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       # taz.de -- Waffenlieferungen an die Ukraine: Das Privileg der USA
       
       > Ein Großteil der Hilfen für die Ukraine kommt aus den Vereinigten
       > Staaten. Dass die sich das leisten können, hat vor allem mit der eigenen
       > Währung zutun.
       
   IMG Bild: Die US-Amerikaner werden durch den Dollar reicher, weil sie auf Kosten der übrigen Welt konsumieren
       
       Vor einem Jahr hat Putin die Ukraine angegriffen, und so viel ist sicher:
       Russland hätte gesiegt, wenn nicht [1][die USA eingestiegen und die Ukraine
       unterstützt hätten]. Europa allein wäre zu schwach gewesen.
       
       Die [2][Zahlen sind da überdeutlich]: Die USA haben die Ukraine bisher mit
       knapp 73 Milliarden Euro unterstützt – das ist [3][etwa die Hälfte aller
       internationaler Hilfszusagen], EU inklusive. Auf den ersten Blick wirkt es
       selbstverständlich, dass sich die USA engagieren. Schließlich sind sie eine
       „Supermacht“, Europa ist es nicht.
       
       Aber das führt gleich zur nächsten Frage: Wieso ist Europa eigentlich keine
       militärische Supermacht? In der EU wohnen 447 Millionen Menschen, die
       gemeinsam stattliche 15 Billionen Euro an Wirtschaftsleistung erzeugen.
       Trotzdem haben die Europäer Mühe, ihre Verteidigungshaushalte zu
       finanzieren, während die USA etwa 3,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in
       das Militär stecken. Das ist weit mehr als [4][das offizielle Nato-Ziel von
       2 Prozent], das die EU-Staaten seit Jahrzehnten konsequent verfehlen.
       
       Die USA können sich ihren gigantischen Militärapparat leisten, weil ihr
       Dollar die weltweite Leitwährung ist. Die USA genießen ein „exorbitantes
       Privileg“, wie sich schon 1960 der spätere französische Präsident Giscard
       d’Estaing beschwerte: Jeder will den Dollar – aber nur die USA können ihn
       drucken. Die US-Amerikaner werden dadurch automatisch reicher, weil sie auf
       Kosten der restlichen Welt konsumieren können.
       
       Der Drang zum Dollar hat mehrere Gesichter. In vielen Ländern Südamerikas
       und Afrikas dient er als faktische Zweitwährung, weil sich die Bürger gegen
       die heimische Inflation absichern wollen. Wie die US-Notenbank Fed schätzt,
       sind etwa 1 Billion Dollar außer Landes unterwegs, um vor Ort als
       Zahlungsmittel zu dienen: Mehr als zwei Drittel aller 100-Dollar-Scheine
       zirkulieren nicht in den USA.
       
       ## Alle Länder wollen US-Dollar haben
       
       Zudem dient der Dollar [5][als globale Recheneinheit]. Weltweit stellen
       Exporteure ihre Rechnungen in Dollar aus, auch wenn sie ihre Waren nicht in
       die USA verkaufen, sondern in ein anderes Land. Die USA sind nur an 10
       Prozent der Handelskontrakte beteiligt – aber 40 Prozent des globalen
       Warenverkehrs läuft über Dollar.
       
       Nur wer Dollar hat, fühlt sich sicher: Viele Zentralbanken decken sich mit
       US-Staatsanleihen ein, damit sie ihre Währung verteidigen können, falls die
       internationalen Finanzanleger Panik schieben. Selbst eher arme
       Schwellenländer wie Thailand versuchen, einen Exportüberschuss zu erzielen,
       damit sie Dollar horten können.
       
       Die Konsequenzen sind höchst angenehm für die USA: Sie können weit über
       ihre Verhältnisse leben. Denn die anderen Länder können die ersehnten
       Dollar nur erwerben, indem sie Waren an die USA verkaufen, aber umgekehrt
       nichts von dort importieren.
       
       Die USA machen also ständig Schulden beim Rest der Welt – und zwar in einem
       gigantischen Ausmaß. Das Defizit im Außenhandel lag 2022 bei fast 1 Billion
       Dollar, was 3,7 Prozent der Wirtschaftsleistung entsprach. Das war mehr,
       als die USA für ihr Militär ausgeben.
       
       Faktisch bekommen die USA ihr Militär also gratis: Sie können sich ihre
       Soldaten und Waffen leisten, weil sie dafür gar nicht auf Konsum verzichten
       müssen, sondern frei Haus von der restlichen Welt mit Waren beliefert
       werden. Die Leitwährung Dollar [6][macht die USA zu einer militärischen
       Supermacht] – davon profitiert jetzt die Ukraine. Oder anders: Nicht nur
       die USA helfen der Ukraine, indirekt ist es die ganze Welt.
       
       23 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Biden-bei-Selenski-in-Kyjiw/!5917021
   DIR [2] https://www.ifw-kiel.de/de/themendossiers/krieg-gegen-die-ukraine/ukraine-support-tracker/
   DIR [3] /Militaerbudget-weltweit-steigt-deutlich/!5908630
   DIR [4] /Nato-Verteidigungsminister-in-Bruessel/!5912771
   DIR [5] /Kommentar-Euro-als-Leitwaehrung/!5534522
   DIR [6] /Finanzielle-Folgen-des-Ukraine-Kriegs/!5835637
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrike Herrmann
       
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       aufgeben.