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       # taz.de -- Ostafrikanische Gemeinschaft: Wackliges Bündnis
       
       > Am Gelingen der Ostafrikanischen Gemeinschaft hängt viel. Doch am Streit
       > zwischen den Kernländern droht die Regionalorganisation langsam zu
       > zerfallen.
       
   IMG Bild: Eine Gruppe Rebellen auf dem Abzug im Ostkongo, Dezember 2022
       
       Noch liegt die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) nicht im Sterben, aber
       die politisch-ökonomische Union aus Burundi, Kenia, Kongo, Ruanda,
       Südsudan, Tansania und Uganda ist im Niedergang. Das Jahr 2023 hat ganz
       schlecht begonnen. Am 24. Januar wurde ein kongolesischer Kampfjet von
       Ruanda im Grenzgebiet beschossen. Eine [1][Rebellion im Ostkongo] breitet
       sich weiter aus, Kongo wirft Ruanda deren Unterstützung vor, und Ruanda
       bezichtigt Kongo, durch ethnische Verfolgung Menschen in die Rebellion zu
       treiben.
       
       Im Kriegsgebiet steht eine EAC-Eingreiftruppe, geführt von Kenia, aber nun
       ärgern sich die Bewohner, dass sie [2][den Kämpfen kein Ende] setzt. Auch
       die ökonomische Integration ist ins Stocken geraten. Es entstehen in
       Ostafrika mehr Handelsbarrieren, als verschwinden. Kenia und Tansania
       streiten sich über Touristen: Beide beanspruchen Afrikas höchsten Berg, den
       Kilimandscharo, als den eigenen.
       
       Der Berg liegt in Tansania, aber die beste Aussicht auf ihn gibt es von
       Kenia aus, wo sich auch die besseren Hotels befinden und wo der
       Kilimandscharo besser vermarktet wird: „Erobern Sie den Kilimandscharo von
       Ihrem Schlafzimmerfenster!“. Die beiden Küstenstaaten Kenia und Tansania
       streiten sich auch um den Handel mit ihrem Binnennachbarn Uganda, über den
       Südsudan, Ruanda, Burundi und Kongo erreichbar sind.
       
       In der Amtszeit des nach innen gekehrten Präsidenten Jakawa Kikwete von
       2005 bis 2015 war Tansania regional isoliert und Uganda wählte Kenia als
       zukünftiges Transitland für den Verlauf der geplanten Ölpipeline aus Uganda
       zum Indischen Ozean. Doch 2015 kam John Magufuli an die Macht in Tansania
       und in seiner kurzen, aber hektischen Amtszeit verdrängte er Kenia: In
       Tansania gehört Grund und Boden dem Staat, anders als in Kenia, also muss
       in Tansania niemand entschädigt werden, wenn Land für eine Pipeline
       gebraucht wird.
       
       ## Wirtschaftsprojekte stecken fest
       
       Als Magufuli 2021 starb, beeilte sich Nachfolgerin Samia Suluhu, Tansanias
       Pipelinedeal mit Uganda zu unterschreiben. Mit Tansania hat Ugandas
       Präsident Yoweri Museveni alte Verbindungen: Er studierte dort und baute
       dort die Guerilla auf, an deren Spitze er 1986 die Macht in Uganda
       eroberte. Einige Jahre zuvor hatte Tansania viele Opfer gebracht, um 1979
       in Uganda zu helfen, Diktator Idi Amin zu stürzen.
       
       Nun ist Kenia beleidigt und es mehren sich Streitpunkte. Kenia wirft Uganda
       vor, Ostafrika mit Billigwaren zu überfluten: Zucker aus Brasilien,
       kostengünstige Milch und Eier – Uganda hat dank seines Klimas einen
       Wettbewerbsvorteil in der Landwirtschaft. Gemeinsame Wirtschaftsprojekte
       [3][mit Geld aus China], etwa eine kenianisch-ugandische Eisenbahnlinie,
       kommen nicht voran.
       
       Eine dauerhafte Entfremdung zwischen Kenia und Uganda wäre ein Desaster.
       1967 gründeten Kenia, Tansania und Uganda gemeinsam erstmals die EAC. Sie
       starb 1977, mit Idi Amin als Sündenbock. Als zwei Jahrzehnte später die EAC
       zum zweiten Mal aus der Taufe gehoben wurde und um Ruanda und Burundi
       bereichert wurde, gefolgt von Südsudan und schließlich Kongo, wurde daraus
       ein gigantischer Wirtschaftsblock vom Indischen bis zum Atlantischen Ozean
       mit 300 Millionen Menschen und großen Ambitionen.
       
       Aber geografisches Wachstum hat keine Vorteile gebracht. Südsudan und Kongo
       verharren in ihren Dauerkrisen. Wenn nun auch die Beziehungen zwischen den
       drei Kernländern in die Krise geraten, erodiert die Grundlage der EAC. Ein
       offener Bruch ist unwahrscheinlich, aber mit dem schwindenden Willen zur
       Integration droht eine der wichtigsten Regionalorganisationen Afrikas
       irrelevant zu werden.
       
       Aus dem Englischen Dominic Johnson
       
       29 Jan 2023
       
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