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       # taz.de -- Wiederholungswahl in Berlin: Die polarisierte Stadt
       
       > Die Hauptstadt ist gespalten: Teile der Berliner:innen wollen eine
       > konservative Wende. In der Mehrheit aber wählten sie links-grün.
       
   IMG Bild: Wer zieht ein ins Rote Rathaus?
       
       Viel wurde im Vorfeld dieser [1][Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus]
       spekuliert über eine „konservative Trendwende“ im Roten Rathaus. Nun ist
       die CDU tatsächlich mit deutlichem Abstand als stärkste Kraft aus dieser
       [2][Wiederholungswahl] hervorgegangen: Die Konservativen um ihren
       Spitzenkandidaten Kai Wegner liegen vorläufigen Hochrechnungen zufolge
       deutlich vor SPD und Grünen. Berlin, die Stadt, die in weiten Teilen der
       Republik wahlweise als failed state oder als „links-grün versifft“
       wahrgenommen wird, hat rechtskonservativ gewählt. Wie kann das sein?
       
       Gut möglich, dass die CDU um Wegner davon profitiert hat, dass der noch
       amtierende rot-grün-rote Senat – der die erwähnte links-grüne Verfasstheit
       dieser Stadt eigentlich viel besser repräsentiert – seine Erfolge im
       knappen Jahr seiner Amtszeit nicht richtig vermitteln konnte. Berlin hatte
       ein bundesweit überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum, trotz
       Energiekrise. Die Aufnahme der ukrainischen Geflüchteten lief nicht ganz
       reibungslos, aber sie lief. Berlin schafft das, vermittelten die Regierende
       Franziska Giffey (SPD) und Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke).
       
       Und doch: Solche Erfolge spielten im Wahlkampf keine Rolle. Es brauchte nur
       die [3][Silvesterkrawalle] und einen Talkshow-Auftritt von Friedrich Merz
       („kleine Paschas“), um der Republik sofort wieder die nächste
       Failed-State-Berlin-Debatte zu bescheren. Die Berliner CDU scheint davon
       profitiert zu haben – trotz einer unsäglich rassistischen Vornamenabfrage
       der mutmaßlichen Silvestertäter.
       
       Das Wahlergebnis kann auch durchaus interpretiert werden als Ausdruck einer
       Polarisierung in der Stadt: Dort diejenigen, die sich angesprochen fühlen
       von den rechten Tönen der CDU. Und dabei vielleicht auch gleich der
       offensiven Radfahrpolitik der Grünen eins mitgeben wollen, nach dem Motto:
       Autofreie Friedrichstraße? Also, jetzt reicht’s aber!
       
       Dennoch wird die viel beschworene „konservative Trendwende“ voraussichtlich
       nicht kommen. Kai Wegner dürfte ein einsamer Wahlgewinner bleiben, die
       tragische Figur dieses Wahlabends. Die Fortsetzung einer Koalition aus
       Grünen, SPD und Linken hätte ersten Hochrechnungen zufolge eine Mehrheit.
       Giffey wird die Chance ergreifen und selbst Regierungschefin bleiben –,
       sollte ihre SPD vor den Grünen bleiben. Dem linken SPD-Landesverband sind
       die Grünen und Linken sowieso näher als die CDU.
       
       Klar ist auch: Wenn die Koalition nun gegen diese deutliche Wechselstimmung
       in der Stadt weitermacht, wird sie unter besonderer Beobachtung stehen. Die
       CDU steht bereit.
       
       12 Feb 2023
       
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   DIR Anna Klöpper
       
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