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       # taz.de -- E-Mobilität in Deutschland: „Es bleibt eine Herkules-Aufgabe“
       
       > VW gilt hierzulande als weit vorn in Sachen E-Mobilität. Vorstöße aus USA
       > und China setzen den Autobauer aber stark unter Druck, sagt Experte
       > Stefan Bratzel.
       
   IMG Bild: Vermeintliche Allerweltsteile wie Chips können zum Problem werden: VW-Produktion in Zwickau
       
       taz: Herr Bratzel, der Autokonzern VW gilt hierzulande eigentlich als
       Vorreiter in der E-Mobilität. Aber selbst VW sagt, sie seien spät dran.
       Droht die deutsche Autoindustrie den Anschluss an Konkurrenten aus anderen
       Ländern zu verlieren? 
       
       Stefan Bratzel: Nun, China hat mit Sicherheit den größten E-Auto-Markt der
       Welt. Einige der Player werden schrittweise versuchen, in Europa gegen den
       Marktführer Volkswagen anzutreten. Und das wird ein harter Kampf. Die
       Chinesen arbeiten einfach deutlich länger an dem Thema E-Mobilität und sind
       bei der Entwicklung technischer Innovationen sehr schnell.
       
       Können VW und die deutsche Autoindustrie beim vom Bundesverkehrsminister
       ausgerufenen „Hochlauf der E-Mobilität“ in dieser Wettbewerbslage überhaupt
       noch eine entscheidende Rolle spielen?
       
       Im Unterschied zu noch vor ein paar Jahren haben die Autobauer beim Thema
       Elektromobilität dazugelernt und arbeiten mittlerweile intensiv daran, dass
       die Autos auch auf die Straße kommen. Jetzt geht es tatsächlich darum,
       möglichst schnell die Produktpalette zu erweitern und die Kosten für die
       Batterien möglichst schnell zu reduzieren. Da hängen wir gerade zu stark
       vom Weltmarkt ab.
       
       Nach den USA mit dem sogenannten Inflation Reduction Act hat nun auch China
       angekündigt, eine dreistellige Milliardenhöhe in grüne Technologien zu
       investieren. Kommt es gerade zu einem Subventionswettlauf bei der
       E-Mobilität?
       
       Tja, das ist eine gute Frage. Wirtschaftsminister Robert Habeck ist in
       dieser Sache ja auch gerade dieser Tage unterwegs. Erst mal ist es
       natürlich positiv, dass die Transformation in Richtung Elektromobilität
       massiv vorangetrieben wird – weltwirtschaftlich betrachtet und auch fürs
       Klima. Es birgt aber auch eine Bedrohungslage. Und es ist ein Problem, wenn
       Batteriezellwerke jetzt nicht mehr in Deutschland bauen, sondern wegen der
       Subventionen tendenziell in Richtung Amerika blicken.
       
       Der schwedische Konzern Northvolt hatte eigentlich geplant, ein
       Batteriewerk in Schleswig-Holstein zu bauen.
       
       Ja, und wir brauchen in Europa dringend diese Kompetenzen und Kapazitäten,
       um nicht von China beziehungsweise Asien oder anderen Ländern abhängig zu
       sein. Man hat hier viel zu lang gedacht, Batterien und auch Chips seien so
       Allerweltsteile, die man überall einkaufen könnte. Da müssen wir aufpassen
       und reagieren.
       
       Gerade haben auch die Autobauer Nissan und Renault angekündigt, in der
       E-Mobilität künftig stärker zusammenzuarbeiten. Eine zusätzliche
       Konkurrenzsituation für VW und andere deutsche Autobauer?
       
       Renault und Nissan waren durchaus mal Marktführer beim Thema
       Elektromobilität. Aber in den letzten Jahren ist da zu wenig passiert. Wenn
       sie nun gemeinsam an einem Strang ziehen und aus der Krise kommen, könnte
       das in den kommenden Jahren aber auch für ein Unternehmen wie Volkswagen zu
       mehr relevantem Wettbewerb führen.
       
       Auch die EU-Kommission möchte ja die Regeln für Staatshilfen lockern, damit
       hier in Zukunft ebenfalls schneller Geld in grüne Technologien und die
       E-Mobilität fließen kann. Ist das der richtige Schritt?
       
       Ja, aber einfach viel zu spät, und auch von der Intensität her ist das
       Vorhaben der EU viel zu schwachbrüstig. Man hat in Deutschland wirklich
       lange geschlafen. Andere Länder haben sich längst Rohstoffpartnerschaften
       aufgebaut. Da müssen die Bundesregierung und die EU noch viel stärker
       werden. Und auch für [1][VW bleibt das Thema Elektromobilität] eine
       Herkules-Aufgabe.
       
       8 Feb 2023
       
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