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       # taz.de -- Erdbeben in der Türkei und Syrien: Hilfe als Politikum
       
       > Während die Türkei schnell Erdbebenhilfe kriegt, bekommen Menschen in
       > Syrien nicht viel davon mit – unter anderem wegen politischer Konflikte.
       
   IMG Bild: Auf der Suche nach Überlebenden in Jindiris, Nordsyrien
       
       Während die internationale Erdbebenhilfe [1][in der Türkei auf vollen
       Touren läuft], kämpfen die Helfer mit der Unterstützung der syrischen
       Erdbebenopfer. Das hat logistische, aber auch politische Gründe.
       
       Etwa die Hälfte der Menschen, die in Syrien betroffen sind, leben in den
       Rebellengebieten im Norden des Landes, die andere Hälfte in Gebieten, die
       vom Regime kontrolliert werden. Nirgends kommt annähernd vergleichbare
       Hilfe wie in der Türkei an.
       
       [2][Die Rebellengebiete] werden normalerweise über die Türkei versorgt,
       aber die Wege dorthin sind wegen der Schäden kaum passierbar. Derzeit wird
       die Alternative diskutiert, diese Gebiete via vom Regime Assad
       kontrolliertes Territorium zu beliefern. Und auch in Regimegebieten, etwa
       in Aleppo, ist die Not groß. In beiden Fällen fordert Baschar al-Assad,
       dass die Hilfslieferungen mit ihm koordiniert werden müssen. Und hier wird
       es politisch.
       
       Westliche Länder boykottieren das Assad-Regime wegen dessen brutalen
       Umgangs mit seiner Bevölkerung. Jetzt diskutieren sie, ob sie die Hilfe an
       Assad vorbei organisieren können. Die Länder wollen alles vermeiden, was
       nach einer Anerkennung Assads aussieht. „Es wäre ironisch und
       kontraproduktiv, mit einer Regierung zusammenzuarbeiten, die ihre eigene
       Bevölkerung zwölf Jahre lang so brutal behandelt hat“, sagt Ned Price, ein
       Sprecher des US-Außenministeriums.
       
       ## Assad will die Sanktionen fallen sehen
       
       Der syrische UN-Botschafter Bassam Sabbagh insistierte dagegen am Montag,
       dass sämtliche Erdbebenhilfen nach Syrien mit der Regierung koordiniert
       werden müssen. Doch damit nicht genug: Assad und sein Regime nutzen die
       Gunst der Stunde, um die Aufhebung der gegen sie verhängten Sanktionen zu
       fordern. Nur so könne den Erdbebenopfern geholfen werden, argumentieren
       sie. Beides sind derzeit kaum realistische Szenarien.
       
       Denn das Regime hält die kontrollierten Territorien fest im Diktaturgriff,
       hier geschieht nichts ohne Assads Zustimmung. Und auch der Versuch des
       Regimes, ein Ende der Sanktionen als einzigen Weg zu verkaufen, um
       Erdbebenhilfe zu organisieren, entspricht nicht der Realität.
       
       ## Die Zeit drängt
       
       Denn die UNO organisiert seit 2014 humanitäre Hilfe auch in den
       Regimegebieten – welches zum Großteil von westlichen Staaten finanziert
       wird. Im Übrigen wird die Hilfe immer wieder diskutiert, da auch Assad von
       diesen UN-Lieferungen profitiert. Etwa durch einen künstlichen Wechselkurs,
       der sicherstellt, dass die Hälfte des Geldes in Regimehänden landet.
       
       Fakt ist: Es wird weder eine Erdbebenhilfe ganz ohne Assad noch ein
       Aufheben der Sanktionen geben. Alles dazwischen ist jetzt
       Verhandlungssache. Das Positive dabei ist: Die Regimegebiete brauchen die
       Erdbebenhilfe genauso dringend wie die Rebellengebiete. Das erzeugt
       Verhandlungsspielraum. Nun muss ein Weg gefunden werden, wie möglichst viel
       Erdbebenhilfe mit möglichst wenig Assad verteilt werden kann. Die Zeit
       drängt.
       
       8 Feb 2023
       
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       ## AUTOREN
       
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