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       # taz.de -- Taliban verbieten Verhütungsmittel: Frauen und Kinder zuletzt
       
       > In Teilen Afghanistans verbieten die Taliban Verhütungsmittel. Angesichts
       > von Hunger, Armut und Entrechtung kann das für Frauen den Tod bedeuten.
       
   IMG Bild: Noch gibt es weibliche Berufstätigkeit in Afghanistan: Verkäuferin auf dem Frauenbasar in Herat
       
       Die Taliban in Afghanistan gehen, zunächst (noch) im Lokalen, gegen
       Verhütungsmittel vor: Deren Anwendung sei „haram“ – nach den Regeln des
       Koran verboten. Das stimmt in dieser Einfachheit nicht und ist über
       Jahrhunderte immer wieder von muslimischen Gelehrten diskutiert worden. Der
       Konsens heute, knapp zusammengefasst: Verhütung ist gestattet, solange
       beide Partner zustimmen und die Methode reversibel ist, auch wenn es im
       Allgemeinen erwünscht ist, Kinder zu bekommen.
       
       Die Auslegungsdebatte ist freilich zweitrangig, wenn man das aktuelle
       Verhütungsmittelverbot vor dem Hintergrund der Nachrichten betrachtet, die
       in den letzten Monaten aus Afghanistan kommen: In der Provinz Balkh wird es
       Frauen verboten, einen männlichen Arzt aufzusuchen, weitere könnten folgen.
       Frauen wird der Zugang zu höheren Schulen und Universitäten verboten, ob
       auch [1][Medizinstudentinnen] betroffen sind, ist noch nicht klar. Es gibt
       aber Berichte, dass ihnen – im Gegensatz zu den männlichen Kollegen – ihre
       Zeugnisse nicht mehr ausgestellt werden.
       
       Von Arbeitsverboten für Frauen ausgenommen sind zwar die, die im
       Gesundheitssektor arbeiten, doch die nächste Einschränkung lässt nicht
       lange auf sich warten: In der Provinz Kandahar dürfen Frauen nur noch in
       Begleitung ihres männlichen Quasi-Vormundes, genannt Mahram, den Weg zur
       Arbeit antreten. In Kabul müssen in Krankenhäusern arbeitende Frauen sich
       das Gesicht verhüllen. In einem Artikel des afghanischen Medienportals
       [2][Rukhshana] fragt ein Mediziner: Wie soll eine Ärztin so operieren?
       
       Als Frau medizinische Hilfe zu erhalten, gleicht immer mehr einem
       Spießrutenlauf. Seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021
       steigt die Mütter- und Kindersterblichkeit deutlich an, von 100.000 Müttern
       sterben nun über 600 bei der Geburt. Auch die Armut in Afghanistan nimmt
       zu, selbst wenn medizinische Versorgung verfügbar ist, muss sie bezahlt
       werden. Bei einer Umfrage von [3][Ärzte ohne Grenzen ] geben 95 Prozent der
       Teilnehmenden an, sie hätten Schwierigkeiten, sich ausreichend
       Nahrungsmittel zu leisten. Manche Frauen seien so unterernährt, dass sie
       keine Muttermilch produzieren könnten, berichtet die Zivilorganisation.
       
       Im Hinblick auf die sich immer weiter verschlechternde medizinische
       Versorgungslage, die Armut, den Hunger, steht fest: Keinen Zugang mehr zu
       Verhütung zu haben, wird für manche Frauen und ihre Kinder letztlich den
       Tod bedeuten. Auch den Taliban muss dieser Zusammenhang bewusst sein. Das
       Leben von Frauen ist für sie schlicht zweitrangig.
       
       13 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Frauenrechte-in-Afghanistan/!5911972
   DIR [2] https://rukhshana.com/en/kandahar-morality-police-ban-female-staff-in-health-and-education-to-travel-to-office-without-a-mahram
   DIR [3] https://www.doctorswithoutborders.org/latest/afghanistan-people-deprived-medical-care-poverty-restrictions-women-and-broken-health-care
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lisa Schneider
       
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