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       # taz.de -- Sturm auf Kongress in Brasilien: Chaos in Brasília
       
       > Anhänger*innen von Bolsonaro haben Regierungsgebäude und den Obersten
       > Gerichtshof verwüstet. Der Ex-Präsident äußerte sich auf Twitter.
       
   IMG Bild: Chaos in Brasília: Bolsonaro-Anhänger*innen vor dem dem Palácio do Planalto
       
       Rio de Janeiro taz | Anhänger*innen von Brasiliens Ex-Präsident Jair
       Bolsonaro haben am Sonntagnachmittag die Hauptstadt Brasília in ein
       stundenlanges Chaos versetzt. Hunderte Demonstrant*innen stürmten das
       Kongressgebäude, den Obersten Gerichtshof und den Präsidentenpalast. Später
       kletterten sie im Plenarsaal des Senats auf Tische und Bänke. Sie richteten
       einen erheblichen Sachschaden an, wie Videos und Fotos in den sozialen
       Medien zeigen. Mehrere Journalist*innen sollen verletzt worden sein.
       Die Aktion soll in sozialen Medien vorbereitet worden sein.
       
       Am 30. Oktober hatte der Rechtsextreme Bolsonaro die Stichwahl gegen den
       Sozialdemokraten Luiz Inácio Lula da Silva verloren. Seit der Niederlage
       demonstrieren die Anhänger*innen Bolsonaros gegen die Wahlergebnisse.
       Vor einer Woche, am Neujahrstag, war [1][Lula in Brasília feierlich
       vereidigt] worden.
       
       Die Bilder aus Brasiliens Hauptstadt erwecken Erinnerungen an den [2][Sturm
       aufs Kapitol vom 6. Januar 2021 in den USA]. Damals versetzten völlig
       radikalisierte Anhänger*innen von Ex-Präsident Donald Trump die
       US-amerikanische Hauptstadt Washington in Angst und Schrecken.
       
       Am Nachmittag hatten Bolsonaro-Anhänger*innen Absperrungen überwunden und
       waren auf das Dach des Parlaments vorgerückt. Im Kongressgebäude befinden
       sich der Senat und das Abgeordnetenhaus. Danach zogen einige
       Demonstrant*innen auch zum Obersten Gerichtshof, zerstörten dort
       Scheiben und Möbel und drangen in die Lobby vor. Das Gericht hatte
       Bolsonaro während seiner Amtszeit immer wieder die Grenzen aufgezeigt und
       gilt als Feindbild der radikalen Rechten.
       
       ## Bolsonaro verurteilt Überfälle
       
       Die Angreifer*innen stürmten auch den Regierungssitz Palácio do
       Planalto, den offiziellen Arbeitsplatz des Staatsoberhaupts. [3][Präsident
       Lula] befand sich zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht in dem Gebäude, er war
       auf Dienstreise im Bundesstaat São Paulo. Der ehemalige Gewerkschafter
       bezeichnete die Angriffe in einer Stellungnahme als „Barbarei“ und nannte
       die Eindringlinge „Faschisten“. Er versprach lückenlose Aufklärung und
       verkündete, die Hintermänner der Angriffe zur Rechenschaft zu ziehen. Lula
       ordnete zudem per Dekret an, dass die Regierung die Verantwortung für die
       öffentliche Sicherheit in der Hauptstadt übernimmt.
       
       Ex-Präsident Bolsonaro äußerte sich auf Twitter. „Friedliche
       Demonstrationen sind Teil der Demokratie. Plünderungen und Überfälle auf
       öffentliche Gebäude, wie sie heute stattgefunden haben, fallen jedoch nicht
       darunter“, schrieb er. Während seiner Amtszeit habe er sich stets an die
       Verfassung gehalten und die Demokratie verteidigt. Allerdings beschuldigen
       ihn viele, die Proteste angestachelt zu haben.
       
       [4][Bolsonaro hat seine Wahlniederlage bisher nicht anerkannt]. Er befindet
       sich derzeit in den USA und nahm – entgegen den Gepflogenheiten – nicht an
       der Amtsübergabe Lulas teil. Vor seinem Abflug rief er zum Widerstand gegen
       die Lula-Regierung auf. Während seiner Amtszeit attackierte er immer wieder
       die demokratischen Institutionen, beschimpfte Journalist*innen und
       verherrlichte die Verbrechen der Militärdiktatur.
       
       ## Kritik an Sicherheitskräften
       
       Erst nach mehreren Stunden gelang es den Sicherheitskräften, die
       Demonstrant*innen zurückzudrängen. Die Polizei setzte Tränengas und
       Blendgranaten ein. Laut Justizminister Flávio Dino sollen mindestens 200
       Personen verhaftet worden sein.
       
       Scharfe Kritik an Teilen der Sicherheitskräfte wird laut: Videos in
       sozialen Medien zeigen, wie Polizist*innen friedlich mit den
       rechtsextremen Demonstrant*innen zusammenstehen, Selfies machen und sie
       nicht daran hindern, die Gebäude zu stürmen. Der Gouverneur von Brasília,
       Ibaneis Rocha, ein Anhänger Bolsonaros, entließ noch am Sonntagabend den
       Sicherheitschef der Hauptstadt. Doch auch Rocha steht in der Kritik.
       Verfassungsrichter Alexandre de Moraes ordnete in der Nacht von Sonntag auf
       Montag an, ihm sein Amt zu entziehen.
       
       In rechtsradikalen Netzwerken werden die Angriffe gefeiert. Und
       Bolsonaro-Anhänger*innen wollen weiterhin Widerstand gegen die neue
       Regierung leisten. In mehreren Städten begannen Demonstrant*innen
       damit, Autobahnen zu blockieren. Am Montag wollen Bolsonaro-Gegner*innen
       auf die Straße gehen. Es dürften heiße Tage in Brasilien werden.
       
       9 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Brasilien-nach-Bolsonaro/!5903636
   DIR [2] /Sturm-auf-US-Kapitol/!5823638
   DIR [3] /Neuer-alter-Praesident-in-Brasilien/!5903598
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       ## AUTOREN
       
   DIR Niklas Franzen
       
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