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       # taz.de -- Tote bei Razzia im Westjordanland: Eskalation in kleinen Schritten
       
       > Bei einer israelischen Razzia in einem Flüchtlingslager bei Jericho
       > werden fünf Palästinenser getötet. Der Konflikt im Nahen Osten verschärft
       > sich.
       
   IMG Bild: Ein Palästinenser zeigt leergeschossene Patronenhülsen nach Israels Razzia bei Jericho
       
       Tel Aviv taz | Bei einer Razzia des israelischen Militärs im
       Flüchtlingslager Aqabat Jaber in der Nähe von Jericho sind mindestens fünf
       Palästinenser*innen getötet worden. Nach Angaben der
       Hilfsorganisation Roter Halbmond behinderten israelische Soldat*innen
       die palästinensischen Sanitäter daran, in das Flüchtlingslager zu gelangen.
       Die radikale Palästinenserorganisation Hamas verurteilte den Einsatz als
       „abscheuliches Massaker“.
       
       Ziel der Razzia war laut Militärangaben, die Palästinenser*innen zu
       finden, die vor einer Woche einen Angriff auf ein Restaurant geplant
       hatten. Zwei bewaffnete Palästinenser hatten das Feuer auf ein von Siedlern
       besuchtes Restaurant in der Nähe von Jericho eröffnet. Nach dem ersten
       Schuss hatte sich jedoch das Gewehr verklemmt und die beiden waren im Auto
       Richtung Jericho geflohen.
       
       Das israelische Militär hatte daraufhin einen Checkpoint eingerichtet.
       „Neun Tage lang konnten wir kaum aus der Stadt rein- und herauskommen“,
       erzählt Wiam Erekat, die Leiterin der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit
       und Kultur der Jerichoer Stadtverwaltung: „Bis zu sieben Stunden mussten
       wir warten, um zurück in die Stadt zu kommen.“ Der Checkpoint ist
       mittlerweile wieder geöffnet.
       
       Israels Militär und Geheimdienst gehen davon aus, dass die zwei Attentäter
       aus der vergangenen Woche zu einer größeren, der Hamas nahestehenden
       bewaffneten Gruppe im Flüchtlingslager Aqabat Jaber gehören.
       
       ## Razzien des Militärs, Attentate der Palästinenser
       
       Vor zwei Tagen war das Militär zum ersten Mal in die Stadt eingedrungen, in
       der Nacht auf Montag zum zweiten Mal. Laut Militärangaben seien unter den
       Getöteten auch die Attentäter aus der vorigen Woche. Ihre Leichen befinden
       sich derzeit in der Hand des Militärs.
       
       Für Erekat war es ein Schock, Jericho als Geisterstadt zu erleben. Razzien
       und Belagerungen in Jenin und Nablus im Norden des Westjordanlandes fanden
       in den letzten Monaten regelmäßig statt. Die Stadt Jericho im Jordantal war
       bislang nicht von den Razzien betroffen. In Erekats Augen ist Jericho eine
       offene Stadt, von einem Einfluss von Hamas und Islamischem Dschihad sei
       dort wenig zu spüren.
       
       Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinenser*innen verschärft
       sich zunehmend, sowohl im Westjordanland als auch im Gazastreifen. Allein
       im Januar 2023 sind 30 Palästinenser*innen bei [1][Razzien des
       israelischen Militärs] im Westjordanland getötet worden. Laut der
       Nichtregierungsorganisation Première Urgence Internationale ist die
       Siedlergewalt gegen Palästinenser*innen in der vergangenen Woche noch
       einmal sprunghaft angestiegen – nachdem das israelische Militär neun
       Palästinenser*innen bei einer Razzia in Jenin getötet hatte und
       Palästinenser*innen unabhängig voneinander zwei Attentate in
       Jerusalem verübt hatten, bei denen sieben jüdische Israelis getötet wurden.
       
       Dabei sind es nicht nur Razzien in palästinensischen Städten und Anschläge
       gegen jüdische Israelis, die die Eskalation vorantreiben. Vergangene Woche
       hatte [2][Itamar Ben Gvir], der israelische Minister für Nationale
       Sicherheit, die Bedingungen für palästinensische Gefangene in den
       israelischen Gefängnissen verschärft und damit nicht nur den Zorn der
       militanten palästinensischen Fraktionen hervorgerufen.
       
       Kairo versucht in der zunehmend angespannten Situation zu vermitteln. Am
       Wochenende trafen ägyptischer Geheimdienst und Islamischer Dschihad in
       Kairo zusammen, um die eskalierenden Spannungen im Westjordanland zu
       besprechen. Ägypten arrangierte das Treffen aufgrund der zunehmenden Sorge,
       die Spannungen könnten auf den Gazastreifen übergreifen.
       
       6 Feb 2023
       
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       ## AUTOREN
       
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