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       # taz.de -- Neue Reptilienarten in Süddeutschland: Gentrifizierung auf schildkrötisch
       
       > In Baden-Württemberg haben sich nordamerikanische Schildkröten
       > angesiedelt. Putzig? Wohl eher problematisch: Sie bedrohen eine heimische
       > Art.
       
   IMG Bild: Eine Gelbwangen-Schmuckschildkröte sonnt sich in einem Teich in Deutschland
       
       [1][Waschbären, die Mülltonnen durchwühlen,] fischfressende Ochsenfrösche
       und asiatische Marienkäfer mit 19 statt 6 Punkten – [2][sogenannte Neozoen]
       sind Tiere, die eigentlich in anderen Teilen der Erde heimisch sind, sich
       aber in Deutschland angesiedelt haben. Sie gelangen an Bord von Schiffen
       oder Flugzeugen nach Deutschland. Oder sie werden von Tiersammler:innen
       eingeführt und widerrechtlich in Wäldern oder Parks ausgesetzt.
       
       Zum Beispiel im Seepark Freiburg. Dort werden seit Jahren drei
       Schildkrötenarten gesichtet, die eigentlich in Nordamerika beheimatet sind:
       die gewöhnliche Schmuckschildkröte, die Falsche
       Landkarten-Höckerschildkröte und die Nordamerikanische
       Buchstaben-Schmuckschildkröte. Ein Forscher:innenteam von den
       Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden und der
       Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat jetzt untersucht, ob sich die Arten
       mittlerweile erfolgreich angesiedelt haben, also ob sie sich selbständig
       und regelmäßig fortpflanzen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie [3][in
       der Fachzeitschrift „Neobiota“].
       
       ## Die Studie
       
       Um die Verbreitung der Arten zu erfassen, braucht es Wissen über die
       Genetik der Tiere. Deshalb besuchten die Forscher:innen zwischen Mai und
       August 2020 die Schildkröten an zwei Gewässern: dem Flückigersee in
       Freiburg und dem Altrhein in Kehl. Beide Orte liegen in Baden-Württemberg,
       dem wärmsten Bundesland Deutschlands, das die besten Bedingungen für das
       Überleben der Schildkröten bietet. Vor Ort fingen sie die Schildkröten mit
       Netzen und Lebendfallen und nahmen ihnen anschließend Blut ab. Die
       genetischen Untersuchungen zeigten: Die invasiven Schildkrötenarten haben
       sich tatsächlich erfolgreich angesiedelt. Das sei der erste Nachweis
       erfolgreicher Fortpflanzung nicht-heimischer Schildkrötenarten in
       Deutschland, schreiben die Forscher:innen. Und auch der nördlichste bisher
       bekannte Ort, an dem die Arten vertreten sind.
       
       ## Was bringt's?
       
       Wenn sich neue Tierarten niederlassen, wirkt sich das oft auf das gesamte
       Ökosystem aus. Waschbären haben zum Beispiel in Deutschland kaum
       Fressfeinde, stellen aber selbst eine Bedrohung für zahllose Insekten,
       Reptilien und Amphibien dar. Die Nordamerikanischen Schildkröten bedrohen
       nun vor allem eine andere Tierart: die [4][vom Aussterben bedrohte
       Europäische Sumpfschildkröte]. Frühere Forschung hat gezeigt, dass die
       Nordamerikanische Buchstaben-Schmuckschildkröte talentierter bei der Suche
       nach Nahrung und Sonnenplätzen ist. In Laborversuchen, in denen
       nordamerikanische und europäische Arten zusammen gehalten wurden, verloren
       Vertreter der Europäischen Sumpfschildkröte Gewicht und starben schneller.
       Mit dem Wissen, dass sich die neuen Arten erfolgreich angesiedelt haben,
       können Wissenschaftler:innen nun Strategien entwickeln, um heimische
       Arten vor dem Aussterben zu retten.
       
       25 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Waschbaeren-Plage/!5874823
   DIR [2] /Kaputtes-Klima-mehr-Artenvielfalt/!5835046
   DIR [3] https://neobiota.pensoft.net/article/87264/element/8/151340//
   DIR [4] /Schildkroeten-Rettungsstation-bei-Berlin/!5603424
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alexandra Hilpert
       
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