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       # taz.de -- Haushaltsstreit in den USA: Republikanische Erpressung
       
       > Die USA haben erneut die künstliche Schuldenobergrenze erreicht. Und
       > wieder wollen die Republikaner nur gegen Kürzungen einer Erhöhung
       > zustimmen.
       
   IMG Bild: Die aktuelle politische Lage in Washington macht ein schnelles Handeln äußerst unwahrscheinlich
       
       Washington taz | Kaum sind die Republikaner im US-Repräsentantenhaus wieder
       an der Macht, kehren alte Probleme zurück. Wie schon so oft [1][in der
       Vergangenheit] geht es auch dieses Mal wieder um die Staatsverschuldung. Am
       Donnerstag erklärte US-Finanzministerin Janet Yellen, dass die Vereinigten
       Staaten ihre Schuldenobergrenze erreicht hätten. Um einen bevorstehenden
       Staatsbankrott abzuwenden, müsse die Obergrenze schnellstmöglich angehoben
       werden.
       
       „Ich dränge den Kongress hochachtungsvoll dazu, rasch zu handeln, um das
       volle Vertrauen und die Bonität der Vereinigten Staaten zu sichern“,
       schrieb Yellen in einem Brief an den US-Kongress.
       
       Doch die aktuelle politische Lage in Washington macht ein schnelles Handeln
       in dieser Angelegenheit äußerst unwahrscheinlich. Da nur der US-Kongress
       dazu befugt ist, die Schuldenobergrenze anzuheben, benötigt die Regierung
       um Präsident Joe Biden die Hilfe der Republikaner. Diese wollen im Gegenzug
       für ihre Unterstützung allerdings Zugeständnisse von demokratischer Seite,
       insbesondere [2][Ausgabenkürzungen], die vor allem die soziale Sicherheit
       betreffen würden.
       
       Aktuell sind die Seiten verhärtet. Der kalifornische Abgeordnete [3][Kevin
       McCarthy], der erst nach einem Wahlkrimi mit 15 Akten zum neuen Sprecher
       des US-Repräsentantenhauses gewählt wurde, ist zwar bereit zu
       Verhandlungen, doch nur wenn die Biden-Regierung sich auf
       Haushaltskürzungen einlassen würde. Diese lehnt dies jedoch kategorisch ab.
       
       ## Schuldenobergrenze: Ein republikanischer Dauerbrenner
       
       „Wir werden darüber einfach nicht verhandeln“, sagte Karine Jean-Pierre,
       die Sprecherin im Weißen Haus, bereits am Mittwoch. Die Republikaner
       sollten sich in dieser Situation in der Verantwortung sehen, erklärte sie.
       
       Die aktuelle Schuldenobergrenze der Vereinigten Staaten liegt bei 31,4
       Billionen Dollar. Es ist nicht das erste Mal, dass die USA diese künstlich
       per Gesetz festgelegte Obergrenze erreicht haben. Seit 1960 hat der
       Kongress die Schuldenobergrenze fast 80-mal angehoben, kurzfristig
       verlängert oder komplett ausgesetzt, zuletzt geschah [4][vor gut einem
       Jahr].
       
       Der Kampf um die Anhebung der Schuldenobergrenze ist spätestens seit den
       Obama-Jahren zu einem politischen Steckenpferd der Republikaner geworden.
       Als sich im Jahre 2011 die Mitglieder der konservativen “Tea
       Party“-Bewegung innerhalb der republikanischen Party dafür aussprachen, nur
       dann für eine Erhöhung der Obergrenze zu stimmen, wenn sich die
       Obama-Regierung dazu verpflichten würde, das Staatsdefizit zu senken oder
       die Verfassung zu ändern, kam es zu einer handfesten Krise.
       
       Wie auch in diesem Jahr wurde damals das Kreditlimit ausgeschöpft und das
       Finanzministerium musste „außerordentliche Maßnahmen“ einleiten, um einen
       Staatsbankrott zu verhindern. Bereits vergangene Woche erklärte
       US-Finanzministerin Yellen, dass ihr Ministerium erneut zu diesen Maßnahmen
       greifen werde.
       
       ## Finanzministerin verschafft Zeitgewinne bis Juni
       
       Damit ist das Problem zwar nicht gelöst, aber die Zahlungsunfähigkeit der
       USA ist bis Juni aufgeschoben, sodass Kongress und Regierung bis dahin Zeit
       haben, um zu einer Einigung zu kommen. Gelingt das nicht und weigern sich
       die Republikaner, die Obergrenze anzuheben, könnten die USA ihre Schulden
       nicht mehr begleichen.
       
       Dazu ist es noch nie gekommen. Doch auch ein langwieriger
       Verhandlungsprozess könnte der US-Wirtschaft einen langfristigen Schaden
       zufügen. Verunsicherte Märkte, Kurseinbrüche an den Börsen und eine
       Herabstufung der Bonität, das waren die Folgen des politischen
       Schlagabtausches in den USA vor 12 Jahren. Es dauerte Monate, bis sich das
       Land von diesem Schock erholen konnte.
       
       Eine komplette Zahlungsunfähigkeit hätte gravierende Folge, warnt das
       US-Justizministerium. „Es würde eine neue Finanzkrise herbeiführen, sowie
       die Arbeitsplätze und Ersparnisse aller Amerikaner gefährden. Die USA
       würden umgehend in ein wirtschaftliches Loch gestoßen werden, von dem sich
       das Land gerade erst versucht zu erholen“, so das Ministerium.
       
       Doch vielleicht auch gerade wegen dieser schwerwiegenden Folgen glauben
       noch immer viele Experten, dass am Ende ein Deal zur Anhebung der
       Schuldenobergrenze ausgehandelt werden wird. „Nein, ich würde mir keine
       Sorgen über eine Finanzkrise machen. Es ist wichtig, sich daran zu
       erinnern, dass Amerika in seiner Geschichte noch nie im Zahlungsverzug war.
       Das hat es noch nie gegeben und wird es auch nie geben“, erklärte der
       republikanische Senator Mitch McConnell.
       
       20 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Streit-um-US-Schuldengrenze/!5060456
   DIR [2] https://www.politico.com/news/2023/01/13/house-gop-government-spending-goals-00077762
   DIR [3] /Sprecher-des-US-Repraesentantenhauses/!5907215
   DIR [4] /US-Kongress-hebt-Schuldenobergrenze-an/!5822470
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hansjürgen Mai
       
       ## TAGS
       
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