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       # taz.de -- Bremer AfD vor der Bürgerschaftswahl: Rumpfvorstand gegen Notvorstand
       
       > In Bremen hat die AfD gleich zwei Kandidatenlisten für die
       > Bürgerschaftswahl. Der Bundesvorstand scheint ratlos, die Situation ist
       > verfahren.
       
   IMG Bild: Früher Vorsitzender, heute Teil des Bremer AfD-„Notvorstands“: Frank Magnitz (Archivbild von 2019)
       
       Berlin taz | Der Landesverband Bremen war aufgrund seiner Zerstrittenheit
       schon immer ein Problemfall innerhalb der AfD. Und derzeit macht die AfD
       Bremen ihrem Ruf wieder mal alle Ehre: Zwei miteinander verfeindete Lager
       haben für die im Mai anstehenden Bürgerschaftswahlen jeweils eine eigene
       Kandidatenliste aufgestellt und zwei konkurrierende Landesvorstände
       erkennen sich gegenseitig nicht an, einen Landessprecher gibt es derzeit
       nicht.
       
       Im Ergebnis könnten der Wahlleitung am Ende zwei unterschiedliche
       AfD-Landeslisten vorliegen – im Zweifel ist dann keine davon gültig. Das
       hätte wohl zur Folge, dass keine Kandidatenliste der AfD zur Wahl
       zugelassen würde.
       
       Mittlerweile hat sich auch der AfD-Bundesvorstand um Tino Chrupalla und
       Alice Weidel mit der Angelegenheit beschäftigt. Die doppelte Liste aus
       Bremen war am Montag Thema bei der Vorstandssitzung, wie die taz aus
       Parteikreisen erfuhr. Als Frage im Raum steht, ob der Bundesvorstand eines
       der konkurrierenden Lager oder deren Listen anerkennen wird, oder ob der
       Vorstand gar einen eigenen, möglichst neutralen Notvorstand bildet, um eine
       dritte Liste zu wählen.
       
       Angesichts der verfahrenen Situation scheint aber selbst der Bundesvorstand
       etwas ratlos: Dem Vernehmen nach habe man zunächst ein möglichst
       niedrigschwelliges Vorgehen abgestimmt und wolle erst einmal bei der Bremer
       Landeswahlleitung nachfragen, wie diese die Lage juristisch einschätzt.
       Offiziell hieß es vom AfD-Sprecher Michael Pfalzgraf auf taz-Anfrage
       lediglich, dass sich der Bundesvorstand derzeit nicht zum Sachstand äußern
       wolle, sich aber mit dem Landesvorstand Bremen im Klärungsprozess befinde.
       
       ## Klage über Klage
       
       Die Frage ist nur, mit welchem: Bbeide konkurrierenden Lager beanspruchen
       derzeit für sich, den Landesverband zu vertreten. Auf der einen Seite ein
       selbst ernannter „Notvorstand“ um Heiner Löhmann und den durch die
       [1][vermeintliche Kantholz-Affäre bekannt gewordenen Frank Magnitz]. Dieses
       Lager steht dem offiziell aufgelösten Flügel um Björn Höcke nahe und hat im
       November in einem abgelegenen Gasthof in Bremen-Nord [2][die erste
       Kandidatenliste] gewählt. Auf der anderen Seite steht ein „Rumpfvorstand“
       um den Vize-Vorsitzenden Sergej Minich, dessen Lager letzte Woche die
       zweite Kandidatenliste aufgestellt hat.
       
       Selbstredend überziehen sich die beiden verfeindeten Lager gegenseitig mit
       Klagen: Ein Bremer Gericht erklärte sich für parteiinternen Kleinkriege
       allerdings für unzuständig, sodass eine Klärung bei den
       Parteischiedsgerichten vorrangig war.
       
       Dort scheint das flügelnahe Lager die Nase vorn zu haben: Der Notvorstand
       um Lohmann und Magnitz betont, vom Landesschiedsgericht anerkannt worden zu
       sein. Ebenso berichtet [3][Radio Bremen von einem Urteil des
       Bundesschiedsgerichts], in dem es heißt, der „Rumpfvorstand“ von Minich sei
       eine „nicht als Landesvorstand handlungsfähige Einheit von
       Vorstandsmitgliedern, die sich fälschlicherweise als Landesvorstand
       erkennen“. Eine taz-Nachfrage beim Bundesschiedsgericht dazu blieb bislang
       unbeantwortet.
       
       Demgegenüber verdichten sich die Vorzeichen, dass sich der Bundesvorstand
       auf die Seite des „Rumpfvorstands“ schlägt: So war das Vorstandsmitglied
       Carlo Clemens dabei, als die zweite Kandidatenliste um Minich gewählt
       wurde. Ebenso hieß es auf erneute taz-Rückfrage von Sprecher Pfalzgraf,
       dass man mit dem Rumpfvorstand von Minich im Klärungsprozess sei.
       
       ## Nicht die erste Krise
       
       Die Landeswahlleitung wollte die unübersichtliche Lage gegenüber der taz
       nicht einschätzen. Generell hieß es, die Frist zur Einreichung von
       Wahlvorschlägen ende am 6. März. Der Wahlausschuss werde in öffentlicher
       Sitzung am 17. März über Zulassung oder Zurückweisung entscheiden.
       
       Die erste AfD-Fraktion in der Bremer Bürgerschaft ist 2019 nach
       persönlichen Machtkämpfen zerbrochen. Ein Vorsitzender fehlt dem
       Landesverband, seitdem [4][Vorstand Peter Beck Anfang 2021 aus der AfD
       ausgetreten ist („Ich bin mit dieser Partei durch“)].
       
       28 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Frank-Magnitz-Medienstrategie-geleakt/!5563270
   DIR [2] https://www.butenunbinnen.de/videos/afd-not-stand-treffen-versammlung-100.html
   DIR [3] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/afd-bremen-buergerschaftswahl-listen-spaltung-100.html
   DIR [4] https://www.weser-kurier.de/bremen/afd-bremen-landeschef-tritt-zurueck-und-kuendigt-parteiaustritt-an-doc7es8ylgxolz15n4ashni
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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