# taz.de -- Aldi für bessere Tierhaltung: Keine Wurst mehr aus Qualställen
> Aldi will ab 2030 verarbeitetes gekühltes Fleisch nur von Vieh aus
> besserer Tierhaltung verkaufen. Dafür erhält der Discounter Lob von
> ungewohnter Seite.
IMG Bild: Schnauze voll: Wiener Würstchen soll es bei Aldi bald nur noch von besser gehaltenen Tieren geben
Berlin taz | Deutschlands größter Discounter, Aldi, will bis 2030 nach
Frischfleisch auch die gekühlten Fleisch- und Wurstwaren auf die beiden
höchsten Tierhaltungsstufen umstellen. Aldi Nord und Süd kündigten am
Donnerstag an, dass Produkte wie Salami, Kochschinken oder Wiener Würstchen
nur noch aus den Stufen 3 und 4 der „[1][Haltungsform]“-Kennzeichnung
kommen. Stufe 3 verlangt, dass die Tiere Kontakt mit dem Außenklima haben,
Stufe 4 sieht Auslauf vor. Tierschützer begrüßten die Ankündigung.
Die beiden Aldis hatten diesen Schritt 2021 bereits [2][für Frischfleisch]
bekanntgegeben. Aber fast die Hälfte des Fleischkonsums in Deutschland
entfalle auf Fleisch- und Wurstwaren, teilte Aldi mit. Daher komme dem
Absatz dieser Ware eine „große Bedeutung beim tierwohlgerechteren Umbau der
Nutztierhaltung“ zu.
Vorgesehen ist, dass Aldi bis 2025 vollständig auf Ware aus Haltungsform 1
verzichtet – das bedeutet „Stallhaltung“ und entspricht den gesetzlichen
Mindeststandards. Bis 2026 soll ein Drittel der Fleisch- und Wurstwaren aus
den Haltungsformen 3 und 4 stammen.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace begrüßte, dass mit der Ankündigung
durch Aldi Billigfleisch im Supermarkt nun „mehr und mehr zum Auslaufmodell
wird“. Das Fleisch auch in diesem Segment aus den Regalen zu nehmen,
„bedeutet weniger Tierleid und mehr Schutz fürs Klima“, erklärte der
Verband.
## Höhere Preise, niedrigerer Konsum
Hintergrund ist, dass Fleisch der höheren Haltungsformen teurer ist. Sollte
es sich durchsetzen, könnte der Verzehr sinken. Das würde auch den
Treibhausgasausstoß reduzieren. Die Agrarbranche und da vor allem die
Tierhaltung verursacht laut Umweltbundesamt rund 13 Prozent des
Treibhausgasausstoßes in Deutschland (inklusive der Emissionen aus
Agrarböden und landwirtschaftlichem Verkehr).
„Penny, Netto und Lidl sollten dem vorbildlichen Beispiel von Aldi folgen“,
verlangte die Tierschutzorganisation Vier Pfoten. „Die von Lidl vergangene
Woche angekündigte Entscheidung, im Verkauf mehr auf pflanzliche und
weniger auf tierische Produkte zu setzen, ist die richtige. Für mehr
Tierwohl muss aber auch Lidl die beiden untersten Haltungsformen aus seinem
Sortiment auslisten.“
Der Verband Provieh lobte, dass Aldis Schritt komme, obwohl
Tierwohlprodukte derzeit wegen der hohen Inflation weniger gekauft würden.
Achim Spiller, Agrarmarketingprofessor und Vorsitzender des
wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik beim Bundesministerium für
Ernährung, schrieb der taz auf Anfrage: „Die Selbstverpflichtung des
Handels ist auch deshalb so wichtig, weil derzeit eine Tierschutzabgabe auf
Verbraucherebene zur Finanzierung des Tierschutzes gegen die FDP nicht
durchzusetzen ist, sodass eine ausreichende staatliche Förderung des
Tierwohls nicht gelingt.“ Um so wichtiger sei es, dass die großen Abnehmer
bereit seien, über den Markt Tierschutz durchzusetzen. „Neben den vier
großen Handelsunternehmen sind das auch Fast-Food-Konzerne, aber auch die
großen Mensen und Kantinen. Von diesen Unternehmen hört man derzeit wenig“,
kritisierte Spiller.
Der Bauernverband erklärte, jetzt müsse verhindert werden, dass die
Bundesregierung mit einer „schlecht gemachten“ verpflichtenden
Haltungskennzeichnung, Initiativen wie die von Aldi konterkariert.
Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) dagegen sagte, das staatliche Siegel
werde die Anstrengungen der Landwirte für mehr Platz im Stall „verlässlich“
sichtbar machen.
9 Feb 2023
## LINKS
DIR [1] https://www.haltungsform.de/kriterien-und-mindestanforderungen/
DIR [2] /Oekonom-ueber-Vorstoss-von-Supermarktketten/!5784678
## AUTOREN
DIR Jost Maurin
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