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       # taz.de -- Whistleblower-Schutz: Bundesrat verweigert Zustimmung
       
       > Die Ampel-Koalition will Beschäftigte, die Missstände aufdecken, vor
       > Repressalien schützen. Doch die Union blockiert das Gesetz jetzt im
       > Bundesrat.
       
   IMG Bild: Das Bundesratsgebäude in Berlin: Besserer Schutz für Hinweisgebende wird hier zunächst blockiert
       
       Köln taz | Der Bundesrat blockiert einen besseren [1][Schutz für
       Whistleblower.] Die Länderkammer verweigerte dem seit Langem geplanten
       Gesetz an diesem Freitag die Zustimmung. Nun will die Ampel-Koalition das
       Gesetz ohne die zustimmungspflichtigen Teile neu in den Bundestag
       einbringen.
       
       Das Hinweisgeberschutzgesetz, das der Bundestag bereits Mitte Dezember
       [2][beschlossen hat,] schützt Beschäftigte, die Straftaten und ähnliche
       Missstände melden, vor Entlassung oder anderen Nachteilen. Die Meldung kann
       bei einer unternehmensinternen Stelle erfolgen oder extern beim Bundesamt
       für Justiz.
       
       ## Kritik an anonymen Hinweisen
       
       „Das Gesetz belastet kleine und mittlere Betriebe übermäßig“, kritisierte
       Bayerns Justizminister Georg Eisenrauch (CSU). „Gerade in wirtschaftlich
       angespannten Zeiten sei „mehr Augenmaß“ erforderlich.
       
       Sein Justizminister-Kollege Roman Poseck (CDU) aus dem schwarz-grün
       regierten Hessen verweigerte ebenfalls die Zustimmung. Er kritisierte unter
       anderem, dass auch anonyme Meldungen möglich sind und die Firmen sogar
       einen anonymen Dialog-Kanal einrichten müssen. „Das ist zusätzlicher teurer
       Aufwand“. Außerdem gebe es bei anonymen Meldungen auch
       Missbrauchspotenzial: „Nicht jeder [3][Whistleblower] führt Gutes im
       Schilde“, sagte Poseck im Bundesrat.
       
       Bundes-Justizstaatssekretär Benjamin Strasser (FDP) verteidigte das Gesetz.
       Die Möglichkeit anonymer Meldungen reduziere die Hemmschwelle für
       Hinweisgeber. „In der Praxis gibt es das schon lange“, betonte der
       FDP-Politiker. Er appellierte an die Union, auch die Chancen des Gesetzes
       für die Wirtschaft zu sehen. „Wenn ein Missstand frühzeitig bekannt wird,
       kann er abgestellt werden, bevor es zu teurer Haftung und großen
       Reputationsschäden kommt“.
       
       Doch am Ende verweigerten die von CDU und CSU mitregierten Länder
       geschlossen die Zustimmung. Deshalb kam das Gesetz zunächst nicht zustande.
       
       ## Gesetzentwurf inhaltsgleich neu einbringen
       
       Die Bundesregierung könnte nun den Vermittlungsausschuss anrufen, müsste
       sich dort dann aber mit den CDU/CSU-regierten Ländern einigen und
       vermutlich erhebliche Abstriche machen.
       
       Deshalb zeichnet sich nun ein anderer Weg ab, den der grüne Rechtspolitiker
       Till Steffen beschreibt: „In der Ampel haben wir besprochen, dass wir den
       Gesetzentwurf inhaltsgleich in einer nicht zustimmungspflichtigen Form
       erneut in den Bundestag einbringen werden, und zwar so schnell wie
       möglich.“ Der SPD-Rechtspolitiker Sebastian Fiedler bestätigt die
       Absprache.
       
       In der Praxis geht es vermutlich nur um einen einzigen Passus, der in ein
       separates zustimmungspflichtiges Gesetz ausgelagert werden müsste. Darin
       wird für Landesbeamte, die einen Missstand melden, die
       Verschwiegenheitspflicht aufgehoben. Alle anderen Regelungen könnte der
       Bundestag unverändert erneut beschließen und bräuchte dann nicht mehr die
       Zustimmung des Bundesrates. Man fragt sich, warum der federführende
       Justizminister Marco Buschmann (FDP) diesen Weg [4][nicht gleich gegangen]
       ist.
       
       Denn Deutschland steht unter Zeitdruck. Die EU-Whistleblower-Richtlinie
       hätte schon bis Dezember 2021 umgesetzt sein sollen. Nun werden weitere
       Wochen und Monate verstreichen. Dass die Ampelkoalition über die
       EU-Vorgaben hinausgehen will, hilft wenig, solange das Gesetz nicht
       zustande kommt.
       
       10 Feb 2023
       
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