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       # taz.de -- Kampf um Lützerath: Nicht die letzte Schlacht
       
       > Die Klimabewegung geht geeint und gestärkt aus der Räumung. Wichtig, denn
       > solange der Kapitalismus existiert, muss Klimaschutz mühsam erkämpft
       > werden.
       
   IMG Bild: Zurück bleiben nicht nur Trümmer: Überbleibsel der Räumung
       
       [1][Lützerath ist geräumt] – am Montag verließen die letzten beiden
       Aktivist:innen freiwillig das Dorf. „[2][Pinky und Brain]“, so ihre
       Decknamen, hatten sich tagelang in einem selbstgebauten Tunnelsystem
       versteckt, aus dem sie trotz größter Anstrengungen von Polizei und RWE
       nicht geräumt werden konnten. Über der Oberfläche haben RWEs Bagger den Ort
       fast komplett dem Erdboden gleichgemacht.
       
       Auch wenn die Räumung deutlich schneller und brutaler voranschritt als
       zunächst erwartet, zeigte die [3][Großdemonstration am Samstag], dass
       Lützerath den Kampfgeist der Klimabewegung neu entfacht hat. Nicht nur
       wegen der hohen Beteiligung von 35.000 Menschen, sondern vor allem der
       Entschlossenheit, mit der die Demonstrant:innen trotz Matsch und Regen
       Polizeiketten durchbrachen, um zum belagerten Dorf zu gelangen.
       
       Der Kampf um Lützerath hat Aktivist:innen aus unterschiedlichsten
       Kontexten und Aktionsformen vereint: bürgerlich-christliche Aktivist:innen,
       wie etwa [4][„Die Kirchen im Dorf lassen“] leisteten gemeinsam mit
       Öko-Anarchist:innen zivilen Ungehorsam. Auch zahlreiche Antifa-Gruppen
       reisten zur Demo am Samstag an. In vielen Städten gab es zudem ungehorsame
       Solidaritätsaktionen wie die Besetzung von Robert Habecks Wahlkreisbüro in
       Flensburg.
       
       Noch wichtiger ist, dass man den Grünen ihre als „Kompromiss“ getarnte
       Politik, die allein der [5][Wunscherfüllung des fossilen Kapitals] dient,
       nicht durchgehen lassen hat. Eine kritische Masse hat die Ernsthaftigkeit
       der Klimakrise erkannt und lässt sich nicht von leeren Versprechungen, wie
       einem vorgezogenen Kohleausstieg abspeisen, während in der Gegenwart immer
       noch keine ernstzunehmenden Maßnahmen ergriffen werden, um CO2-Ausstoß oder
       die Zerstörung von artenreichen Lebensräumen zu verringern.
       
       ## Grüner Kapitalismus ist keine Zukunft
       
       Der „Grüne Kapitalismus“ für den die Grünen stehen, kann nicht
       funktionieren, auch das zeigt Lützerath. Denn die Frage, ob man angesichts
       der Klima- und Energiekrise nicht einfach den Energieverbrauch hätte
       reduzieren können, anstatt noch mehr klimaschädliche Kohle abzubaggern,
       wurde zu keinem Punkt ernsthaft diskutiert – denn das könnte ja das
       Wirtschaftswachstum gefährden.
       
       Wie geht es nun weiter? Im medialen Schatten von Lützerath gibt es noch
       eingige weitere Waldbesetzungen in Deutschland. Zum Beispiel der
       [6][„Heibo“] in der Nähe von Dresden. Dort versuchen Aktivist:innen die
       Heidebogen genannte artenreiche Naturlandschaft vor der Zerstörung durch
       ein Kieswerk zu verhindern. Der Kies wird benötigt, um den
       [7][kapitalgetriebenen Bauboom] in den Städten zu ermöglichen.
       
       Ab 23. Januar soll die Besetzung geräumt werden. Genug Zeit also noch, um
       den Aktivist:innen einen Besuch abzustatten. Am Mittwoch gibt es dazu
       einen Infoabend in der Keimzelle. Neben einem Vortrag zur aktuellen
       Situation im Wald wird es auch Verpflegung in Form einer Küche für Alle
       geben (Mittwoch, 18. Januar, 19 Uhr, Rigaer Straße 94, An der Tür klopfen).
       
