# taz.de -- Neue LNG-Terminals vor Rügen: Europas „größtes fossiles Projekt“
> Vor der Ostseeinsel Rügen sollen riesige LNG-Terminals entstehen.
> Umweltverbände sorgen sich um das Klima, die Natur und den Tourismus vor
> Ort.
IMG Bild: Wenn sich der Nebel in Sellin verzieht, reicht der Blick bald auf einen riesigen LNG-Terminal
Berlin taz | Auf Rügen werden schon erste Vergleiche mit dem Fährhafen
Mukran und der NS-Ferienanlage Prora laut – riesige Bauwerke, die bis heute
die Ostseeinsel prägen. Noch gibt es keine konkreten Planungen für die
Flüssiggasterminals vor der Küste Rügens.
Aber Landesregierung und Umweltverbände schlagen bereits Alarm wegen des
Projekts, das nach dem Wegfall der Lieferungen aus Russland für
Energiesicherheit sorgen soll: Vor der Südküste Rügens solle „das größte
fossile Projekt Europas entstehen“, warnte die Deutsche Umwelthilfe (DUH).
Die neuen LNG-Terminals seien völlig überdimensioniert und schädlich für
Umwelt und Tourismus. Von einem „erheblichen Eingriff“ sprach auch
Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD).
Aktuell plant der Energiekonzern RWE eine 38 Kilometer lange Pipeline durch
den Greifswalder Bodden vom Ostseehafen Lubmin zu einem neuen
Offshore-Terminal etwa 4,5 bis 6,5 Kilometer vor dem Badeort Sellin im
Südosten Rügens. Hier sollen zwei Plattformen gebaut werden, an denen
[1][mehrere schwimmende Flüssigerdgas-Terminals (FSRU)] festmachen können.
Dort soll das tiefgekühlte flüssige Erdgas aus den LNG-Tankern in
gasförmige Energie umgewandelt werden.
Das erste Gas könnte bereits im Herbst 2023 hier landen. Nach Abschluss
einer zweiten Ausbaustufe bis Herbst 2024 soll es eine Kapazität zum Import
von jährlich bis zu 38 Milliarden Kubikmeter Gas haben. Zum Vergleich:
Deutschland hat im vergangenen Jahr etwa 90 Milliarden Kubikmeter
verbraucht.
## Minister Meyer will andere Standorte prüfen lassen
„Die geplanten Kapazitäten sind auch gemessen an den Projekten in
Wilhelmshaven oder Brunsbüttel gigantisch“, sagte DUH-Geschäftsführer
Sascha Müller-Kraenner. Die zwei im Dezember und Januar in Betrieb
genommenen Terminals haben eine Kapazität von jeweils etwa 5 bis 7,5
Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr. [2][Im Elbehafen Brunsbüttel] legte
am Dienstag der erste Tanker mit tiefgekühltem flüssigen Erdgas an.
Die Verbrennung des vor Rügen angelandeten Gases setze rund 80 Millionen
Tonnen CO2 frei, rechnete die DUH vor – das entspricht fast einem Zehntel
der Jahresemissionen Deutschlands.
RWE will Mitte Mai mit dem Bau beginnen. Bis dahin müsse der Bund noch das
sogenannte LNG-Beschleunigungsgesetz ändern, sagte Landesminister Meyer.
Die Möglichkeit, schnell Offshore-Plattformen zu bauen, sei dort noch nicht
vorgesehen. Die Auswirkungen auf Tourismus und Naturschutz müssten dringend
untersucht werden, betonte Meyer. Er habe den Bund gebeten, alternative
Standorte zu prüfen.
Insgesamt sind an Nord- und Ostsee derzeit 10 LNG-Terminals fertiggestellt
oder geplant, die insgesamt viel mehr Gas liefern können als benötigt wird.
Die Bundesregierung rechtfertigt [3][die Überkapazitäten] damit, dass über
Deutschland auch andere Länder sicher mit Gas versorgt werden sollten.
15 Feb 2023
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Kai Schöneberg
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