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       # taz.de -- Union will Klima-Protest erschweren: Fachleute gegen härtere Strafen
       
       > Forderungen der Union, die Letzte Generation härter zu bestrafen, waren
       > Thema im Rechtsausschuss des Bundestags. Jurist*innen wendeten sich
       > dagegen.
       
   IMG Bild: Nach der Räumung von Lützerath protestiert die Letzte Generation am 17. Januar in Köln
       
       Berlin epd | In einer Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestages hat
       sich die Mehrheit der geladenen Expert*innen gegen schärfere Strafen für
       [1][Straßenblockaden] und [2][Beschädigungen von Kunstwerken] bei
       Klima-Protesten ausgesprochen. Der Rechtsstaat bewähre sich gerade dadurch,
       dass er kein Sonderstrafrecht für Aktivist*innen brauche, sondern das
       geltende Recht funktioniere, erklärte die Leipziger Strafrechtsprofessorin
       Katrin Höffler in der Anhörung am Mittwoch.
       
       Clemens Arzt, Experte für Polizei- und Versammlungsrecht, warnte davor,
       Proteste von Gruppen wie [3][der „Letzten Generation“] als radikal zu
       brandmarken und aus dem Schutzbereich des Versammlungsrechts zu verdrängen.
       
       Die Expert*innen waren aufgefordert, einen Antrag der Union zu bewerten,
       der Konsequenzen aus den Protesten der Klimabewegung „Letzte Generation“
       fordert. CDU und CSU fordern darin, „Bürgerinnen und Bürger besser vor
       mutwilligen Blockaden öffentlicher Straßen zu schützen“.
       
       Konkret verlangt die Oppositionsfraktion unter anderem, die Strafen bei
       Tatbeständen wie dem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr oder der
       Behinderung von hilfeleistenden Personen anzuheben oder mit Mindeststrafen
       von drei Monaten Freiheitsstrafe zu belegen.
       
       ## Harte Kritik auch von Republikanischen Anwält*innen
       
       Von der Union berufene Sachverständige von der Vereinigung „Weißer Ring“
       und von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) unterstützten den Antrag.
       Es könne nicht sein, dass eine Gruppe mit einer noch so
       anerkennungswürdigen Haltung wie dem Klimaschutz Straftaten rechtfertige,
       sagte Patrick Liesching, Bundesvorsitzender vom „Weißen Ring“, der sich für
       die Interessen von Kriminalitätsopfern einsetzt.
       
       Die stellvertretende DPolG-Bundesvorsitzende Sabine Schumann sagte, die
       hohe Inanspruchnahme der Polizei und anderer Einsatzkräfte sei
       unverantwortlich und schade der inneren Sicherheit.
       
       Auch der Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Sven Hübner,
       verwies auf die hohe Belastung durch radikale Formen bei Klimaprotesten.
       Allein in Berlin seien im Zusammenhang mit der Bewegung „Letzte Generation“
       bislang 233.000 Einsatzstunden geleistet, 756 Tatverdächtige festgestellt
       und 2.700 Strafanzeigen gestellt worden. Er lehnte eine
       Strafrechtsverschärfung aber ab. Es bestehe keine Gesetzeslücke, sagte er
       mit Verweis auf bereits ergangene Urteile gegen Aktivisten. Der geforderte
       bessere Schutz vor Blockaden lasse sich durch eine Anpassung der
       Strafrechtsnormen nicht erreichen.
       
       Ähnlich argumentierten auch andere von SPD, Grünen, FDP und Linken berufene
       Sachverständige. Der frühere Richter am Bundesgerichtshof, Thomas Fischer,
       sagte, er halte das Anliegen des Antrags für plausibel. Er sei aber nicht
       geeignet, das Ziel zu verwirklichen.
       
       Anwaltsvertreter warnten davor, mit Strafrecht an einer Stelle zu
       reagieren, wo eher politischer Dialog geboten sei. Der Antrag ziele auf
       eine bestimmte politische Bewegung ab, sagte Stefan Conen vom Deutschen
       Anwaltverein. Er könne „nur abraten von hektischer Gesetzgebung“. Adrian
       Furtwängler vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein sprach von
       einer „gefährlichen Einzelfallgesetzgebung“, der darauf abziele, eine
       bestimmte politische Bewegung härter zu bestrafen.
       
       Diesen Vorwurf wiesen Vertreter der Unionsfraktion im Ausschuss zurück.
       Dass ihr Antrag bei der abschließenden Beratung im Bundestagsplenum eine
       Mehrheit erhält, ist aufgrund der Mehrheit der Ampel-Fraktionen
       unwahrscheinlich.
       
       18 Jan 2023
       
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