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       # taz.de -- Sprecher des US-Repräsentantenhauses: Im 15. Durchgang gewählt
       
       > Kevin McCarthy hat nun doch die erforderliche Mehrheit für das Amt
       > errungen. Dem gingen dramatische Szenen in seiner republikanischen
       > Fraktion voraus.
       
   IMG Bild: Vor dem 15. Wahldurchgang: Der republikanische Abgeordnete Richard Hudson (l) muss seinen Fraktionskollegen Mike Rogers in Schach halten, damit der nicht gegenüber einem der Fraktionsrebellen handgreiflich wird
       
       WASHINGTON taz | Es ist vollbracht. Der republikanische
       Fraktionsvorsitzende Kevin McCarthy ist [1][nach einer viertägigen
       Wahlschlacht] am frühen Samstagmorgen (Ortszeit) zum neuen Sprecher des
       US-Repräsentantenhauses gewählt worden. Der Abgeordnete aus Kalifornien
       sicherte sich das Amt mit 216 Stimmen im 15. Wahldurchgang. An Drama war
       das Geschehen in Washington kaum zu überbieten.
       
       „Mein Vater hat immer gesagt hat: Entscheidend ist nicht, wie du anfängst,
       sondern wie du es zu Ende bringst“, sagte McCarthy nach seinem Wahlsieg.
       
       Nun beginne die harte Arbeit, erklärte er, und wenn die vergangenen vier
       Tage ein Indikator waren, dann werden die nächsten zwei Jahre ihm und der
       republikanischen Partei alles abverlangen. Einen ersten Vorgeschmack auf
       das, was ihn als neuen Sprecher erwarten könnte, gab es bereits.
       
       Nachdem McCarthy im 14. Wahldurchgang am späten Freitagabend erneut
       gescheitert war – es fehlte ihm nur eine Stimme – kam es zu einer
       dramatischen Szene im Raum. Der Abgeordnete Mike Rogers aus Alabama musste
       davon abgehalten werden, auf seinen Parteikollegen Matt Gaetz aus Florida
       loszugehen.
       
       Grund für die beinahe Handgreiflichkeit war die Tatsache, dass Gaetz mit
       seiner Stimme McCarthy auch in diesem Wahldurchgang um den Sieg gebracht
       hatte. Es passierte um kurz nach 23 Uhr. Zuvor sah alles danach aus, als
       hätte es McCarthy nach zähen Verhandlungen geschafft, die parteiinternen
       Differenzen zu überbrücken und dem tagelange Wahlkrimi in der US-Hauptstadt
       ein jähes Ende zu setzen.
       
       Am Schluss musste ein weiterer Wahldurchgang her. [2][Der 57 Jahre alte
       McCarthy], der in der zentralkalifornischen Arbeiterstadt Bakersfield
       geboren wurde, ersetzt nun [3][die Demokratin Nancy Pelosi] als Sprecher
       des US-Repräsentantenhauses.
       
       Den Sieg hat McCarthy vor allem einer Reihe von Zugeständnissen zu
       verdanken, die er und seine Unterstützer in den vergangenen Tagen
       ausgehandelt hatten. Diese überzeugten nach und nach [4][die 20
       rebellierenden Abgeordneten aus den eigenen Reihen] doch ihn als neuen
       Sprecher zu wählen.
       
       Über das genaue Ausmaß der Zugeständnisse herrscht noch Unklarheit, doch
       US-Medienberichten zufolge musste McCarthy erhebliche Machteinbußen
       hinnehmen, um die benötigten Stimmen hinter sich zu vereinen. So reicht in
       Zukunft der Antrag eines einzigen Abgeordneten, um die Absetzung des
       Sprechers auf die Tagesordnung zu setzen. Auch werden zwei Mitglieder aus
       dem rechten republikanischen Fraktionslager, die McCarthys Wahl während der
       vergangenen Woche blockiert hatten, Positionen in dem so wichtigen
       Regel-Ausschuss erhalten.
       
       Diese und andere Konzessionen zeigten im Verlauf des Tages ihre Wirkung.
       Stimmten in den vorherigen Tagen jeweils mindesten 20 Republikaner gegen
       McCarthy, so waren es in den ersten beiden Wahldurchgängen am Freitag nur
       noch sieben, beziehungsweise sechs Abgeordnete.
       
       „Wir vertrauen Herrn McCarthy mit der Macht nicht“, sagte Matt Gaetz
       während der Nachmittagswahl. Gaetz, der zu den Anführern der
       McCarthy-Gegner zählt, stimmte im entscheidenden Wahldurchgang mit
       „Present“, also „Anwesend“. Insgesamt stimmten sechs Republikaner
       „Present“. Aus diesem Grund reichten am Ende 216 Stimmen anstelle der
       normalerweise benötigten 218 Stimmen zum Sieg.
       
       Mit der Wahl eines neuen Sprechers kann der 118. Kongress in der Geschichte
       der USA nun endlich seine Arbeit aufnehmen.
       
       US-Präsident Joe Biden gratulierte McCarthy kurz nach dessen Wahlsieg in
       einer offiziellen Stellungnahme. Darin erklärte er, dass er bereit sei, mit
       Republikanern zusammenzuarbeiten und im Gegenzug das Gleiche erwarte.
       
       „Die amerikanische Bevölkerung erwartet von seinen politischen Führern,
       dass diese in einer Art und Weise regieren, die deren Bedürfnisse über
       alles andere stellen. Und genau das müssen wir jetzt tun“, so Biden.
       
       7 Jan 2023
       
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