# taz.de -- Flüchtlingsgipfel im Innenministerium: Faesers Gipfel ohne echtes Ergebnis
> Die Bundesinnenministerin hatte am Donnerstag zum Krisentreffen mit
> Ländern und Kommunen geladen. Heraus kam dabei nicht viel, und die Kritik
> ist groß.
IMG Bild: Da kam nicht viel raus: Nancy Faeser eröffnet im Bundesinnenministerium den Flüchtlingsgipfel
Berlin taz | Die Stimmung ist kühl, als Bundesinnenministerin Nancy Faeser
(SPD) am Donnerstag zusammen mit Vertretern von Ländern und Kommunen vor
die Presse tritt. Reinhard Sager, Präsident des Landkreistages, spricht mit
Blick auf die Ergebnisse des vorangegangenen [1][Flüchtlingsgipfels] von
„großer Enttäuschung“.
Und es ist wirklich nicht viel, was Faeser präsentieren kann: Der Bund will
zusätzliche Liegenschaften als Unterkünfte für Geflüchtete bereitstellen
und herrichten. Neue regelmäßige Treffen sollen für bessere Zusammenarbeit
der Bundesbehörden mit den Kommunen sorgen. Und ein neues Dashboard soll
den lokalen Behörden eine bessere Übersicht zu den aktuellen
Flüchtlingszahlen liefern, so wie es das Dashboard des
Robert-Koch-Instituts für die Coronazahlen ermöglicht.
Strukturreformen oder mehr Geld stellt die Bundesregierung dagegen nicht in
Aussicht. Um Ostern herum, so Faeser, könne man mit dem Bundeskanzler
erneut über Finanzen verhandeln.
Damit enttäuscht die Innenministerin Länder und Kommunen, die im Vorlauf
des Gipfeltreffens vor allem betont hatten, wie dringend schnelle
finanzielle Unterstützung sei. Ohne weiteres Geld könnten viele Kommunen
die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen [2][bald nicht mehr
stemmen], so die Warnungen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann von der
CSU hatte sich etwa am Mittwoch dafür ausgesprochen, dass der Bund seine
Beteiligung an den Unterbringungskosten verdreifache. Helmut Dedy,
Geschäftsführer des Deutschen Städtetages, forderte, dass der Bund eigene
Aufnahmekapazitäten aufbauen solle.
## Union dringt auf Abschiebungen
Faeser verweist am Donnerstag auf die bestehende Unterstützung für die
Kommunen: Im letzten Jahr hatte der Bund 3,5 Milliarden Euro extra für die
Unterbringung von Flüchtlingen bereitgestellt, für das laufende Jahr sind
Ländern und Kommunen weitere 2,75 Milliarden schon versprochen. Faeser
verspricht außerdem, sich für eine bessere Verteilung von Geflüchteten
innerhalb der EU einzusetzen. Und: Sie sagt, man wolle Fluchtbewegungen
nach Deutschland künftig besser „steuern“.
Was gemeint ist, formuliert wenig später Peter Beuth (CDU) aus, der
Innenminister Hessens: „Die Migration nach Europa muss stärker reguliert
werden.“ Es ist ein Ton, den auch andere Politiker insbesondere der Union,
aber auch von der FDP in den letzten Tagen angeschlagen hatten. Sie hatten
auch immer wieder schnellere Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber
gefordert, um die Lage in den Kommunen so zu entschärfen.
Der innenpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Alexander Throm, sagt
der taz am Donnerstag: „Zu Recht fordern die Kommunen eine deutliche
Begrenzung irregulärer Migration. Doch die Ampel macht genau das Gegenteil
und sendet mit ihrem Paradigmenwechsel weiter Signale der Öffnung.“
## Konkretere Ergebnisse gewünscht
Die Grüne Ministerin für Integration in Schleswig-Holstein Aminata Touré
sagt der taz am Donnerstag, die Frage nach schnelleren Rückführungen sei
derzeit nicht entscheidend. „Es ist klar, dass wir da ein Defizit haben und
uns darum kümmern müssen. Doch aktuell geht es um Integration und
Unterbringung. Denn die allermeisten Menschen, die derzeit zu uns kommen
dürfen bleiben.“ Das Thema sei während des Gipfels behandelt worden, habe
aber nicht den Raum eingenommen, wie es auf der anschließenden
Pressekonferenz schien.
Es sei gut, dass man zusammengekommen sei, so Touré weiter. „Ich hätte mir
aber konkretere Ergebnisse gewünscht.“ So bräuchten Länder und Kommunen
dringend mehr dauerhafte Unterkünfte und entsprechend mehr Unterstützung
vom Bund. „Und wir brauchen mehr Integration und Plätze in
Integrationskursen“, so Touré zur taz. Im Vorfeld hatte Touré auch feste
Finanzzusagen vom Bund gefordert. „Das wäre hilfreich gewesen“, sagt sie.
„Gut, nun werden die Ministerpräsident:innen darüber im April
verhandeln.“
Die Anwesenheit des Kanzlers, wie sie von den CDU-Ländern und von Reinhard
Sager vom Deutschen Landkreistag eingefordert worden war, hält Touré
ebenfalls für nachrangig. „Das war mir egal. Es war völlig in Ordnung auf
Fachebene und mit der Bundesinnenministerin und der Staatssekretärin im
Finanzministerium zu sprechen.“
## 29.000 Asylanträge im Januar
Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von Pro Asyl, sagt der taz:
„Die Debatte um vermeintlich illegale Migration ist völlig fehl am Platz.“
Sein Vorschlag: „Eine Lösung wäre es, nachhaltige Strukturen für die
Aufnahme von Geflüchteten aufzubauen.“
Die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Clara
Bünger, sagt gegenüber der taz: „Es ist enttäuschend, dass Bund und Länder
offenbar nicht von dem [3][starren Verteil- und Unterbringungssystem] für
Asylsuchende abweichen wollen.“
Letztes Jahr stellten rund 200.000 Menschen in Deutschland einen
Asylantrag, im Januar 2023 allein waren es weitere 29.000. Im vergangenen
Jahr kamen zudem rund 1 Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland.
Wegen ihres Sonderstatus durchlaufen sie das normale Asylverfahren nicht.
Dennoch sind die Kommunen für ihre Unterbringung und Versorgung zuständig.
Zuletzt hatte Faeser zusammen mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock
(Grüne) zudem angekündigt, den Erdbebenopfern aus Syrien und der Türkei
[4][einfacheren Zugang zu Visa zu verschaffen]. Wer Verwandte ersten oder
zweiten Grades in Deutschland hat und direkt vom Erdbeben betroffen ist,
soll vorübergehend nach Deutschland kommen können.
16 Feb 2023
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## AUTOREN
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