produktion noch entwickelt und effizienter werden kann.
       Das zeigt allein der Unterschied zwischen dem für Laborfleisch genutzten
       Strom: Während ohne Ökostrom produziertes Laborfleisch pro 100 g Eiweiß 6,2
       Kilogramm CO₂ in seinem Lebenszyklus emittiert, sind es mit Ökostrom nur
       ein Sechstel davon.
       
       Laborfleisch hat jedoch noch einen weiteren Vorteil gegenüber herkömmlichem
       Fleisch: die Landnutzung. Die Fleischproduktion benötigt deutlich mehr
       landwirtschaftliche Flächen als alle Alternativen. Damit kommen zu den
       Emissionen auch noch die sogenannten CO₂-Opportunitätskosten, also der
       Verlust von Land, das man sonst zur Bindung von CO₂ nutzen könnte. Einer
       [3][Untersuchung von „Nature Food“] zufolge könnte allein eine globale
       Umstellung auf pflanzenbasierte Ernährung bis 2050 durch alternative
       Nutzung der Flächen, die sonst etwa als Weideland genutzt werden, sogar zu
       einer Bindung von 99 bis 163 Prozent des CO₂-Emissionsbudgets führen – und
       damit das 1,5-Grad-Ziel zu 66 Prozent wahrscheinlich machen.
       
       Von 55 zu 0 Kilogramm Fleischverzehr pro Kopf und Jahr hat Deutschland
       allerdings noch etwas Weg vor sich.
       
       8 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://hannahritchie.substack.com/p/carbon-footprint-meat-substitutes
   DIR [2] /Pflanzliche-Ernaehrung-ausprobieren/!vn5825825
   DIR [3] https://www.nature.com/articles/s43016-022-00489-9
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jelena Malkowski
       
       ## TAGS
       
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