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       # taz.de -- Cem Özdemirs Tierschutzpläne: Fortschrittliche Bauern profitieren
       
       > Es stimmt nicht, dass Agrarminister Cem Özdemir die Tierhaltung
       > abschaffen will. Seine Pläne fördern Landwirte, die ihr Vieh artgerechter
       > halten.
       
   IMG Bild: Franziska Giffey und Cem Özdemir beim Eröffnungsrundgang zur Internationalen Grünen Woche 2023
       
       Die Kritik des Deutschen Bauernverbands an den Tierschutzplänen von
       Bundesagrarminister Cem Özdemir ist völlig übertrieben. Er wolle die
       Tierhaltung in Deutschland abschaffen, klagt die Agrarlobby anlässlich der
       weltgrößten [1][Landwirtschaft]smesse Grüne Woche, die am Freitag in Berlin
       begonnen hat. Klar, Özdemir ist ja auch von den Grünen und dann noch
       Vegetarier, mögen manche Bauern denken, die [2][mehrheitlich CDU/CSU]
       wählen.
       
       Vielleicht sollten sie sich einmal anschauen, was Özdemir wirklich plant:
       Vor allem hat er dem Bundestag ein Gesetz für ein verpflichtendes
       Tierhaltungskennzeichen vorgelegt. Es soll VerbraucherInnen helfen,
       Schweinefleisch aus engen Ställen und ohne Auslauf von Produkten aus
       Ställen mit Zugang ins Freie und mehr Platz zu unterscheiden. Zudem will
       Özdemir Landwirte, die ihre Ställe für mehr Tierschutz umbauen, stärker
       bezuschussen. Sogar für die laufenden Mehrkosten wie etwa höheren
       Arbeitsaufwand soll der Bund zahlen.
       
       Warum mehr Transparenz und Subventionen der Tierhaltung insgesamt in
       Deutschland schaden sollen, bleibt ein Geheimnis des Bauernverbands. In
       Wirklichkeit werden diese beiden Projekte den Landwirten helfen, die ihre
       Schweine artgerechter halten. Wer aber immer noch die Tiere in enge
       Betonbuchten einpfercht und sie ihr ganzes Leben in einem hermetisch
       abgeriegelten Stall hält, der wird vielleicht bald weniger verkaufen. Es
       wird also eine Umverteilung in erster Linie innerhalb der deutschen
       Bauernschaft geben: weg von den Betrieben mit schlechteren Ställen, hin zu
       den Höfen mit besseren Haltungsformen.
       
       An diesem begrüßenswerten Szenario ändern auch berechtigte Kritikpunkte
       nichts: zum Beispiel, dass die Kennzeichnung zunächst nicht für
       verarbeitete Produkte wie Hackfleisch, die Gastronomie und nur für die
       letzte Phase im Leben eines Schweins, die Mast, gelten soll. Besser wäre es
       auch, wenn ebenfalls Ware aus dem Ausland gekennzeichnet werden müsste; das
       erlaubt das EU-Recht aber nicht. Deshalb wird die Europäische Kommission
       auch auf Betreiben Özdemirs in Kürze einen Entwurf für eine EU-weite
       Herkunftskennzeichnung veröffentlichen. Bis sie eingeführt wird, dürfte
       eine fehlende Haltungskennzeichnung auf Fleisch aus dem Ausland in den
       Augen von VerbraucherInnen aber eher ein Makel sein. Das wiederum wäre ein
       Vorteil für die deutschen Landwirte.
       
       ## Angst vor der Konkurrenz im Ausland
       
       Ein Nachteil gegenüber Importen könnten allenfalls die angekündigten Regeln
       für die Putenmast werden, wenn sie tatsächlich zu höheren Produktionskosten
       als im Ausland führen sollten. Aber das ist nur ein kleiner Bereich;
       Tierhaltungskennzeichnung und Stallumbauprogramm werden langfristig eine
       viel größere Wirkung entfalten.
       
       20 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Landwirtschaft/!t5007831
   DIR [2] https://www.agrarheute.com/politik/bundestagswahl-diese-parteien-haben-landwirte-gewaehlt-585757
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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