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       # taz.de -- Personalmangel bei der Bahn: Lok sucht Führer
       
       > Bei der Deutschen Bahn fehlt Personal. Allein in diesem Jahr will der
       > Konzern 25.000 neue Mitarbeitende einstellen – und sucht dafür auch im
       > Ausland.
       
   IMG Bild: Trainings- und Ausbildungszentrum der Deutschen Bahn in Köln-Dellbrück
       
       Berlin taz | Der [1][Wandel am Arbeitsmarkt] ist auch bei der Deutschen
       Bahn endgültig angekommen. Jährlich verliert der Konzern durchschnittlich
       15.000 Mitarbeiter, die in Rente gehen oder das Unternehmen aus anderen
       Gründen verlassen. Seit Jahren stellt die Bahn daher jährlich Tausende neue
       Leute ein. 28.000 waren es allein im vergangenen Jahr. Mit einer neuen
       Kampagne im TV und Anzeigen will das Unternehmen auch in diesem Jahr
       dringend benötigten Zuwachs anwerben. „Wir werden 2023 mehr als 25.000 neue
       Mitarbeitende an Bord nehmen“, kündigt Personalvorstand Martin Seiler an.
       Davon sind über 5.000 Berufsanfänger, die ausgebildet werden.
       
       In den letzten Monaten gab es immer wieder Kritik an der Bahn. Die
       Gewerkschaften beklagten eine Überlastung des Personals, etwa durch den
       Andrang in den Zügen während der dreimonatigen Aktion mit dem
       [2][9-Euro-Ticket]. Ein hoher Krankenstand brachte zudem nicht nur
       Zugausfälle, sondern auch zusätzliche Belastungen für die verbliebenen
       Beschäftigten mit sich, weil es an Reserven mangelt. Punktuell waren bis zu
       35 Prozent des Personals in einzelnen Regionen krankgeschrieben. Darauf
       will Seiler nun mit einer neuen Personalplanung reagieren. 9.000
       zusätzliche Stellen sollen das System insgesamt weniger anfällig für
       Ausfälle werden lassen.
       
       An einem Mangel an Bewerbern lag es in den vergangenen Jahren nicht. Bis zu
       einer halben Million Bewerbungen zählten die Personalabteilungen des
       Unternehmens. Doch inzwischen muss auch die Bahn mehr anbieten als nur eine
       feste Stelle. „Wir gehen auf die Bewerbenden ein wie nie zuvor“, sagt
       Kerstin Wagner, die die Anwerbungskampagnen leitet. So geht die Bahn ab dem
       kommenden Montag auch mit der Frage „was ist dir wichtig“ in den Wettbewerb
       um knappe Arbeitskräfte.
       
       ## Arbeitsmarkt noch nie so eng
       
       So eng sei der Arbeitsmarkt noch nie gewesen, räumt Seiler ein. Dennoch
       rechnet er damit, das Einstellungssoll auch 2023 zu erreichen. Dazu tragen
       auch früher kaum vorstellbare Konzessionen an die Bedürfnisse potenzieller
       Kandidatinnen und Kandidaten bei. Dazu zählt der Konzern etwa die
       Möglichkeit, 30 Tage im Jahr aus dem Homeoffice im Ausland arbeiten zu
       können. Auch das grüne Image der Bahn als Treiber der Mobilitätswende ist
       für junge Leute ein wichtiger Aspekt bei der Berufswahl.
       
       Auf der Suche nach geeigneten Leuten hat die Bahn den Blick längst auch in
       [3][andere Länder] gerichtet. Sie wirbt in europäischen Ländern, aber auch
       in Ägypten oder Tunesien für eine Tätigkeit bei der Bahn in Deutschland.
       Dabei sei die kulturelle wie soziale Integration der Zuwanderer eine große
       Herausforderung, erläutert Seiler. Innerhalb Deutschlands will er auch
       Studien- und Schulabbrecher verstärkt anziehen und durch eine bessere
       Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch bei den Frauen mehr Interesse an
       einer Tätigkeit im Unternehmen wecken.
       
       Im Wettbewerb um Arbeitskräfte spielt die Entlohnung naturgemäß eine
       wichtige Rolle. Hier steht Seiler demnächst eine wohl harte Tarifrunde ins
       Haus. Die Verhandlungen mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)
       starten Ende Februar. Noch hat die EVG keine Forderung auf den Tisch
       gelegt. Doch nachdem andere Gewerkschaften zwischen 8 und 15 Prozent mehr
       Lohn verlangen, dürfte auch die EVG wenigstens auf einen
       Inflationsausgleich pochen. Wie weit die Bahn will, lässt Seiler noch
       offen. Der härtere Widersacher, die Lokführergewerkschaft GDL, ist erst im
       Herbst mit den Verhandlungen dran.
       
       6 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Wolfgang Mulke
       
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