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       # taz.de -- Strafanzeigen gegen Myanmars Generäle: Militärjunta vor Gericht
       
       > Die Opfer von Myanmars Militär wenden sich an die deutsche Justiz. Dabei
       > berufen sie sich auf die universelle Gerichtsbarkeit bei schweren
       > Verbrechen.
       
   IMG Bild: Bangkok im Februar 2021: Protest gegen die Militärdiktatur in Myanmar
       
       Bangkok taz | Die internationale Menschenrechtsorganisation [1][Fortify
       Rights] hat, zusammen mit 16 individuellen Beschwerdeführer*innen
       verschiedener Ethnien aus Myanmar, bei der deutschen
       Generalbundesanwaltschaft Strafanzeigen gegen Mitglieder der Militärjunta
       des südostasiatischen Landes gestellt. Die Anzeigen beim Bundesgerichtshof
       sollen erreichen, dass die Generäle im Zuge ihres Putsches vom 1. Februar
       2021 wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit bestraft werden.
       
       Fortify-Rights-Geschäftsführer Matthew Smith sagte vor Journalisten in
       Thailands Hauptstadt Bangkok: Seine Organisation sei gerade dabei gewesen,
       eine Anzeige gegen [2][Myanmars Militärführung] vorzubereiten, wegen
       Völkermords bei der Vertreibung von rund 750.000 Rohingya, als die Generäle
       am 1. Februar 2021 putschten.
       
       Jetzt, unmittelbar vor dem zweiten Jahrestag des Staatsstreiches, seien die
       Anzeigen im Hinblick auf den Coup auf 215 Seiten ergänzt und beim deutschen
       Generalbundesanwalt am vergangenen Freitag eingereicht worden. Der Text der
       Anzeige ist nicht öffentlich.
       
       Nicht alle 16 Beschwerdeführer*innen – sechs Frauen und zehn Männer –
       aus sieben verschiedenen Ethnien konnten aus Sicherheitsgründen in dem
       insgesamt tausendseitigen Anhang namentlich genannt werden. Die Hälfte der
       Beschwerdeführer*innen seien nach Angaben von Fortify Rights [3][als
       Rohingya Opfer] der gewaltsamen Vertreibung geworden, die anderen wurden
       nach dem Putsch Ziel militärischer Gewalt oder dessen Zeugen.
       
       ## „Es ist Zeit, die Straflosigkeit des Militärs zu beenden“
       
       „Wir vertrauen darauf, dass Deutschland die Fälle untersuchen und für
       Gerechtigkeit sorgen wird“, sagte der per Video zugeschaltete
       Beschwerdeführer [4][Nickey Diamond]. Er ist inzwischen auch im Vorstand
       von Fortify Rights und lebt heute in Süddeutschland im Exil. „Es ist Zeit,
       die Straflosigkeit des Militärs zu beenden.“
       
       Fortify Rights begründet die Anzeige in Deutschland mit dem Prinzip der
       universellen Gerichtsbarkeit bei schweren Verbrechen. Das im deutschen
       Recht verankerte Weltrechtsprinzip sei ein globales Modell zur Bekämpfung
       der Straflosigkeit bei den schlimmsten Verbrechen, lobte Smith, „unabhängig
       davon, wo die Verbrechen begangen werden oder wo sich die Überlebenden
       aufhalten“.
       
       Das Weltrechtsprinzip ermöglicht es einem Staat, Völkerstraftaten zu
       verfolgen, auch wenn diese nicht auf seinem Gebiet, durch einen seiner
       Bürger oder an einem seiner Bürger begangen wurden.
       
       Verfahren gegen Generäle aus Myanmar werden auch vom Internationalen
       Strafgerichtshof und vor dem [5][Internationalen Gerichtsho]f, dem Gericht
       der Vereinten Nationen untersucht. Zudem gibt es Anzeigen britischer
       Aktivisten gegen Juntamitglieder vor Gerichten in Argentinien. Die deutsche
       Justiz ermittelt ihrerseits zu Folter in syrischen Gefängnissen und zu
       russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine.
       
       ## Erfolgsaussichten schwer abzuschätzen
       
       Die Erfolgsaussichten der jetzt eingereichten Anzeigen in Deutschland sind
       schwer einzuschätzen. Die Generalbundesanwaltschaft wollte auf Anfrage der
       britischen Nachrichtenagentur AP keine Stellungnahme abgeben. Vor allem
       dürften die Verfahren den politischen Druck auf Myanmars Militärs erhöhen
       und verhindern, dass dessen Verbrechen angesichts anderer derzeitiger
       Konflikte international in Vergessenheit geraten.
       
       In Myanmars Nachbarland Bangladesch leben rund eine Million zunehmend
       [6][verzweifelter muslimischer Rohingya-Flüchtlinge] ohne jede Aussicht auf
       eine Rückkehr. In Myanmar selbst hat der Putsch samt gewaltsamer
       Niederschlagung friedlicher Proteste zu einem Bürgerkrieg geführt, der
       täglich neue Opfer der gewaltsamen Unterdrückung durch das Militär fordert
       und innerhalb des Landes wie in die Nachbarländern viele Menschen zur
       Flucht zwingt.
       
       24 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.fortifyrights.org
   DIR [2] /Gewalt-in-Myanmar/!5904396
   DIR [3] /Migration-in-Suedostasien/!5908187
   DIR [4] https://twitter.com/NickeyMdy
   DIR [5] /Rohingya-Vertreibungen-vor-Gericht/!5830232
   DIR [6] /Flucht-aus-Myanmar/!5881711
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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