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       # taz.de -- Eckpunkte zur Kindergrundsicherung: „Die Bedarfe von Kindern abdecken“
       
       > Die Kindergrundsicherung muss ganz neu berechnet werden, sagt Sabina
       > Schutter von SOS Kinderdorf. Die Jugendlichen sollen am Prozess beteiligt
       > werden.
       
   IMG Bild: Bei der Grundsicherung werden bisher keine kindspezifischen Bedarfe wie Spielzeug berücksichtigt
       
       taz: Frau Schutter, die Ampelkoalition will möglichst schnell [1][die
       ersten Eckpunkte für die Kindergrundsicherung] beschließen. Stimmt Sie
       diese Ansage optimistisch? 
       
       Sabina Schutter: Wir brauchen einen echten Paradigmenwechsel in der
       Armutsbekämpfung. Die aktuellen Zahlen zu Kinderarmut zeigen, dass sich
       seit Jahren nichts bewegt: [2][Mehr als jedes fünfte Kind gilt in
       Deutschland als armutsgefährdet]. Eine wirksame Kindergrundsicherung kann
       für echte Veränderung sorgen – und zwar für alle Kinder, egal welchen
       Aufenthaltsstatus sie haben oder in welcher Familienkonstellation sie
       leben. Damit wir Kinder in verdeckter Armut erreichen, brauchen wir einen
       vereinfachten, unbürokratischen Zugang zu den Leistungen. Zudem sollte sie
       die tatsächlichen und altersgerechten Bedarfe von Kindern abdecken. Es
       müssen Leistungen für Freizeit, Sport, Teilhabe und Bildung enthalten sein.
       Das sind die zentralen Aspekte. Und die sind, denke ich, auch nicht ganz
       unrealistisch.
       
       Sie fordern, dass das Existenzminimum für Kinder eigenständig berechnet
       wird. Warum? 
       
       Es ist ein Unterschied, ob wir über ein Existenzminimum sprechen oder über
       eine Existenzsicherung. Aktuell ist das nicht adäquat, weil momentan
       Menschen, die selbst arm sind, die Vergleichsgruppe sind, anhand derer die
       Sätze für Kinder berechnet werden. Sie sollten sich aber an einer Kindheit
       in der gesellschaftlichen Mitte orientieren. Zudem werden keine
       kindspezifischen Bedarfe berücksichtigt. Denken Sie an Windeln oder
       Spielzeug – Kinder benötigen ja ganz andere Dinge. Deshalb plädieren wir
       dafür, dass der Kindergrundsicherung eine Neuberechnung der tatsächlichen
       und altersgerechten Bedarfe von Kindern zugrunde liegt. Ein wichtiger
       Aspekt ist, dass junge Menschen an dieser Neuberechnung beteiligt werden.
       
       Wie stellen Sie sich diese Beteiligung von Kindern und Jugendlichen vor? 
       
       Es gibt bekannte [3][Beteiligungsformate, die schon bei anderen
       Gesetzgebungsverfahren angewendet wurden]. Es ist ja nicht so, dass junge
       Menschen für die Politik nicht erreichbar wären. Beispielsweise könnte es
       Befragungen von Kindern und Jugendlichen geben.
       
       Gibt es Bedingungen, von denen sie sagen, nur dann kann die
       Kindergrundsicherung ein Erfolg sein? 
       
       Die Kindergrundsicherung wird ein Erfolg, wenn die gesamtgesellschaftliche
       Stimmung dadurch verändert wird. Dass wir ein gesellschaftliches Klima
       haben, in dem anerkannt wird: Wir haben Kinder in dieser Gesellschaft und
       wollen alle gemeinsam, dass diese Kinder gut aufwachsen. Und dass wir
       bereit sind, dafür Geld in die Hand zu nehmen. Die Ausgestaltung der
       Leistung und der niedrigschwellige Zugang sind natürlich wichtig. Aber ich
       glaube, wir brauchen hier auch dringend eine Diskursverschiebung.
       
       Das ist ein hoher Anspruch. 
       
       Wenn es jetzt nach Veröffentlichung der Eckpunkte heißt, die
       Kindergrundsicherung nehme Eltern Arbeitsanreize, dann zeigt das eine
       problematische Haltung gegenüber armutsbetroffenen Familien. Wir wissen:
       Die meisten armutsgefährdeten Eltern sparen an allem – nur nicht an ihren
       Kindern. Kinderarmut ist sicher kein Arbeitsanreiz.
       
       22 Feb 2023
       
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