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       # taz.de -- Hilfe nach Erdbeben in Türkei und Syrien: Die ersten 72 Stunden entscheiden
       
       > Nach dem Erdbeben bietet das Bundesinnenministerium umfangreiche Hilfe
       > an. Hilfsorganisationen sind besorgt über die Lage in Syrien.
       
   IMG Bild: Helfer auf vier Pfoten: Die Diensthundeführer der Hilfsorganisation ISAR sollen bei der Suche nach Erdbebenopfern helfen
       
       Berlin taz | Deutschland entsendet Einsatzkräfte des [1][Technischen
       Hilfswerks] (THW) in die Türkei. Das teilte Bundesinnenministerin Nancy
       Faeser (SPD) am Dienstag mit. Sie sei sehr dankbar, dass die „sehr
       erfahrene Rettungs- und Bergungseinheit des THW heute Nachmittag bereits im
       Katastrophengebiet eintreffen wird“, so Faeser.
       
       Das THW ist eine Zivil- und Katastrophenschutzorganisation, die dem
       Bundesinnenministerium untersteht. In Katastrophenfällen kann das THW
       weltweit tätig werden und versorgt Katastrophengebiete etwa mit
       Elektrizität und Trinkwasser. Auch ortet, rettet und birgt es Opfer – so
       auch in der [2][Türkei]. Am Dienstag brach ein Team der sogenannten
       Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland des THW vom Flughafen Köln/Bonn ins
       türkische Adana auf.
       
       „Unsere Einsatzkräfte werden dabei helfen, Menschen aus den Trümmern zu
       bergen und hoffentlich Überlebende zu retten“, erklärte Faeser. Das Team
       besteht aus 50 Einsatzkräften und führt laut dem Bundesinnenministerium 15
       Tonnen Material mit sich – Rettungsausstattung, Ortungsgeräte,
       Stromerzeuger, Medizin und Verpflegung für zehn Tage.
       
       Auf das THW wartet ein schwieriger Einsatz. Tausende Gebäude in der
       betroffenen Region sind eingestürzt. Niedrige Temperaturen und Schneefall
       erschweren die Bergung von Verschütteten zusätzlich. Auch deshalb sind
       weitere Hilfen notwendig. Laut dem Bundesinnenministerium werden derzeit
       Notstromaggregate, Zelte und Decken zusammengestellt. Außerdem habe man der
       Türkei angeboten, dass das THW Camps mit Notunterkünften und
       Wasseraufbereitungsanlagen zur Verfügung stellen könnte.
       
       Doch nicht nur das THW ist in der Türkei im Einsatz: Bereits am
       Dienstagmorgen sei ein Team der Hilfsorganisation International Search and
       Rescue Germany mit rund 40 Einsatzkräften in der türkischen Region Hatay
       eingetroffen. Auch zwei Rettungssanitäter und fünf Diensthundeführer der
       Bundespolizei, drei Ärzte sowie 15 Rettungssanitäter sind vor Ort.
       
       1 Million Euro Soforthilfe 
       
       Wie in Katastrophenfällen üblich, wurde von der Aktion Deutschland Hilft
       ein Online-Spendenkonto eingerichtet. Unter dem Dach der Aktion sind
       verschiedene Bündnisorganisationen aktiv, die bereits 1 Million Euro als
       Soforthilfe zur Verfügung gestellt haben. Damit werden Organisationen
       unterstützt, die schon vor dem Erdbeben in der Region aktiv waren. Zum
       Beispiel das Medikamenten-Hilfsnetzwerk Action Medeor und der Malteser
       Hilfsdienst.
       
       „Unsere Bündnisorganisationen vor Ort sind seit der ersten Sekunde im
       Einsatz“, sagt Jan Brockhausen von der Aktion Deutschland Hilft. Es sei
       absolute Eile geboten, da in den ersten 72 Stunden nach einem Erdbeben die
       Wahrscheinlichkeit am höchsten sei, Leben zu retten. „Wir sammeln das Geld
       ein, und die Bündnisorganisationen geben es aus.“ Nicht nur für die
       Bergung, sondern auch für Medizin, Zelte, Essen und Wasser.
       
       Erschwert wird das Helfen durch die [3][politische Lage vor Ort]. Vom
       Erdbeben betroffen sind auch kurdische Gebiete in der Türkei, die seit
       Jahren im Konflikt mit Erdoğan stehen, und Regionen im Norden Syriens, die
       von Rebellen kontrolliert werden und sich im Krieg gegen das Assad-Regime
       befinden. Die Menschenrechtsorganisation Medico International warnt davor,
       dass türkische Hilfen in kurdischen Gebieten oft nicht ankommen würden und
       auch in Syrien Hilfe immer wieder als politisches Instrument vom
       Assad-Regime missbraucht wird.
       
       Markus Bremers von Action Medeor bricht am Mittwoch in die Türkei auf. Wie
       tief er ins Katastrophengebiet vorstoßen könne, wisse er noch nicht. Das
       Medikamenten-Hilfsnetzwerk arbeitet seit Jahren mit Partnerorganisationen
       in Syrien zusammen und will zunächst Medikamente bei Großhändlern vor Ort
       organisieren und dann auch Medikamente aus Deutschland liefern. „Wir kennen
       die Region gut und sind gut vernetzt“, sagt Bremers. Aber auch ihm bereitet
       die Situation in Syrien Sorgen, es sei schwierig, Hilfen ins Land zu
       bekommen. „Das hat nicht nur mit zerstörten Straßen zu tun, sondern auch
       mit schärferen Kontrollen“, sagt er.
       
       Das THW kann aktuell nicht in Syrien helfen. Die Sicherheit seiner
       Einsatzkräfte gehe vor und die könne er in Syrien nicht gewährleisten,
       sagte THW-Präsident Gerd Friedsam am Montagabend bei „Hart aber fair“.
       Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kündigte auf einer
       Pressekonferenz am Dienstag an, die Hilfen für die Malteser, die in Syrien
       tätig sind, um 1 Million Euro aufzustocken. Weitere finanzielle Mittel
       wolle sie prüfen.
       
       7 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.thw.de/DE/THW/thw_node.html?noMobile=1
   DIR [2] /Erdbeben-in-der-Tuerkei-und-Syrien/!5914482
   DIR [3] /Erdbeben-in-der-Tuerkei-und-Syrien/!5910741
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Oskar Paul
       
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