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       # taz.de -- Kampf gegen weltweite Ungleichheit: Steueroasen trockenlegen
       
       > Die soziale Schere öffnet sich immer mehr. Was tun? Große Firmen und
       > reiche Privatleute angemessen zu besteuern wäre ein guter Anfang.
       
   IMG Bild: Steigende Preise führen zu steigender Armut: Essensverteilung in Ahmedabad in Indien
       
       Die [1][weltweite Ungleichheit] nimmt permanent zu. Oxfam hat kürzlich
       ermittelt, dass sich das globale Kollektiv der Milliardäre täglich über
       weitere 2,7 Milliarden Dollar freuen kann. Umgekehrt verlieren viele
       Arbeiter: 1,7 Milliarden von ihnen leben in Ländern, wo die Inflation höher
       ist als der Lohnzuwachs.
       
       An Daten fehlt es also nicht, die den obszönen Reichtum der Reichen messen.
       Trotzdem ändert sich nichts. Dabei ist aus der Geschichte bekannt, was
       helfen würde: höhere Steuern für Firmenbesitzer und Wohlhabende. Legendär
       ist US-Präsident Franklin D. Roosevelt, der ab 1935 die
       [2][Unternehmenssteuer drastisch anhob]. Danach verringerte sich die
       Ungleichheit deutlich.
       
       Dennoch wird der umgekehrte Weg eingeschlagen: Die Steuern für Firmen
       fallen. In den 1960er Jahren lagen sie im weltweiten Durchschnitt noch bei
       fast 30 Prozent; 2020 waren es nur noch 18 Prozent. Und selbst diese
       niedrigen Raten zahlen viele Unternehmen nicht, weil sie ihre Gewinne in
       Steueroasen verschieben. Allein in Deutschland dürfte sich der Schaden
       dadurch auf rund 20 Milliarden Euro pro Jahr belaufen.
       
       Luxemburg ist ein besonders krasses Beispiel dafür, wie eine Steueroase die
       Welt bestiehlt. In dem Großherzogtum leben nur etwa 600.000 Menschen –
       aber es kommen dort jedes Jahr 62 Milliarden Dollar an Direktinvestitionen
       aus dem Ausland an. Das ist fünfmal mehr Geld, als in das große Frankreich
       geht.
       
       Dieser Steuerdiebstahl soll künftig erschwert werden. Knapp 140 Staaten
       haben sich darauf geeinigt, dass für Unternehmen eine globale Mindeststeuer
       von 15 Prozent gelten soll.
       
       Das ist ein Fortschritt, aber dieser Steuersatz ist zu niedrig. Die Gefahr
       ist groß, dass die neue Globalsteuer den Eindruck erweckt, den Firmen sei
       eine höhere Belastung nicht zuzumuten. So könnte die Reform dazu führen,
       dass die Unternehmenssteuer in den einzelnen Staaten weiter sinkt, bis sie
       ebenfalls nur noch 15 Prozent beträgt.
       
       ## Steuerflucht leichtgemacht
       
       Durch Steuersätze allein lässt sich das Problem aber nicht lösen.
       [3][Reiche Privatpersonen haben sich darauf spezialisiert, ihr Vermögen
       illegal in geheimen Briefkastenfirmen in Steueroasen zu parken]. Das
       unabhängige Tax Justice Network schätzt, dass die Spitzenverdiener weltweit
       etwa 171 Milliarden Dollar im Jahr an Steuern hinterziehen.
       
       Die Steueroasen sind meist exotische Eilande wie die Cayman-Inseln oder
       Bermuda. Doch der eigentliche Steuerraub findet in den großen Finanzzentren
       New York, London, Zürich, Amsterdam oder Luxemburg statt. Die
       Briefkastenfirmen in Panama oder auf Malta existieren nur, weil
       amerikanische und europäische Banken sie bestellt haben. Sie überweisen das
       Geld in die Steueroasen und nehmen es wieder zurück, nachdem es
       anonymisiert wurde.
       
       [4][Großbritannien organisiert etwa die Hälfte der weltweiten
       Steuerflucht]. Luxemburg, die Niederlande und die Schweiz steuern weitere
       15 Prozent bei. Insgesamt sind die Industriestaaten für 90 Prozent aller
       Gelder in den Steueroasen verantwortlich.
       
       Europa und die USA könnten die Steuerflucht sofort beenden, indem sie
       einseitig beschließen, dass ihre Banken keine Gelder mehr in die
       Steueroasen überweisen dürfen. Doch stattdessen wird der Eindruck erweckt,
       als wären die kleinen Eilande in den fernen Tropen die Sünder. Diese Lüge
       ist kein Zufall: Von ihr profitieren die Reichen.
       
       30 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrike Herrmann
       
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