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       # taz.de -- Verschmutzter Fluss Drina: Müllberge im Wasser
       
       > Zwischen Montenegro, Serbien und Bosnien ist der Fluss Drina durch
       > Abfälle massiv verschmutzt. Eine Strategie dagegen? Fehlt bislang.
       
   IMG Bild: Smaragdgrün und voller Unrat: die Drina im Osten Bosniens
       
       Split taz | Was sich in den letzten Tagen und Wochen an der Drina
       abgespielt hat, ist eigentlich nicht mehr zu fassen. Berge von Müll wälzen
       sich einen der landschaftlich schönsten und geschichtsträchtigsten Flüsse
       Europas herunter. Wenn rostige Fässer, Altreifen, Treibholz, Kühlschränke
       und Zehntausende von Plastikflaschen kilometerweit das eigentlich
       smaragdgrün schimmernde Wasser des Flusses bedecken, dann müsste doch den
       Menschen in der Region der Kragen platzen.
       
       Tut es aber offensichtlich nicht. Nur einige wenige Umweltaktivisten
       schlagen Alarm. Das ökologische Desaster wird ansonsten klaglos
       hingenommen. Man zuckt mit den Achseln. Was sollen wir denn tun, heißt das
       wohl.
       
       Der immerhin [1][346 Kilometer lange Fluss] entspringt in den schwarzen
       Bergen Montenegros, führt über den Süden von Bosnien und Herzegowina nach
       Serbien, wo er schließlich in der Sava und damit in der Donau bei Belgrad
       mündet. Die Montenegriner schmeißen ihren Müll in die Nebenflüsse, obwohl
       sie sich selbst dabei schädigen, also einen Teil ihrer Existenz gefährden.
       
       ## Mülldeponien sind viel zu klein
       
       Denn Zehntausende von Touristen haben den wunderbaren Tarafluss, einen
       Nebenfluss der Drina, und dessen Schluchten und Wasserfälle im Sommer für
       Wildwasser-Rafting-Touren entdeckt. Die Touristen streben aber keineswegs
       danach, ihre Paddeltrips im Müll enden zu lassen. Auch in Bosnien mündet
       der Haus- und Industriemüll größtenteils im Fluss, die noch aus der
       sozialistischen jugoslawischen Zeit stammenden Mülldeponien sind viel zu
       klein.
       
       Vor mehr als 30 Jahren gab es aber noch keinen Plastikmüll. Die
       nationalistischen Verwaltungen sind also heillos damit überfordert, Abhilfe
       zu schaffen – und wollen das offenbar auch gar nicht. Denn das Drinatal
       gehört größtenteils zur Republika Srpska, dem serbisch dominierten Teil
       Bosnien und Herzegowinas. [2][Er wird von rabiaten Nationalisten
       beherrscht], die zu offenbar keiner rationalen Diskussion fähig sind. Neun
       Gemeinden gehören zur serbischen Teilrepublik, Goražde zur
       bosniakisch-kroatischen Föderation.
       
       Bisher ist es den Gemeinden nicht gelungen, eine gemeinsame Strategie gegen
       den Müll zu entwickeln. Als vor dreizehn Jahren moderate Politiker wie der
       damalige serbische Bürgermeister von Foča, Zdravko Krsmanović, und sein
       bosniakischer Kollege Muhamed Ramović in Goražde, ein gemeinsames Konzept
       für die Region entwickelten und die Finanzierung eines
       Müllbeseitigungskonzepts für die gesamte Region vorlegten, wurden sie von
       dem Präsidenten des serbischen Teilstaates, Milorad Dodik, auf das
       Heftigste bekämpft.
       
       Damit gingen der Region Investitionen von 80 Millionen Euro, die von der
       EU, der Weltbank und anderen Institutionen zugesagt waren, verloren. Wäre
       das Konzept damals angenommen worden, hätte man heute weniger Probleme mit
       dem Müll. Der schon in Bosnien mächtige Fluss hat sich tief in das Gebirge
       eingegraben. Das fruchtbare Flusstal mit seinem milden Klima bildet mit den
       Städtchen Foča, Goražde und Višegrad laut internationalen
       Tourismusunternehmen eine reizvolle Landschaft, die „großes touristisches
       Potenzial“ besitzt.
       
       ## Vermülltes „nationales Denkmal“
       
       Denn das Kernstück der Sehenswürdigkeiten ist die von den Osmanen erbaute
       berühmte Brücke über die Drina. Pasha Mehmed Sokolović, selbst aus der
       Region stammend, hat diese Brücke ab 1571 errichten lassen. Sie ist so
       stabil gebaut, dass sie bis heute alle Überschwemmungen, Hochwasser,
       Erdbeben und auch Kriege unbeschadet überstanden hat. Und offenbar auch in
       der Lage ist, die Müllmassen durch ihre Pfeiler zu schleusen. Vielleicht
       dämmert es der serbischen Seite, dass sie mit ihrer Müllpolitik gescheitert
       ist.
       
       Denn serbische Nationalisten haben die Geschichte der Brücke und den
       bosnischen Literaturnobelpreisträger Ivo Andrić mit seinem Roman [3][„Die
       Brücke über die Drina“] für sich vereinnahmt und sogar einen neuen
       Stadteil, Adrićgrad, gebaut. Ein vermülltes „nationales Denkmal“ macht sich
       da nicht so gut.
       
       Immerhin: Vielleicht ist das ja der Grund, warum es am Montag gelungen ist,
       Verhandlungen zwischen Montenegro, Bosnien und Herzegowina und Serbien
       einzuleiten.
       
       6 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Erich Rathfelder
       
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