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       # taz.de -- Obdachlose in Hamburg: Krätze im Winternotprogramm
       
       > Ein Ehrenamtlicher aus dem Hamburger Gesundheitsmobil beklagt einen
       > Krätzeausbruch in einer Notunterkunft. Die zuständige Sozialbehörde
       > dementiert.
       
   IMG Bild: Bei Krätze besonders wichtig: Frische Wäsche in einer Obdachlosenunterkunft in Hamburg
       
       Hamburg taz | In einer [1][Hamburger Obdachlosenunterkunft] soll schon im
       November die Krätze ausgebrochen sein. Das sagt ein ehrenamtlicher
       Obdachlosenhelfer und kritisiert die mangelnden Hygienebedingungen in der
       Unterkunft in der Friesenstraße. Zwar bestätigt auch die zuständige
       Sozialbehörde Krätze-Fälle, weist indes die Vorwürfe des Obdachlosenhelfers
       zurück.
       
       Ronald Kelm engagiert sich beim Gesundheitsmobil, mit dem etwa Ärzt*innen
       oder Pfleger*innen kostenlose und anonyme medizinische Behandlung für
       Menschen ohne Krankenversicherung anbieten. Schon seit Wochen, so Kelm,
       hätten sie vermehrt Patient*innen mit Krätze behandelt. Viele dieser
       Menschen hätten in der Unterkunft in der Friesenstraße übernachtet.
       
       Die Patient*innen beschwerten sich darüber, morgens nicht duschen zu
       können. Ungeduscht würden sie wiederum keine saubere Kleidung in der
       Unterkunft erhalten, sodass die Milben in der Kleidung blieben. Das
       wiederum führe dazu, dass sich die Situation mit der Krätze, trotz
       Medikamenten, nicht bessere.
       
       Krätze, die medizinisch auch Skabies genannt wird, ist eine Hautkrankheit,
       die durch Parasitenbefall ausgelöst wird. Die weiblichen Krätzmilben
       dringen in die oberste Hautschicht ein, wo sie sich eine Art Tunnelsystem
       bauen, um dort ihre Eier abzulegen. Die Folge sind starker Juckreiz und
       Hautausschläge.
       
       ## Ein Obdachloser befinde sich in Isolation
       
       Mangelnde Körperhygiene ist nicht der Auslöser für Krätze. Die Krankheit
       kann also alle treffen. Die Ansteckung mit Krätze erfolgt durch engen
       Hautkontakt. Bei Menschen, die in schlechten hygienischen Verhältnissen
       leben, befinden sich aber oft mehr Milben auf der Haut, was eine Ansteckung
       begünstigt. Einmal angesteckt können Patient*innen mit einer Creme oder
       mit Tabletten behandelt werden. Damit diese Behandlung wirkt, ist es aber
       wichtig, dass alle Textilien, mit denen der Mensch in Berührung gekommen
       ist, bei 60 Grad gewaschen werden.
       
       Die Unterkunft in der Friesenstraße, in der es den Ausbruch gegeben haben
       soll, liegt im Hamburger Stadtteil Hammerbrook und gehört zum
       Winternotprogramm, das vom landeseigenen Unternehmen „Fördern & Wohnen“
       betrieben wird. Hier können bis zu 400 Obdachlose täglich übernachten.
       [2][Tagsüber müssen sich die Obdachlosen an anderen Orten aufhalten].
       
       Die Sozialbehörde weist die Vorwürfe des Ehrenamtlichen zurück. Lediglich
       eine Person sei gegenwärtig von Skabies befallen. Diese werde „entsprechend
       medizinisch behandelt“ und befinde sich in Isolation. Seit Beginn des
       Winternotprogramms Anfang November habe es nur fünf weitere Fälle gegeben.
       Das teilte Behördensprecherin Stefanie Lambernd auf Anfrage mit.
       
       Dass es nur sechs Fälle gegeben haben soll, bezweifelt Kelm. „Das sind ja
       Mondzahlen“, sagt er. Im Gesundheitsmobil hätten sie schon viel mehr Fälle
       gesehen und die Patient*innen würden sich ja nicht nur dort melden.
       
       ## Fehlen Duschen oder nicht?
       
       Auch [3][die angeblich fehlenden Duschen] dementiert die Behörde. In der
       Unterkunft gebe es 42 Duschen, die von der Kapazität her ausreichten, damit
       alle 400 Übernachtenden täglich duschen könnten. „Die haben vielleicht 42
       Duschen im Haus“, sagt Kelm. Dass diese alle betriebsfähig sind, bezweifelt
       er aber. Er vermutet vielmehr, dass nicht genug Personal und Ehrenamtliche
       vorhanden seien, um die Duschenden zu betreuen. [4][Gerade gesundheitlich
       beeinträchtigte Menschen], die auf der Straße leben, müssten beim Duschen
       überwacht werden, da sie oft Kreislaufprobleme bekommen, sagt Kelm.
       
       Dem Vorwurf des Obdachlosenhelfers, dass Menschen, die nicht geduscht
       haben, keine frische Kleidung erhalten, widerspricht Lambernd ebenfalls.
       [5][Auch die Sprecherin von Fördern & Wohnen] betont, dass alle Maßnahmen,
       die die Gesundheitsämter für die Unterkünfte vorschreiben, getroffen worden
       seien.
       
       Darunter falle auch die räumliche Separation der Erkrankten und
       „medizinische Behandlung durch das Pflegepersonal vor Ort sowie Austausch
       beziehungsweise Entsorgung von Kleidung und Bettzeug“. Die Duschen seien im
       November „kurz defekt“ gewesen, aber repariert worden. Die Kleiderkammer
       sei gefüllt.
       
       Mitarbeit: Kaija Kutter
       
       25 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
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   DIR [5] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Neue-Tagesaufenthaltsstaette-fuer-Obdachlose-in-Hamburg-eroeffnet,obdachlose526.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franziska Betz
       
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