       Wenige Tage später veranstalten die Besetzer:innen ein
       [8][Skillshare-Wochenende] im Wald. Dort kann man lernen, wie man sicher
       klettert, Baumhäuser besetzt und Barrikaden baut, oder sonst noch bei der
       Räumung hilfreich sein kann (Freitag, 20. Januar bis Sonntag, 22. Januar,
       [9][Details zur Anreise auf der Website]).
       
       ## Großdemo für Agrarwende
       
       Ebenso dringend benötigt wie die Energie, Verkehrs- und Bauwende wird auch
       die Agrarwende. Industrielle Tierhaltung und Landwirtschaft stößt Unmengen
       an CO2 aus und trägt zur Zerstörung zahlreicher Ökosysteme in Deutschland
       und im globalen Süden bei. Das [10][„Wir haben es satt“] – Bündnis setzt
       sich seit Jahren für eine ökologisch gerechte Landwirtschaft ein. Hingucker
       auf der Großdemo am Samstag werden wieder die zahlreichen
       Öko-Landwirt:innen sein, die sich mitsamt Trecker auf den Weg nach Berlin
       machen, um durch das Regierungsviertel zu fahren (Samstag, 21. Januar, 12
       Uhr, Brandenburger Tor).
       
       Als Warm-Up wird es am Vorabend auch wieder eine [11][„Schnippel-Disko“] im
       Festsaal Kreuzberg geben, bei der gemeinsam gerettetes Gemüse zur
       Demoverpflegung verarbeitet wird. Nebenbei werden Vorträge gehalten, im
       Anschluss gibt es tanzbare elektronische Musik (Freitag, 20. Januar, 18
       Uhr, Am Flutgraben 2).
       
       Unterdessen hat leider auch der Rest der Welt nicht aufgehört, ein
       ungerechter Misthaufen zu sein. Russland führt seinen Angriffskrieg auf die
       Ukraine trotz horrender Verluste mit [12][gnadenloser Brutalität] fort.
       Faschismus und imperialistische Ambitionen gehen bei diesem Krieg Hand in
       Hand. Seit Kriegsbeginn werden die demokratische Oppisition und
       marginalisierte Gruppen härter unterdrückt denn je, während organisierte
       Rechtsextremist:innen, wie in etwa in der [13][Söldnergruppe Wagner], immer
       mehr an Einfluss gewinnen.
       
       Diese Dynamik ist in Russland nicht neu. Bereits 2009 wurden der
       regimekritische Aktivist Stanislaw Markelow und die linke Journalistin
       Anastasia Baburova von Neonazis ermordet. Zum Todestag der beiden findet am
       Donnerstag eine [14][antifaschistische Demonstration zur russischen
       Botschaft] statt (Donnerstag, 19. Januar, 18 Uhr, Friedrichstraße 176–179).
       
       17 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Klimaprotest-in-Luetzerath/!5908742
   DIR [2] /Tunnel-in-Luetzerath/!5908646
   DIR [3] /Proteste-gegen-die-Raeumung-von-Luetzerath/!5906173
   DIR [4] https://www.kirchen-im-dorf-lassen.de/
   DIR [5] /Polizeigewalt-in-Luetzerath/!5906163
   DIR [6] https://heibo.noblogs.org/
   DIR [7] /Die-Oekologie-des-Bauens/!5758484
   DIR [8] https://heibo.noblogs.org/2023-01-16/skillshare-wochenende-vom-20-22-01/
   DIR [9] https://heibo.noblogs.org/mitmachen/anreise/
   DIR [10] https://wir-haben-es-satt.de/informieren/route/
   DIR [11] https://wir-haben-es-satt.de/informieren/route/
   DIR [12] /-Nachrichten-im-Ukrainekrieg-/!5908734
   DIR [13] /Krieg-in-der-Ukraine/!5841496
   DIR [14] https://stressfaktor.squat.net/node/274303
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Wahmkow
       
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