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       # taz.de -- Hitlers Machtübernahme und Sport: Fußball ’33
       
       > Schneller, als es den Nazis recht war, passten sich Sportvereine dem
       > NS-Regime an. Sie warfen ihre jüdischen Mitglieder raus – ganz
       > freiwillig.
       
   IMG Bild: Aktion #WeRemember: Bundesligateams von Borussia Dortmund und dem FC Augsburg
       
       Verzeihung, dies wird heute keine Betrachtung des Bundesligaspieltags. Es
       wird ein Rückblick. Heute ist der 30. Januar. Vor 90 Jahren wurde Adolf
       Hitler Reichskanzler.
       
       Sehr schnell, im April 1933, begrüßten etliche süddeutsche Vereine das
       [1][NS-Regime]. „Insbesondere in der Frage der [2][Entfernung der Juden]
       aus den Sportvereinen“ wollten sie dabei sein. Die Klubs kennt man heute
       noch, unter anderem: Stuttgarter Kickers, FSV Frankfurt, Eintracht
       Frankfurt, 1. FC Nürnberg, SpVgg Fürth, SV Waldhof, Bayern München, 1860
       München, 1. FC Kaiserslautern. Felix Linnemann, Präsident des Deutschen
       Fußball-Bunds seit 1925, legte den Vereinen nahe, sich bald der
       „Rassenfrage“ anzunehmen. Dafür schickte er eine Mustersatzung herum, nach
       der die „Abstammung rassenmäßig überprüft werden kann“.
       
       Zu diesem Zeitpunkt gab es kein Gesetz und keinen Erlass, wonach Juden im
       Sport nicht geduldet wären. Den Rauswurf wollten die Vereine ganz
       freiwillig. Als etwa die notorisch völkische Deutsche Turnerschaft (DT) im
       April beschloss, alle Juden aus ihren Vereinen „auszuscheiden“, da ging das
       sogar den Nazis zu schnell.
       
       Der frisch eingesetzte Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten
       monierte im Juni die „Schnelligkeit“ der Turner in dieser Frage. „Wenn es
       sich um alt angesehene Juden handelt, ist mit Vorsicht zu verfahren“,
       warnte die Behörde, man könne „im deutschen Sportleben Bestimmungen des
       Beamtengesetzes nicht in jedem Fall anwenden“.
       
       Aber die Sportler wollten schnell sein. Sehr früh dran waren die
       Berufsboxer, ihr Verband Deutscher Faustkämpfer beschloss am 4. April:
       „Sämtliche Juden, auch getaufte, sind von der Mitgliederliste zu
       streichen.“ Vier Tage später empfahl der Verband Brandenburger
       Athletik-Vereine, „jüdischen Mitgliedern das Ausscheiden nahezulegen“.
       
       Am 16. April bekundete der Bund Deutscher Radfahrer, „alle deutschstämmigen
       Radfahrer unter einem Banner“ zu vereinen, und am gleichen Tag tat der
       Deutsche Schwimm-Verband stolz kund, er habe sich „zum Arierprinzip
       bekannt“. Am 23. April folgte der Deutsche Tennisbund, der die „Aufstellung
       von Nichtariern für repräsentative Spiele“ nicht mehr erlaubte. Im Juli
       beteuerte der Großdeutsche Schachbund, es sei doch „selbstverständlich,
       dass der Arierparagraph durchgeführt“ wird.
       
       Fußball wurde übrigens auch gespielt. Deutscher Meister wurde am 11. Juni
       1933 Fortuna Düsseldorf, die den Schalke 04 vor 60.000 Zuschauern in Köln
       mit 3:0 besiegte. Schalkes Trainer Kurt Otto wurde danach entlassen.
       
       30 Jan 2023
       
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