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       # taz.de -- Russland und die Wahl Trumps: Sieben Jahre Fake News
       
       > Dass Trump aufgrund russischer Einflussnahme Präsident geworden sei, ist
       > nicht bewiesen. „Russiagate“ war vielmehr ein Ablenkungsmanöver.
       
   IMG Bild: Offenbar doch keine russische Einflussnahme beim Wahlkampf zwischen Trump und Clinton 2016
       
       Es ist amtlich: [1][„Russiagate“] war ein Schwindel. Mich hat diese
       bedeutende Enthüllung nicht besonders froh gestimmt. Seit sieben Jahren
       werden wir mit Fake News gefüttert und von den tiefgreifenden Veränderungen
       abgelenkt, von der Krise des Neoliberalismus und der damit einhergehenden
       Krise der Demokratie – und von dem seit fast einem Jahr laufenden
       verheerenden Krieg in der Ukraine. Aber ich versuche mir einzureden, dass
       damit zumindest endlich die Hohlheit und Verlogenheit der Politik der
       Demokratischen Partei entlarvt ist.
       
       Die Twitter-Dokumente beweisen, dass es zwischen FBI und der Demokratischen
       Partei einerseits und Twitter und den liberalen Nachrichtenmedien auf der
       anderen enge Absprachen gegeben hat. Vermutlich lief es mit anderen
       Social-Media-Giganten genauso, um Inhalte zu unterdrücken, die
       möglicherweise von russischer Seite beeinflusst waren.
       
       Die Demokraten propagierten wissentlich den Russiagate-Schwindel, um die
       Wahlen von 2016 zu diskreditieren. Russiagate hatte einen doppelten Zweck:
       die unerklärliche Popularität von Trump zu erklären (die Forderung nach
       „Jobs, Jobs, Jobs!“ kommt eindeutig nicht bei Elitedemokraten an) sowie
       alles zu unterdrücken, was Joe Bidens Sieg 2020 gefährdet hätte.
       
       Jetzt konnte man in der Washington Post [2][lesen]: „Russische Trolle auf
       Twitter hatten 2016 wenig Einfluss auf die Wähler.“ Der Artikel zitiert
       eine Studie des New York University Center for Social Media and Politics.
       Sie konnte „minimale Auswirkungen russischer Einflussnahme auf Twitter im
       Wahlkampf zwischen Clinton und Trump“ nachweisen.
       
       ## Keine Beweise, aber verworrene Verschwörungstheorien
       
       [3][Trump ist nicht wegen russischer Einflussnahme Präsident geworden],
       schon gar nicht, weil er von Putin erpresst wurde. Überflüssig, dass die
       Washington Post, die New York Times oder der New Yorker Fehlverhalten
       zugeben: Der Mueller-Report von 2019 fand keine Beweise dafür, dass Trumps
       Wahlkampagne mit Russland koordiniert war, um die Wahl von 2016 zu
       beeinflussen. Aber als der Mueller-Report herauskam, wurden die der
       Demokratischen Partei nahestehenden Medien erwischt, wie sie die Geschichte
       in noch verworrenere Verschwörungstheorien verdrehten.
       
       In diesem Prozess wurde nicht nur die Demokratie untergraben, er hatte auch
       weitreichende Konsequenzen für die Weltpolitik: Die Geschichten über
       „heimliche Koordination mit Russland“ haben die Spannungen zwischen den
       beiden mächtigsten nuklear bewaffneten Nationen der Welt verschärft – und
       jetzt haben wir den Ukraine-Krieg mit Putin als perfektem Bösewicht, dem
       wir uns stellen müssen.
       
       ## Russiagate war ein Ablenkungsmanöver
       
       Aber wenn man sich für die Zukunft des Kampfes für den Sozialismus
       interessiert, war Russiagate (zusammen mit der Angstmacherei vor dem
       Faschismus) ein Ablenkungsmanöver. Dieser Kampf wird nicht von
       Status-quo-Parteien, schon gar nicht von der Linken (nicht einmal Sahra
       Wagenknecht!) geführt, sondern nur von einer internationalistischen
       proletarisch-sozialistischen Partei, die darauf abzielt, die Staatsmacht in
       den USA an sich zu reißen – zusammen mit gleichgesinnten Parteien in
       anderen Ländern.
       
       Ich würde lieber darüber streiten, was sie tun könnte, anstatt darüber,
       welche der inkompetenten und verantwortungslosen Parteien der herrschenden
       Klasse bei den nächsten Wahlen als das kleinere Übel unterstützt werden
       sollte.
       
       Jetzt, da eine postneoliberale Welt Gestalt anzunehmen beginnt, besteht die
       Aufgabe darin, wachsam gegenüber neuen politischen Initiativen zu werden
       und zu sehen, welche Möglichkeiten, wenn überhaupt, diese neue Weltordnung
       für den Kampf für den Sozialismus bieten kann.
       
       Aus dem Englischen von Stefan Schaaf
       
       5 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kommentar-Trump-und-Russiagate/!5579991
   DIR [2] https://www.washingtonpost.com/politics/2023/01/09/russian-trolls-twitter-had-little-influence-2016-voters/
   DIR [3] /Facebook-und-Cambridge-Analytica/!5492782
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Laurie Rojas
       
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