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       # taz.de -- „Polizeiruf“ aus Rostock: Die eigentliche Geschichte
       
       > Neues Team, neuer Fall. Eine Grundschullehrerin will Bedrängungen nicht
       > still hinnehmen. Dann ist sie tot und es wird ermittelt.
       
   IMG Bild: Was hat Daniel (Jonathan Perleth, l) für ein Geheimnis vor den Kommissarinnen Katrin König (Anneke Kim Sarnau, M.) und Melly Böwe (Lina Beckmann, r.)?
       
       Es ist eine Geschichte über Menschen, die sich nicht verstellen wollen.
       Drei Frauen: die Kommissarinnen Kathrin König (Anneke Kim Sarnau) und ihre
       neue Kollegin Melly Böwe (wie immer großartig: [1][Lina Beckmann]),
       Halbschwester von Königs langjährigem Ermittlungspartner Bukow und schon in
       der vorigen Folge sanft eingeführt; und Nathalie Gerber, die ihre Ruhe
       haben will vor übergriffigen Männern.
       
       Und der trans Mann Daniel (Jonathan Perleth), der noch nicht sein Coming
       Out hatte und sich daher meist nicht als „Daniel A.“ – siehe Filmtitel –
       zeigt, sondern weiter als „Daniela“: als Erzieherin in einem Kindergarten,
       als Tochter eines Polizisten.
       
       Unverstellt also: König ist König, wie immer. Böwe, die in dieser
       Polizeiruf-Folge nun frisch von Bochum nach Rostock wechselt, tut auch
       nicht so als ob, wieso auch; stoisch freundlich knallt sie auf Königs
       brüske Ader.
       
       Und sie ermitteln zusammen in ihrem ersten Fall: Weil die
       Grundschullehrerin Nathalie Gerber ebenfalls keine Lust hatte, Bedrängungen
       still hinzunehmen. Jetzt ist sie tot. Nachts ermordet, auf einem Parkplatz,
       in der Nähe einer Kneipe.
       
       ## Keinerlei Geheimnis
       
       Es ist eine jener Sonntagskrimi-Folgen, in der es fürs Publikum keinerlei
       Geheimnis gibt, darum ist sofort in den ersten Minuten klar, was eigentlich
       Sache ist: Der Mörder war ihr Nachbar, so alt wie sie. Die beiden kennen
       sich seit Kindertagen, er geht bei ihrer Mutter ein und aus, hilft ihr
       später sogar bei den Begräbnisvorbereitungen. Seit Langem hat er Nathalie
       gestalkt, inzwischen lauert er ihr nach ihrem Date auf dem Parkplatz auf,
       sie ist stinkwütend, brüllt ihn an, ruft die Polizei. Doch das ist leider
       zu spät.
       
       Schon der Titel „Daniel A.“ zeigt allerdings, dass der Fokus der Folge
       nicht auf dem Mordfall, sondern woanders liegt: Nämlich auf dem Mann, mit
       dem sich Nathalie in der Kneipe getroffen hat.
       
       Daniel war der Letzte, der sie gesehen hat. König und Böwe suchen ihn. Ohne
       zu wissen, dass sie ihn in seinem Alltag als „Daniela“ nicht finden können.
       Es ist bemerkenswert einfühlsam, wie Regisseur Dustin Loose die Story von
       Benjamin Hessler inszeniert.
       
       Daniels Furcht vor dem Entdecktwerden, davor, von anderen zum Coming-out
       gezwungen zu sein. Von eben jenen, die mitbekommen, wer mit Fahndungsskizze
       gesucht wird. Dazu die Sehnsucht, endlich als er selbst leben zu können.
       Obendrein weiß er, wer Nathalie umgebracht hat. Denn Daniel saß nach dem
       Date noch in seinem Bulli, auf demselben Parkplatz, auf dem nach ihrem Date
       Nathalie aufgelauert wird.
       
       Der fürs Publikum offen erzählte Fall erlaubt es, dass Aufmerksamkeit frei
       wird: Statt einem Whodunit hinterherzutüfteln, ist genügend Erzählraum da
       für die Figur des Daniel. Und nicht nur das. Auch das neue, etwas rumpelnde
       Miteinander zwischen den Kommissarinnen Kathrin König und Melly Böwe und
       dem gesamten Rostocker Team.
       
       Dafür, die Grundlage zu schaffen für eine Atmosphäre, die nach vorne offen
       bleibt: mit den altbekannten, eingeführten Figuren neben König, den Herren
       Röder-Pöschel-Thiesler (Uwe Preuss, Andreas Guenther, Josef Heynert).
       
       Und der Frage, was passiert, wenn in dieser kratzbürstigen Gleichung auf
       einmal eine Unbekannte auftaucht. Nicht die schlechteste Voraussetzung.
       
       19 Feb 2023
       
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