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       # taz.de -- Proteste gegen Israels Regierung: „Gelder aus Deutschland oder Iran“
       
       > Die Proteste in Israel würden durch ausländische Gelder unterstützt,
       > behauptet Ministerin Distel-Atbaryan. Sie ist für kontroverse Äußerungen
       > bekannt.
       
   IMG Bild: Proteste gegen die israelische Justizreform am 4. Februar in Tel Aviv
       
       Tel Aviv taz | Galit Distel-Atbaryan, die neue israelische Ministerin für
       diplomatische Beziehungen und Öffentlichkeitsarbeit – die direkte
       Übersetzung aus dem Hebräischen lautet Ministerin für Erklärungen – hat am
       Donnerstag im Armeeradio behauptet, dass hinter den Protesten gegen die
       Regierung „Gelder aus Deutschland oder Iran“ stünden. Es seien „Gelder aus
       dem Ausland aus zumeist antisemitischen Quellen“, die die Menschen auf die
       Straßen bringen würden. Diese wüssten nicht, woher „das Geld, das sie auf
       die Straße bringt“, komme.
       
       Wie sie zu diesen Schlussfolgerungen kam, hat Distel-Atbaryan nicht
       erläutert. Als Schriftstellerin und rechte Publizistin ist sie bekannt für
       ihre kontroversen Äußerungen.
       
       Seit einem Monat demonstrieren jeden Samstagabend Zehntausende Israelis
       gegen die Pläne der neuen Regierung – vor allem in Tel Aviv, aber auch in
       Haifa oder Jerusalem. Ihre Kritik richtet [1][sich primär gegen die
       Justizreform], mit der unter anderem das Oberste Gericht entmachtet werden
       soll. In den Augen regierungskritischer Israelis ist dies ein großer
       Schritt in Richtung eines illiberalen Systems.
       
       Nicht zum ersten Mal wirft Israel Deutschland oder der Europäischen Union
       vor, kritische Zivilorganisationen (NGOs) zu finanzieren. 2016 wurde das
       sogenannte NGO-Gesetz verabschiedet. Wer mehr als die Hälfte seiner
       Zuwendungen aus ausländischen Quellen bezieht, muss dies auf sämtlichen
       Publikationen kennzeichnen und es dem Staat melden.
       
       ## Menschenrechtsorganisationen als Terror erklärt
       
       In der Begründung des Gesetzes steht, man wolle „das Phänomen“ der NGOs
       angehen, „die in Israel auf undurchsichtige Weise die Interessen
       ausländischer Staaten“ verträten, während sie vorgäben, „eine inländische
       Organisation zu sein, die sich um die Interessen der israelischen
       Öffentlichkeit kümmert“.
       
       In einem weiteren Schritt hatte Ende 2021 der damalige
       Verteidigungsminister [2][Benny Gantz sechs palästinensische
       Menschenrechtsorganisationen], die maßgeblich von europäischen Geldern
       unterstützt werden, zu „Terrororganisationen“ erklärt und damit das
       Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und deutsche
       Stiftungen in Bedrängnis gebracht. Laut Gantz agierten sie als Arm der
       Volksfront zur Befreiung Palästinas, die auch in der EU auf der Terrorliste
       steht.
       
       Die neue Regierung plant, das Vorgehen gegen israelische NGOs, die sich als
       besatzungskritisch bezeichnen, zu verschärfen. In der Ende Dezember
       unterzeichneten Koalitionsvereinbarung erklären die Regierungsparteien
       innerhalb von 180 Tagen Zuwendungen von ausländischen Regierungen an
       israelische Organisationen zu besteuern. „Sollte dieses Vorhaben
       tatsächlich umgesetzt werden“, so Ori Givat von der israelischen [3][NGO
       Breaking the Silence], „hätte dies wohl das Ende vieler israelischer NGOs
       zur Folge.“
       
       10 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Judith Poppe
       
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