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       # taz.de -- Ufos am Hauptstadt-Firmament: Der Punkt am Himmel über Berlin
       
       > Ein schwarzes Flugobjekt setzt die Fantasie in Gang: Aliens, Chinesen,
       > oder wird die Berliner Wahl jetzt von ganz oben beobachtet?
       
   IMG Bild: Ich sehe nichts!
       
       Als wir bereits einige Minuten an der Bushaltestelle verbracht hatten und
       auf den heillos verspäteten 123er warteten, mit der üblichen Körperhaltung
       der Hauptstadtbewohner:innen (irgendwo zwischen Gereiztheit und
       tiefer Resignation), sagte mein Sohn plötzlich: „Guck mal, da ist so ein
       schwarzer Punkt am Himmel!“
       
       Tatsächlich war da ein kleiner, schwarzer kreisrunder Punkt etwa in
       Flughöhe. Er bewegte sich langsam und merkwürdig flatternd. Für einen Vogel
       war er zu rund geformt, für ein Flugzeug oder einen Hubschrauber zu lautlos
       und ruckelig. „Außerirdische“, witzelte ich. Mein Sohn korrigierte
       fachmännisch: „Extrem unwahrscheinlich. Dann eher die Chinesen.“ Stimmt,
       selbst in den USA, wo das Pentagon seit Trumps Regierungszeit eine eigene
       Abteilung für Ufo-Sichtungen unterhält, geht man nicht mehr davon aus, dass
       die mysteriösen [1][ballonähnlichen Objekte], die in letzter Zeit vermehrt
       im Luftraum über dem amerikanischen Kontinent unterwegs sind, aus fernen
       Galaxien kommen, und schießt die Dinger jetzt konsequent vom Himmel.
       
       Doch warum sollten sich die Chinesen ausgerechnet für Berlin interessieren,
       überlegte ich bitter, während ich weiter auf den 123er wartete: Weder
       meteorologisches Forschungsinteresse, welches die chinesische Staatsführung
       zunächst treuherzig vorzuschieben versuchte, kann hier ausschlaggebend sein
       – der deprimierende Bleideckel, der bis in den Frühling hinein über Berlin
       hängt, wurde bereits hinlänglich untersucht und geht davon auch nicht weg.
       
       Und welche Geheimnisse aus Forschung, Wirtschaft oder Geopolitik vermag
       eine Stadt schon verbergen, die so legendär dysfunktional ist, dass es
       vielleicht noch einen gewissen anarchischen Reiz hat, aber ganz sicher
       keinen, mit dem sich Politik oder Geld machen ließe?
       
       ## Aliens in Lichtenberg
       
       Der Bus kam dann doch und das Objekt verschwand aus meinem Blickfeld. Nicht
       aber aus meinen Gedanken: Wenn es die Aliens und die Chinesen nicht
       geschickt haben, wer war es dann? Vielleicht schickt die internationale
       Wahlbeobachtungskommission jetzt schon Kameradrohnen in den Bezirk
       Lichtenberg, um über die korrekte Auszählung der am letzten Wahlsonntag
       übersehenen Briefwahlstimmen zu wachen?
       
       Vielleicht sucht das Objekt auch im Auftrag der Berliner SPD nach weiteren
       übrig gebliebenen Wahlzetteln im ganzen Stadtgebiet – mehr als der nach
       derzeitigem Stand magere Vorsprung von 115 Kreuzen vor den Grünen – das
       könnte die Stimmung der zweitplatzierten Kraft im Roten Rathaus heben. Eine
       gründliche Suche könnte sich auch für Franziska Giffey persönlich lohnen,
       um sich einreden zu können, dass die Wähler:innen sie gar nicht soo
       abgewatscht haben, wie es zunächst aussah.
       
       Auch für die Grünen wäre das Auffinden weiterer Wählerstimmen sicher
       interessant – könnte doch das dann irgendwann wirklich endgültige
       End-End-Ergebnis dieser Wiederholungswahl am 27. Februar sie doch noch auf
       Platz 2 der Berliner Landespolitik hieven und so Bettina Jarasch den grünen
       Teppich ins Rote Rathaus legen. Den Himmel nach Zeichen abzusuchen, wäre
       sicher auch eine Strategie für den vorläufigen Wahlsieger von der CDU. Denn
       was [2][Kai Wegner] mit diesem Wahlergebnis jetzt anfangen soll, weiß
       wahrscheinlich nur der Himmel.
       
       Manchmal, so wie in den zähen Minuten, in denen der Bus im nachmittäglichen
       Innenstadtverkehr feststeckte, galoppiert meine Fantasie mir davon: Ich
       dachte daran, dass der runde Punkt vielleicht eine mit Hundekacke gefüllte
       Tüte ist, auf dem Weg ins Zeitungsviertel – die neuen Maßstäbe, welche das
       [3][Staatstheater Hannover] im Umgang mit unbotmäßigen Kritikerinnen
       gesetzt hat, würden schließlich nur allzu gut auch nach Berlin passen.
       Vielleicht transportierte das Objekt aber auch einen der giftigen Briefe,
       die derzeit zwischen den Bundesministerien für Wirtschaft und Finanzen hin-
       und herfliegen, betreffs Einhaltung der Schuldenbremse?
       
       Abends stand ich auf dem Balkon, schaute nach oben und dachte: Der Himmel
       über Berlin ist unterschätzt und voller Geheimnisse.
       
       18 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
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   DIR [3] /Hundekot-Attacke-am-Staatstheater-Hannover/!5912885
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nina Apin
       
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