URI: 
       # taz.de -- taz-Serie Nachtzugkritik: Ruhe und Platz fürs Faltrad
       
       > Mit dem Nachtzug von Nador nach Casablanca in Marokkos Norden. Die Fahrt
       > von Küste zu Küste lässt kaum Wünsche offen – und ist erschwinglich.
       
   IMG Bild: Ankunft in Casablanca
       
       Marokko taz | Auch in Marokko gibt es einen Nachtzug. Dieser zieht einen
       einzigen Schlafwagen mit sich. Er macht seinem Namen alle Ehre: Kein
       nächtliches Rangieren, kein Quietschen stört den Schlaf. Mit diesem Zug
       kommt man einmal quer durch den Nordteil von Marokko – von Nador nach
       Casablanca.
       
       [1][Eine Fahrt im Nachtzug] von der Mittelmeerstadt Nador an die
       Atlantikmetropole Casablanca gleicht einem wohligen Schaukeln durch eine
       lange Nacht. In zehneinhalb Stunden gleitet der lange Zug schier lautlos
       durchs Dunkel. Nach der Abfahrt um 20.26 Uhr kommt er pünktlich um 6.50 Uhr
       im gut 660 Kilometer entfernten Passagierbahnhof Casa Voyageurs in
       Casablanca an. Auf seinem Weg passiert er weltbekannte Städte wie Fes,
       Meknes und auch die Landeshauptstadt Rabat.
       
       Es bietet sich an, dort auf der Rückfahrt haltzumachen. In der Regel
       verkehren 14 Züge pro Woche auf der Strecke. Die marokkanischen Züge sind
       bequem, erschwinglich und einfach zu benutzen. Außerdem gibt es in Marokko
       einige der schönsten Bahnhöfe in ganz Afrika.
       
       Eingesetzt wird der Nachtzug in Beni Ansar, 12 Kilometer nördlich von
       Nador. Beni Ansar grenzt direkt an die spanische Enklave Melilla. Bekannt
       wurde die Stadt durch einen [2][gewaltigen Grenzzaun zur Europäischen
       Union]. Flüchtende aus Ländern südlich der Sahara versuchten zuletzt im
       Juni 2022, diesen Zaun mit einem Massenansturm zu überwinden, um in die EU
       zu gelangen. In Beni Ansar gibt es einen Hafen, von dem aus Fähren nach
       Sète in Frankreich sowie ins spanische Almería und Málaga fahren.
       
       ## Schaffner mit Zeit für die Gäste
       
       Auch unter den Mitreisenden am Bahnsteig in Nador zeigt sich ein
       Nebeneinander von Geschäftsleuten, Familien und Migrant:innen. Auf die
       Passagiere des Schlafwagens wartet ein Schaffner vor dem letzten Waggon. Er
       verteilt Willkommenspäckchen mit einer kleinen Wasserflasche und
       Toilettenartikeln und nimmt sich Zeit für seine Gäste. Jedes Abteil verfügt
       über ein einziges Bett, elegant bezogen mit einer roten Decke, Laken und
       Kopfkissen. Ein Waschbecken und ein Sessel mit Tischchen runden das
       Mobiliar ab.
       
       Der üppige Stauraum bietet Platz für viel Gepäck, selbst ein Faltrad wäre
       kein Problem. Zum guten Service gehört ein kleines Frühstück mit Kaffee und
       Croissant kurz vor der Ankunft. Die mehrfach vorhandenen Steckdosen in der
       Ein-Frau-Kabine sind indessen nicht angeschlossen.
       
       Das Zugnetz in Marokko ist nördlich des Atlasgebirges gut ausgebaut. Es
       besteht im Wesentlichen aus zwei Hauptlinien, die vom staatlichen
       Eisenbahnbüro [3][Office National des Chemins (ONCF)] betrieben werden. Die
       touristischere Linie verläuft entlang der Atlantikküste von Tanger nach
       Süden über Rabat und Casablanca bis nach Marrakesch. Zwischen Tanger,
       Casablanca und Rabat sind seit 2018 auch Schnellzüge mit bis zu 320
       Kilometern pro Stunde im Einsatz.
       
       Die andere Linie verbindet Oujda im Nordosten mit Rabat. Ergänzt werden die
       Zuglinien durch Fernbusse des ONCF. Fahrkarten können online oder
       persönlich an jedem Bahnhof gekauft werden. Die Fahrt von Nador nach
       Casablanca kostet im Einerabteil 499 Dirham, umgerechnet etwa 45 Euro. Wer
       [4][zu Lande und zu Wasser nach Marokko reisen möchte], fährt mit dem Zug
       ans Mittelmeer und nimmt zum Beispiel die Fähre ab Marseille oder Sète.
       
       9 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Unterwegs-mit-dem-Nachtzug/!5887713
   DIR [2] /Gewalt-gegen-Migranten-in-Marokko/!5882408
   DIR [3] https://www.oncf-voyages.ma/
   DIR [4] /Erholung-der-Tourismusbranche/!5903724
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nicola Mögel
       
       ## TAGS
       
   DIR Nachtzugkritik
   DIR Bahn für alle
   DIR Reisen
   DIR Bahn
   DIR Nachtzüge
   DIR Nachtzugkritik
   DIR Nachtzugkritik
   DIR Verkehr
   DIR Nachtzugkritik
   DIR Reisen in Europa
   DIR Reisen in Europa
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Nachtzug von Bodø nach Trondheim: Mit Ohrstöpseln über den Polarkreis
       
       Wer mit dem Nachtzug über den Polarkreis fährt, hat die Mitternachtssonne
       im Rücken. Alles prima, nur der Elchburger im Bistrowagen ist etwas teuer.
       
   DIR Mit dem Nachtzug durch Finnland: Sogar an die Haustiere ist gedacht
       
       Von Helsinki bis an den Polarkreis fährt ein doppelstöckiger und sehr
       komfortabler Nachtzug. Ein besonderes Highlight ist die Bad- und
       Duschkabine.
       
   DIR Nachtzug Wien-Hamburg: In der Holzklasse
       
       Günstiges Ticket, gesparte Zeit und besserer Fußabdruck. Das macht das
       volle Abteil im Nightjet Wien–Hamburg und das Schlafen im Sitzen wieder
       gut.
       
   DIR Studie von „Bahn für Alle“: Es braucht mehr Nachtzüge
       
       Das Bündnis „Bahn für Alle“ kritisiert, dass die Nachtzüge hierzulande
       nicht attraktiv genug sind. Dabei könnte man damit klimafreundlicher
       reisen.
       
   DIR Unterwegs mit dem Nachtzug: Schlaflos nach Rijeka
       
       Auf dem Weg von München zur kroatischen Adriaküste gestaltet sich das
       Schlummern schwierig. Schuld sind die nicht enden wollenden Rangierfahrten.
       
   DIR Suche nach Identität: Zeitreise ins jüdische Polen
       
       Vor rund 100 Jahren reiste der Schriftsteller Alfred Döblin nach Warschau,
       Lublin, Krakau, Lodz. Auch auf der Suche nach seiner jüdischen Identität.
       
   DIR Zugreisen in Osteuropa: Eisenbahn-Poesie
       
       Lendenbraten als Einstiegsdroge: Für Liebhaber von Zugreisen in Mittel- und
       Osteuropa geht es nur um die schönste Strecke.