# taz.de -- Medien-Recherche über Pushbacks: Asylsuchende auf Fähren eingesperrt
> Geflüchtete sollen auf Schiffen auf dem Mittelmeer gefangen gehalten
> werden. Internationale Medien berichten, sie würden nach Griechenland
> gebracht.
IMG Bild: Auf Fähren verschleppt? Migrant:innen in einem Holzboot südlich von Italien im Sommer 2022
Brüssel epd | Asylsuchende werden einem Medienbericht zufolge offenbar auf
Fähren im Mittelmeer gefangen gehalten, um sie von Italien aus nach
Griechenland zurückzubringen. Laut einer gemeinsamen Recherche des
ARD-Politikmagazins Monitor mit internationalen Medien hatten sie zuvor
keine Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen. Unter den Betroffenen waren
demnach auch Kinder. Kirchenvertreter reagierten besorgt auf den Bericht.
Im Rahmen der Recherche-Kooperation sei es erstmals gelungen, die Existenz
provisorischer Gefängnisse auf den Passagierschiffen nachzuweisen, hieß es.
Darunter sei auch ein Ort, an dem mindestens ein Flüchtling mit
Handschellen festgekettet worden sei. Auch ein enger Metallschaft,
ausgelegt mit Kartons, sei gefunden worden. Laut Geflüchteten und
Hilfsorganisationen würden Schutzsuchende teilweise ohne ausreichende
Verpflegung oder Zugang zur Toilette auf dem Weg zurück nach Griechenland
festgehalten. Eine Überfahrt könne mehr als 30 Stunden dauern.
Das namentlich nicht genannte Fährunternehmen bestreite auf Anfrage
jegliche Vorwürfe, hieß es. Fährmitarbeiter hätten jedoch die Existenz
solcher Räume bestätigt. Das italienische Innenministerium habe auf Anfrage
keine Stellung bezogen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte Italien bereits
2014 verurteilt, weil Italien rechtswidrig Asylsuchende, die als blinde
Passagiere auf Schiffen ins Land gekommen waren, zurück nach Griechenland
geschickt hatte, ohne dass sie diese die Möglichkeit hatten, in Italien
einen Asylantrag zu stellen ([1][sogenannte Pushbacks]).
Kirchenvertreter äußerten sich angesichts der Recherchen besorgt. „Wir
stellen zunehmend fest, dass die Grundrechte von Flüchtlingen und Migranten
mit Füßen getreten werden, wenn Staaten sie [2][an den Außengrenzen
zurückschieben] oder zwischen EU-Staaten hin- und herschieben“, sagte
Torsten Moritz, Generalsekretär der Kommission der Kirchen für Migranten in
Europa (CCME), dem evangelischen Pressedienst (epd).
Die Leiterin des Brüsseler Büros der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD), Katrin Hatzinger, sagte, diese menschenunwürdige Praxis widerspreche
zutiefst den Werten der EU. Die EU-Kommission sei gefragt, Italien und
Griechenland gegenüber aktiv zu werden und die Verletzung der EU-Verträge
unmissverständlich zu rügen.
19 Jan 2023
## LINKS
DIR [1] /Schwarzbuch-ueber-Pushbacks/!5897144
DIR [2] /Die-Rolle-von-Frontex-im-Grenzregime/!5900343
## TAGS
DIR Mittelmeer
DIR Schwerpunkt Flucht
DIR Menschenrechte
DIR Asylsuchende
DIR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
DIR Pushbacks
DIR Geflüchtete
DIR Griechenland
DIR Nancy Faeser
DIR Seenotrettung
DIR Kyriakos Mitsotakis
DIR Serbien
DIR Schwerpunkt Flucht
DIR Schwerpunkt Flucht
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Bootsunglück im Ionischen Meer: Katastrophe mit Ansage
Mindestens 78 Menschen kommen ums Leben, als in der Nacht zu Mittwoch ein
überladenes Fischerboot mit Flüchtlingen und Migranten untergeht.
DIR Umstrittene Asylreform: Horst Seehofer gefällt das
Bundesinnenministerin Nancy Faeser will die Chancen Geflüchteter auf Asyl
schon an den EU-Außengrenzen prüfen lassen. Die Grünen sind uneins.
DIR Menschenrechtsverein gibt auf: Nicht helfen und nicht helfen lassen
Der Verein Mare Liberum hat Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Nun
gab er seine Auflösung bekannt. Repression verunmögliche die Arbeit.
DIR Flucht und Migration über Griechenland: Steigende Zahlen, negativer Trend
Die von der konservativen Regierung beschworene Festung Griechenland wird
durchlässiger. Es kommen deutlich weniger Menschen an als 2015.
DIR Migranten an Ungarns Grenze: Vor den Zäunen
Migranten wollen über die serbisch-ungarische Grenze in die EU kommen.
Menschen wie Nicolai Kißling versuchen zu helfen, können aber nur wenig
tun.
DIR Europas Grenzschutz: Der Neue bei Frontex
Der Niederländer Generalleutnant Leijtens soll die Grenzschutzbehörde
leiten. Sein Vorgänger trat wegen eines Pushback-Skandals zurück.
DIR Schwarzbuch über Pushbacks: Gewalt statt Menschenrecht
An EU-Außengrenzen weisen Behörden illegal Menschen ab, zeigen Berichte.
Das Ausmaß sogenannter Pushbacks stellt ein neues Schwarzbuch dar.