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       # taz.de -- Hells Angel Frank Hanebuth: Der Rocker der Bosse
       
       > Um den früheren Hannoverschen Hells-Angels-Chef Frank Hanebuth ranken
       > sich viele Legenden. Doch die „Maschsee-Mafia“ ist in die Jahre gekommen.
       
   IMG Bild: Friedenszigarre bei Götz von Fromberg (M.): Hanebuth (r.) und Ober-Bandido Peter Maczollek
       
       Hannover taz | Es gibt dieses Foto aus dem vergangenen Sommer, genauer aus
       der Nacht vom 23. auf den 24. August 2022: Darauf sieht man die hünenhafte
       Gestalt des legendären Rocker-Bosses Frank Hanebuth in einem eigens
       herbeigeschleppten Stuhl am Straßenrand sitzen, während gegenüber die
       Dachterrasse seiner „Sansibar“ in Flammen steht.
       
       An Hanebuths Stuhl lehnt eine Krücke und man sieht dem Rockerboss an, dass
       er einigermaßen fassungslos ist. Er habe sich gerade erst einer Hüft-OP
       unterzogen, [1][vermeldete die Hannoversche Allgemeine Zeitung.]
       
       Ein Dreivierteljahr zuvor hatte die Lokalpresse Hanebuth noch abgebildet,
       wie er sich von seinem Architekten Baupläne zeigen ließ: Bordelle zu
       Studentenwohnungen lautete das Stichwort. Mit teuren Mini-Appartements will
       der Kiez-Boss das in der Coronakrise auf den Hund gekommene Amüsierviertel
       wiederbeleben.
       
       Zwei Dinge lassen sich aus diesen Bildern ablesen: Hanebuth ist immer noch
       wer. Aber möglicherweise nicht mehr ganz der Alte. Wobei sein Image ja
       schon die ein oder andere Achterbahnfahrt hinter sich hat.
       
       ## Der Rocker-Boss und der Promi-Anwalt
       
       Die Legende rund um den Hells-Angels-Boss hat ihren Ursprung in den
       2000er-Jahren. Nachdem es in den 90er-Jahren eine Reihe von blutigen
       Auseinandersetzungen in dem Hannoverschen Rotlichtbezirk am Steintor
       gegeben hatte, besetzten Ende der 90er die Hells Angels unter Frank
       Hanebuth das Terrain.
       
       In der Stadtgesellschaft und der Lokalpresse sammelte er damals viele
       Punkte: Er habe das Gebiet befriedet, hieß es. Außerdem trieb er die
       Ansiedlung von Clubs voran, die aus dem schmuddeligen Rotlichtbezirk eine
       angesagte Partymeile machten.
       
       Dafür feierte man ihn. Zwei Umstände dürften dabei hilfreich gewesen sein:
       Zum einen die romantisierende Vorstellung von Rockern als
       Easy-Rider-Outcasts, zum anderen der durchaus salonfähige Rassismus, der da
       sagte, besser Hells Angels als Albaner/Türken/Kurden/Russen oder wer sich
       sonst gerade um die Vorherrschaft in diesem Marktsegment prügelte.
       
       Was in diesem speziell hannoverschen Fall aber auch sehr half: [2][Ein
       Anwalt mit Hang zu allem, was irgendwie prominent und einflussreich ist.
       Götz von Fromberg] war nicht nur über einige Jahre hinweg Kanzleipartner
       von Gerhard Schröder, sondern auch Hanebuths Rechtsvertreter in allen
       Lebenslagen.
       
       Von Fromberg lud gern zu Herrenabenden in seine Villa ein, dort entstanden
       Fotos mit Prominenten wie Thomas Gottschalk, Udo Lindenberg,
       Scorpions-Sänger Klaus Meine, aber auch Wirtschaftsführern wie dem
       AWD-Gründer Carsten Maschmeyer, TUI-Chef Michael Frenzel,
       VW-Personalvorstand Peter Hartz sowie mit SPD-Spitzenpolitikern wie Sigmar
       Gabriel und Gerhard Glogowski.
       
       ## Rocker-Frieden und ein unvorsichtiger Polizeipräsident
       
       Es waren diese Verbindungen, die wesentlich zum Mythos Frank Hanebuth
       beitrugen, genauso wie die offensichtliche Duldung seiner Aktivitäten durch
       die Stadt. Hanebuth dominierte mit einem schwer durchschaubaren Geflecht
       aus Tochterfirmen nicht nur das Steintor mit den Diskotheken und Bars
       zwischen Stripclubs, Pornokinos, Bordellen und Spielhöllen, seine Türsteher
       und Sicherheitsleute sollen in jenen Jahren auch bei so ziemlich jedem
       Großevent in der Stadt am Start gewesen sein.
       
       Irgendwann wuchs sich die Konkurrenz zwischen den Rockerclubs Bandidos und
       Hells Angels in Norddeutschland jedoch zu einem regelrechten Krieg aus. Das
       war der Punkt, an dem auch in der Medienöffentlichkeit (vor allem der
       außerhalb Hannovers) „Rockerkriminalität“ zunehmend kritisch diskutiert
       wurde und es langsam vielen Leuten dämmerte, dass man hier den Bock zum
       Gärtner gemacht hatte.
       
       Wobei offenbar nicht jeder begriff, dass der Wind sich gedreht hatte. So
       sorgte zum Beispiel noch der Fall des damaligen Polizeipräsidenten
       Christian Grahl für Aufsehen. Der hielt es 2011 noch für eine kluge Idee,
       sich nach einem Polizeisport-Event mit dem Dienstwagen zum Bier in
       Hanebuths Sansibar fahren zu lassen.
       
       Das war selbst dem damaligen CDU-Innenminister Uwe Schünemann zu viel, er
       entließ Grahl. Der fiel aber weich: Nach Zwischenverwendungen im Landesamt
       für Statistik [3][und als Abteilungsleiter im Landwirtschaftsministerium]
       fungierte er von 2014 bis 2021 für die CDU als Bürgermeister der Stadt
       Garbsen.
       
       ## Mallorca und der Weg zurück
       
       Hanebuth löste [4][das Hells Angels-Chapter in Hannover auf, um einem
       Verbot zuvorzukommen.] Nach einer spektakulären Durchsuchung seiner Villa
       in der Wedemark, bei der sich die GSG-9 vom Hubschrauber abseilte,
       verlagerte er seinen Lebensmittelpunkt zunehmend nach Mallorca, wo ihn die
       spanische Polizei vor zehn Jahren festnahm.
       
       In Deutschland ist es nie gelungen, Hanebuth schwere Verbrechen
       nachzuweisen. Er ist lediglich ein paar Mal wegen Körperverletzung
       verurteilt worden – meist auf Bewährung oder zu einer Geldstrafe.
       
       Zwischen der Untersuchungshaft und dem langen Warten auf den nun begonnenen
       Prozess in Spanien kehrte er 2017 nach Hannover zurück, heiratete seine
       langjährige Freundin und eröffnete eine neue Biker-Kneipe am Steintor.
       Prominente wurden dort bisher nicht gesichtet.
       
       23 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.haz.de/lokales/hannover/offenbar-brandstiftung-in-hannover-rocker-boss-hanebuth-lobt-polizei-und-feuerwehr-4QVOW3APIZ5GPXR65JM5GL22UQ.html
   DIR [2] /Strippenzieher-im-Vorruhestand/!5242231
   DIR [3] /Niedersaechsische-Beamtenlaufbahn/!5106109
   DIR [4] /Rockergangs-loesen-sich-auf/!5029433
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
       ## TAGS
       
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