URI: 
       # taz.de -- ZDF-Serie „Der Schwarm“: Leider zu nah am Wasser gebaut
       
       > Die ZDF-Serie nach Frank Schätzings „Der Schwarm“ feierte Premiere bei
       > der Berlinale. Die hohen Erwartungen konnten nicht erfüllt werden.
       
   IMG Bild: Walforscher Leon (Joshua Odjick, r.) kann sich nicht erklären, warum der Orca tot angespült wurde
       
       „Wir wissen mehr über das Weltall als über die Tiefsee.“ Ein häufig
       wiederholter, aber durchaus umstrittener Ausspruch – wissen wir doch sowohl
       über das All als auch über die Tiefsee sehr wenig. In der neuen Serie „Der
       Schwarm“ stimmt er aber in jedem Fall, denn hier scheinen die Ozeane von
       einem auf den anderen Tag keinen Regeln mehr zu folgen. Orcas zertrümmern
       Ausflugsboote, Hummer vergiften Köche und Schiffe gehen bei ruhiger See
       ohne erkennbaren Grund einfach unter. Es scheint, als würden die tiefen
       Gewässer danach streben, möglichst viele Menschen in den Tod zu reißen.
       
       Knapp zwanzig Jahre ist es her, dass [1][Frank Schätzing den
       Science-Fiction-Thriller „Der Schwarm“ veröffentlichte, der sich
       millionenfach verkaufte.] Eine Verfilmung des literarischen Stoffes steht
       schon lange aus: 2006 sicherte sich die Schauspielerin Uma Thurman mit
       anderen die Filmrechte, doch bis heute kam die Verfilmung nicht zustande.
       Nun ist die achtteilige Serie von Barbara Eder, Luke Watson und Philipp
       Stölzl dem Film zuvorgekommen. Die ersten drei Episoden feierten
       Sonntagabend auf der Berlinale Premiere.
       
       Dem komplexen Stoff tut es durchaus gut, mehr als eine Filmlänge Zeit zu
       bekommen. Eigentlich erlaubt serielles Erzählen, den einzelnen Figuren mehr
       Raum zu geben, doch in „Der Schwarm“ sind es so viele – verteilt sich die
       Geschichte über fünf Kontinente –, dass es ihm trotz allem [2][etwas an
       Tiefe fehlt]. Da ist die Molekularbiologin Cécile Roche (Cécile de France),
       die auf ein Bakterium stößt, das eine unkontrollierbare Pandemie auslösen
       könnte, oder der Meeresbiologe Dr. Sigur Johanson (Alexander Karim), der
       ein neue Art Eiswürmer entdeckt. Der Walforscher Leon (Joshua Odjick) ist
       vom neuen Verhalten seiner Lieblingstiere überfordert, und die
       Meeresbiologiestudentin Charlie (Leonie Benesch) stößt bei der
       Überwachung einer Forschungsstation auf den Shetlandinseln an ihre Grenzen.
       
       ## Wasser verheißt nichts Gutes
       
       Sie alle werden in ihrem Alltag mit mysteriösen Begebenheiten konfrontiert.
       Diese ergeben in Gänze ein Bild einer Natur, die sich an den Menschen
       rächen will. Auch wenn etwas Konzentration nötig ist, um den einzelnen
       Geschichten zu folgen, gelingt es der Serie, eine bedrohliche Atmosphäre zu
       schaffen, die einen auch in scheinbar friedlichen Situationen
       zusammenzucken lässt, sobald Wasser im Spiel ist. Denn Wasser verheißt hier
       nie etwas Gutes. Doch diese Spannung reicht nicht aus, um über andere
       Schwachstellen hinwegzutrösten.
       
       Thematisch ist die Serie auf dem Punkt: Das Gedankenspiel einer sich
       rächenden Natur scheint 2023 noch naheliegender als bei der
       Buchveröffentlichung 2004. Und an Mitteln fehlte es der Verfilmung auch
       nicht: Mit 40 Millionen Euro ist es die bislang teuerste deutsche
       Serienproduktion. Damit die Öffentlich-Rechtlichen sich das leisten können,
       haben sie sich Partner aus dem Ausland geholt, wie den ORF oder Hulu Japan.
       Gute Voraussetzungen und aufwändige Werbeaktionen schüren hohe Erwartungen
       – und die konnten hier nicht erfüllt werden.
       
       Das beginnt schon bei der Optik. Neben durchaus beeindruckenden
       Landschaftsaufnahmen und Bildkompositionen drängen sich wenig gelungene
       Computeranimationen und Studioaufnahmen. Diese sind so merkwürdig, dass sie
       einen wie bei dem Walangriff auf das Ausflugsboot aus der Geschichte
       reißen.
       
       Ein ähnlicher Rausschmeißer sind die Dialoge, die den
       Schauspieler*innen nicht gerecht werden. Schätzing, der selbst aus der
       Produktion ausgestiegen ist, sagte dazu im Interview mit der Zeit: „Manches
       ist kinoreif, anderes ist rühr- und redseliges Beziehungskisten-TV. Es
       pilchert mehr, als es schwärmt.“ Und er geht noch weiter: Er nennt die
       ZDF-Produktion „zusammengeschusterten Unsinn“ und „ohne aktuelle Relevanz“.
       Ein zu hartes Urteil für die ZDF-Prestige-Serie. Doch angesichts einiger
       platter und verkitschter Dialoge lässt sich erahnen, woher Schätzings
       Kritik kommt.
       
       20 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Archiv-Suche/!785905&s=/
   DIR [2] /Frank-Schaetzings-Limit/!5154681
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Carolina Schwarz
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR TV-Serien
   DIR ZDF
   DIR Science-Fiction
   DIR Serien-Guide
   DIR Schwerpunkt Berlinale
   DIR Serie
   DIR Video
   DIR Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Serien-Tipps fürs neue Jahr: Thriller, Royal Family und Zombies
       
       Investigativer Journalismus als Show und die neuste Staffel von „The
       Walking Dead“: Sechs Serien, auf die wir uns dieses Jahr freuen können.
       
   DIR taz-berlin-Serie Analoge Helden: Bewahrer der Filmgeschichte
       
       Mit oder ohne Corona: In Zeiten von Streamingdiensten ist es schwer
       geworden für Videotheken. Auch für das Videodrom sieht es mal wieder düster
       aus.
       
   DIR Serien auf der Berlinale: Endlich Normalität
       
       Die Berlinale will mit ihrer Serien-Sektion mehr Sichtbarkeit wagen und
       Sexualität neu denken. Mit ihren Coming-of-Age-Formaten gelingt ihr das.