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       # taz.de -- Bundesliga-Topspiel: Die Sache mit der Hacke
       
       > Zum fünften Mal hintereinander gewinnt Union Berlin gegen RB Leipzig.
       > Doch das 2:1 in Sachsen führt zu Diskussionen.
       
   IMG Bild: Brutale Effizienz: Unions Robin Knoche (l.) erzielt das Tor zum 1:2
       
       Am Ende wurde in den Katakomben des ehemaligen Zentralstadions in Leipzig
       auch über René Higuita diskutiert, also jenen kolumbianischen Torhüter, der
       in den 90er Jahren dafür berühmt wurde, lange Bälle auch mal auf der Linie
       per Hacken-Hechtsprung zu klären. Das war zwar unnötig, sah aber sehr
       spektakulär und – hier wird es wichtig – kontrolliert aus. Higuita wusste,
       was er da tat. Die große Frage des Abends war nämlich, ob auch der Unioner
       Aïssa Laïdouni bewusst „den Higuita“ machte – oder nicht.
       
       In der 78. Minute hatte der Tunesier einen langen Ball klären wollen. Das
       Leder geriet etwas schief, sodass Timo Werner, aus dem Abseits kommend, das
       Spielgerät aufnahm, zum eingewechselten Yussuf Poulsen passte, der dann zum
       vermeintlichen 2:2 traf. Werners Abseitsstellung hätte nicht geahndet
       werden müssen, wenn Laïdouni den Ball kontrolliert gespielt hätte.
       Schiedsrichter Daniel Schlager gab den Treffer auch zunächst, wurde aber
       vom VAR auf die Situation aufmerksam gemacht und entschied sich um. „Wenn
       ich die Bilder sehe, ist es für mich ein nicht kontrolliertes Spielen des
       Verteidigers“, sagte Schlager. „Mit der Hacke kann man den Ball nicht so
       kontrolliert spielen.“
       
       Unions Trainer Urs Fischer sah das ähnlich, sprach aber auch vom „nötigen
       Wettkampfglück“. Marco Rose war ganz anderer Meinung. „René Higuita – kennt
       ihr alle, oder?“, fragte der Trainer von Leipzig. „Er sieht ihn kommen, er
       weiß, wo er runterfällt, er nimmt bewusst die Hacke und er will den Ball
       kontrolliert spielen.“ Die Argumentation von Schiedsrichter Schlager könne
       er „null nachvollziehen“. Und schob dann hinterher: „Vielleicht sollte ein
       Schiedsrichter mal kommen und gucken, was wir so machen. Die Jungs können
       mit der Hacke jonglieren, ohne dass sie den Ball sehen – und zwar 20-mal,
       wenn sie wollen.“ Rose ist der Meinung, dass der [1][VAR „inflationär“
       eingesetzt wird]. So wurde nach der Partie mehr über den
       Videoschiedsrichter als das Ergebnis gesprochen.
       
       ## „Gute Kabinenparty“
       
       Das Topspiel des Spieltags war zwar spannend und intensiv, es mangelte aber
       an spielerischen Highlights. Oder positiv formuliert: Beide Teams spielten
       gut gegen den Ball. Benjamin Henrichs (24.) hatte die Leipziger mit dem
       ersten Torschuss in Führung gebracht. „Die Mannschaft ist klar geblieben.
       Wir haben gesagt: ‚Hey, da ist nichts verloren‘“, verriet Union-Coach
       Fischer. Sein Team gewann dann auch auf die unfassbar effiziente Union-Art:
       Nach einem (fast) geklärten Eckball donnerte Janik Haberer (61.) den Ball
       ins Tor, Robin Knoche (72.) verwandelte einen Handelfmeter zur Führung –
       der fünfte 2:1-Sieg der Berliner gegen Leipzig in der Bundesliga in Serie.
       
       Union hat damit am 20. Spieltag die magische 40-Punkte-Marke geknackt und
       feierte den Klassenerhalt. „Das gibt heute eine gute Kabinenparty“, sagte
       Rani Khedira. „Das ist ein Stück weit surreal“, sagte er: „Es war heute
       kein verdienter Sieg, es war kein schöner Sieg – es war ein Sieg der Moral.
       Das ist typisch für die Mannschaft.“ Taktische Cleverness, eine unfassbare
       Disziplin und Geduld – das alles macht das Team aus, das jetzt zum
       Bayern-Jäger Nummer eins mutiert ist. In jedem Fall brauchen die Unioner,
       mit 42 Punkten auf dem Konto, ein Ziel für den Rest der Spielzeit.
       
       Nach den beiden Spielen in der Europa League gegen Ajax Amsterdam und einem
       Bundesligaspiel gegen Schalke 04 dazwischen reisen die Köpenicker Ende
       Februar zum Rekordmeister nach München – das könnte ein entscheidendes
       Spiel im Kampf um die Meisterschaft werden. Die Berliner Fans, die aus
       Protest gegen RB Leipzig die ersten 15 Minuten der Partie geschwiegen
       hatten, fielen negativ auf. Mit einem Plakat beleidigten sie Leipzigs
       Sportdirektor Max Eberl, machten sich [2][über dessen öffentlich gemachtes
       Burn-out lustig]. Immerhin reagierte Unions Präsident Dirk Zingler
       deutlich: „Im Namen des Vereins möchte ich mich für die Dummheit einiger
       weniger entschuldigen: Lass dich nicht unterkriegen, Max Eberl!“
       
       Für die Leipziger war die Niederlage ein ungewohntes Gefühl: Das letzte
       Pflichtspiel ging Mitte September verloren. Seitdem hat die Mannschaft den
       schwachen Saisonstart wieder ausgebügelt.
       
       12 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Video-Assistent
   DIR [2] https://www.businessinsider.de/karriere/burnout-das-koennt-ihr-aus-dem-fall-max-eberl-fuer-euren-job-lernen-a/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Held
       
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