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       # taz.de -- Verteidigungsministerin will hinwerfen: Rücktritt auf Raten
       
       > Sie ist umstritten und angezählt: Nun gibt es Hinweise, dass
       > Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) ihr Amt bald
       > niederlegen will.
       
   IMG Bild: Unter Druck: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bei einer Inspektion in Marienberg
       
       Berlin taz/dpa | Der Spitzenjob im Bundesverteidigungsministerium ist ein
       Schleudersitz und hat schon so einigen Politiker*innen kein Glück
       gebracht. Das gilt nun offenbar auch für Christine Lambrecht. Laut diversen
       Medienberichten will die SPD-Politikerin ihr Amt niederlegen. Freiwillig
       und schon in der kommenden Woche. Zuerst hatte die Bild-Zeitung am
       Freitagabend berichtet, Berichte von Süddeutscher Zeitung und ntv lauteten
       ähnlich.
       
       Das Verteidigungsministerium gibt sich bisher bedeckt zu den
       Veröffentlichungen. Ein Sprecher erklärte am Freitagabend, dies seien
       Gerüchte, die nicht kommentiert würden.
       
       Die Liste von Lambrechts Misserfolgen ist lang. Zuletzt sorgte sie mit
       [1][einem missglückten Silvestervideo für Schlagzeilen]. Lambrecht hielt
       darin eine wenig empathische Rede zum Krieg in der Ukraine und zu ihren
       persönlichen Erfahrungen, im Hintergrund flogen die Silvesterraketen.
       Unvergessen auch ein Foto ihres Sohnes im Bundeswehrhubschrauber. Die Wogen
       schlugen hoch, als seine Mitreise bekannt wurde. Hinzu kommen Probleme im
       Beschaffungswesen der Bundeswehr und bei der Bereitstellung von Kriegsgerät
       für die Nato-Verbündeten. [2][Das Desaster um den Schützenpanzer Puma]
       wurde zu einer weiteren Schramme in Lambrechts angeschlagenem Image.
       
       Mit Beginn des russischen Angriffkriegs auf die Ukraine hat das
       Verteidigungsministerium enorm an Bedeutung gewonnen. Kanzler Olaf Scholz
       (SPD) versprach ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro, das die
       militärischen Einheiten aufrüsten sollte. Dem Geldregen wurde Lambrecht
       nicht gerecht, und aus dem Traum, die Streitkräfte zu modernisieren, wurde
       ein Albtraum.
       
       ## Union hält Rücktritt für überfälllig
       
       Mitte Dezember hatte Kanzler Scholz seine Verteidigungsministerin noch in
       Schutz genommen. „Die Bundeswehr hat eine erstklassige
       Verteidigungsministerin“, sagte Scholz damals der Süddeutschen Zeitung.
       „Über manche Kritik kann ich mich nur wundern.“ Es gehe jetzt darum, die
       Bundeswehr langfristig zu stärken und sie verlässlich mit Waffen und
       Munition auszurüsten.
       
       Jetzt will Lambrecht trotzdem hinschmeißen. Wenig überraschend hält die
       Union ihren Rücktritt für überfällig. „Der Kanzler hat zu lange an ihr
       festgehalten und muss die Unsicherheit jetzt schnell beseitigen. Das können
       vor allem die Soldaten erwarten“, sagte Unionsfraktionsvize Wadephul dem
       Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Schnell heiße, an diesem Wochenende.
       
       In der Tat stehen aktuell wichtige Entscheidungen an, bei denen das
       Verteidigungsministerium eine entscheidende Rolle spielt. Dazu gehören
       natürlich die Lieferungen von militärischem Gerät und Ausrüstung an die
       Ukraine und die Debatte [3][um die Unterstützung mit Leopard-2-Panzern]. Am
       20. Januar wollen sich die westlichen Verbündeten erneut im sogenannten
       Ramstein-Format treffen, um über weitere Lieferungen und Hilfen zu
       sprechen. Ein Pflichttermin für eine Verteidigungsminister*in.
       
       ## Wer folgt auf Lambrecht?
       
       Wer könnte Lambrecht nachfolgen? Im Gespräch ist immer wieder die
       derzeitige Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD). Auch der Name Lars Klingbeil
       fällt mehrfach. Klingbeil ist Bundesvorsitzender der SPD. Allerdings dürfte
       seine Personalie aus Paritätsgründen nicht in Frage kommen. Der
       stellvertretende FDP-Parteivorsitzende Wolfgang Kubicki stellt sogar eine
       größere Kabinettsumbildung in den Raum.
       
       Eine mögliche Neubesetzung des Verteidigungsministeriums obliege dem
       sozialdemokratischen Koalitionspartner, sagte Kubicki den Zeitungen der
       Funke Mediengruppe. „Es wäre diesmal gut, wenn dieses immens wichtige
       Ministerium von jemandem geführt wird, der das nötige Hintergrundwissen
       mitbringt.“ Er könne nicht bewerten, ob Kanzler Scholz eine größere
       Kabinettsumbildung erwäge. „Allerdings muss er auch zur Kenntnis genommen
       haben, dass manch ein sozialdemokratisch besetztes Ressort in der
       öffentlichen Wahrnehmung nicht das allerbeste Bild abgibt.“
       
       Lambrecht hatte das Verteidigungsministerium mit dem Start der
       Ampel-Regierung im Dezember 2021 übernommen. Zuvor war sie im letzten
       Kabinett von Angela Merkel (CDU) Bundesjustizministerin gewesen, nach dem
       Rücktritt von Franziska Giffey hatte sie zusätzlich das Familienministerium
       geführt.
       
       14 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Tricarico
       
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       können.