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       # taz.de -- Vorstoß von Baerbock und Faeser: Erdbebenopfer sollen Visa bekommen
       
       > In Deutschland wollen viele Menschen türkische oder syrische
       > Erdbebenopfer aufnehmen. Baerbock und Faeser versprechen ein schnelles
       > Verfahren.
       
   IMG Bild: Kündigen eine schnelle, unbürokratische Visa-Vergabe für Erdbebenbetroffene an: Faeser und Baerbock
       
       Berlin taz | Die Forderungen kamen früh, [1][auch aus der Ampel]: Den
       [2][Erdbebenopfern in der Türkei und Syrien] müsse unbürokratisch mit
       Visaerleichterungen geholfen werden, damit Verwandte sie nach Deutschland
       holen könnten. Am Wochenende kamen Außenministerin Annalena Baerbock
       (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dem nach – und
       versprachen befristete, unbürokratische Visa.
       
       Baerbock erklärte, die Bundesregierung wolle helfen, damit Familien in
       Deutschland Angehörige, die vom Erdbeben betroffen seien, vorübergehend bei
       sich aufnehmen könnten. „Ziel ist, Visaverfahren für Betroffene so
       unbürokratisch wie möglich zu machen.“ Man habe dafür in der Türkei
       Personal an Auslandsvertretungen und Visastellen verstärkt.
       
       Auch Faeser versprach eine „unbürokratische“ Lösung: „Es geht um Hilfe in
       der Not.“ Die Visa sollten schnell erteilt und für drei Monate gültig sein,
       damit Erdbebenopfer hierzulande ein Obdach und medizinische Behandlung
       fänden.
       
       Am Wochenende konstituierte sich dafür eine Taskforce aus beiden
       Ministerien, um die genaue Ausgestaltung zu klären. Denn wichtige Fragen
       blieben zunächst ungeklärt. Einige Erdbebenbetroffene haben keine Papiere
       mehr – wie können sie dann Visa beantragen? Und welche Auslandsvertretungen
       können diese momentan zügig bearbeiten? Welcher Personenkreis kann die Visa
       in Anspruch nehmen?
       
       ## Aufnahme von Verwandten des 1. und 2. Grades
       
       Für eine Einreise aus der Türkei nach Deutschland ist momentan ein
       Besuchervisum nötig, das persönlich beantragt werden muss – ein Verfahren,
       das sich bereits zuletzt schon zog. Nötig dafür sind gültige Papiere, ein
       Einladungsschreiben sowie der Nachweis ausreichender finanzieller Mittel –
       die nach dem Erdbeben bei vielen nicht vorliegen dürften.
       
       Laut Auswärtigem Amt soll nun in Deutschland „aus humanitären Gründen“ die
       Aufnahme von Verwandten des ersten und zweiten Grades möglich sein – also
       von Kindern und Eltern sowie Großeltern, Enkeln und Geschwistern. Dafür
       braucht es eine Verpflichtungserklärung der in Deutschland lebenden
       Verwandten bei der Ausländerbehörde ihres Wohnortes, dass sie für die
       Betroffenen alle Kosten übernehmen, auch die möglicher medizinischer
       Behandlungen.
       
       Für Personen, die beim Erdbeben ihre Reisedokumente verloren haben, finde
       derzeit noch eine Abstimmung mit türkischen Behörden statt, erklärte das
       Auswärtige Amt. Antragstellende aus Syrien sollten sich wiederum an
       Auslandsvertretungen in Anrainerstaaten wenden, etwa in Beirut, Amman oder
       Istanbul. Im Auswärtigen Amt wie im Innenministerium geht man davon aus,
       dass das Visaangebot breit abgerufen werden könnte, weil die
       Hilfsbereitschaft derzeit enorm sei.
       
       Aus der Ampel kam Lob für den Vorstoß. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir
       (Grüne) erklärte: „Überlebensnotwendige Hilfe darf nicht an kurzfristigen
       Visaerleichterungen scheitern.“ Die Integrationsbeauftragte der Regierung,
       Reem Alabali-Radovan, sprach von einem „sehr wichtigen Schritt“. Auch die
       Türkische Gemeinde in Deutschland, die früh Visaerleichterungen gefordert
       hatte, begrüßte den Vorstoß: „Jetzt braucht es eine schnelle und praktische
       Umsetzung in den entsprechenden Ministerin.“
       
       ## Die AfD kritisiert den Vorstoß
       
       Die AfD dagegen ätzte, dass nun „Hunderttausende“ Erdbebenopfer nach
       Deutschland kommen könnten. Man müsse helfen, aber nur vor Ort, erklärte
       AfD-Innenpolitiker Martin Hess. Deutschland habe seine „Kapazitätsgrenzen
       durch die Ukraineflüchtlinge“ längst überschritten.
       
       Faeser sagte dagegen, dass Naturkatastrophen erfahrungsgemäß „vor allem zu
       Bewegungen in der Region führen“. Die Erdbebenbetroffenen könnten dennoch
       Thema auf dem Flüchtlingsgipfel werden, den Faeser für diesen Donnerstag
       einberufen hat. [3][Die Länder sowie der Städte- und Gemeindebund]
       forderten bereits jetzt deutlich mehr Unterstützung bei der Aufnahme von
       Geflüchteten und verbindliche Zusagen für eine langfristige Finanzierung.
       
       12 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
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   DIR [3] /Geplanter-Fluechtlingsgipfel/!5910972
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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